aus scinexx
Was ist dran an der Männergrippe?
Virale Infekte scheinen das männliche Geschlecht tatsächlich stärker zu treffen
Husten, Schnupfen, Heiserkeit: Für Frauen sind diese Symptome noch
längst kein Grund, sich krank zu melden. Sie gehen mit einer normalen
Erkältung brav zur Arbeit, schmeißen den Haushalt und kümmern sich um
die Kinder. Für Männer hingegen wäre das in einer solchen Situation
undenkbar. Sie liegen dann wie ein Häufchen Elend auf dem Sofa,
bemitleiden sich und sehen vor ihrem inneren Auge schon die eigene
Beerdigung ablaufen.
Kein Wunder: Schließlich sind Männer nicht einfach erkältet. Männer haben die "Männergrippe", eine zumindest gefühlt weitaus schlimmere Variante solcher Infekte. Der schwere Verlauf hängt dabei vor allem mit der ausgeprägten Wehleidigkeit des männlichen Geschlechts zusammen. "Mann" übertreibt und leidet eben gerne - so die gängige, hauptsächlich von Frauen beeinflusste Lehrmeinung.
Der Mythos vom Warmduscher
Doch stimmt das auch? Oder wird der Männerwelt damit Unrecht getan? Schließlich gibt es inzwischen Hinweise darauf, dass einige Infekte Männer tatsächlich schwerer treffen als Frauen. Ob das auch für grippale Infekte und die Grippe gilt, hat nun Kyle Sue von der Memorial University of Newfoundland im kanadischen St John's untersucht.
Der Mediziner war es nach eigenen Angaben leid, ständig der Übertreibung bezichtigt zu werden - und durchforstete deshalb die wissenschaftliche Literatur auf der Suche nach Belegen für geschlechtsspezifische Unterschiede in Sachen Erkältung und Co. Die Recherche ergab: Das Phänomen scheint sich nicht nur durch die Tatsache erklären zu lassen, dass Männer Warmduscher sind. Ihr Körper leidet womöglich wirklich stärker unter den viralen Attacken.
Anfälliger für Komplikationen
So zeigen epidemiologische Studien beispielsweise, dass Männer mit einer Grippeerkrankung häufiger ins Krankenhaus eingeliefert werden und auch öfter daran sterben als Frauen im gleichen Alter. Bei anderen akuten viralen Infekten der Atemwege ist das männliche Geschlecht offenbar ebenfalls anfälliger für Komplikationen und einen tödlichen Verlauf, wie Sue berichtet.
Eine mögliche Erklärung dafür: Einigen Untersuchungen zufolge scheinen Männer ein weniger robustes Immunsystem zu haben. Als Folge kommt ihr Körper mit einem Infekt schlechter zurecht. "Männer übertreiben in Bezug auf ihre Symptome womöglich gar nicht. Stattdessen könnte ihr schwächeres Immunsystem zu schwereren Krankheitsverläufen und sogar einer höheren Sterblichkeit führen als bei Frauen", schreibt der Forscher.
Evolutionsbedingtes Verhalten?
Was zunächst unvorteilhaft klingt, könnte aus evolutionärer Sicht Sinn haben. Weniger in das Immunsystem zu investieren, erlaube Männern mehr Energie in andere wichtige biologische Prozesse zu stecken - zum Beispiel Wachstum oder Fortpflanzung, glaubt Sue.
Zudem könnte es für unsere Vorfahren ein lebenswichtiger Vorteil gewesen sein, bei einem Infekt gar nicht erst in Versuchung zu kommen, noch am normalen Alltagsleben teilzunehmen und etwa auf die Jagd zu gehen: "Auf dem Sofa zu liegen oder im Bett zu bleiben könnte ein evolutionsbedingtes Verhalten sein, das uns früher davor schützte, zu einem leichten Opfer für Räuber zu werden", konstatiert der Mediziner.
Rauf aufs Sofa, Männer!
Zwar sei noch weitere Forschung nötig, um das Phänomen der Männergrippe genauer zu verstehen - und zum Beispiel zu klären, ob bestimmte Umweltaspekte den männlichen Genesungsprozess beeinflussen können. Klar sei jedoch: Männer haben es mitunter wirklich schwerer.
"Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, männerfreundliche Räume mit großen Fernsehern und Liegesesseln zu schaffen - Räume, in denen sich Männer in Ruhe und in Sicherheit von ihrem schweren Leiden erholen können", schließt Sue. (BMJ, 2017; doi: 10.1136/bmj.j5560)
Nota. - Das Männer ein insgesamt schwächeres Immunsystem haben als Frauen, ist sehr wahrscheinlich - aber erwiesen ist es nicht: weil nämlich eine konsistente Erklärung fehlt, siehe oben. Einige Plausibilität hat jedoch die Theorie, dass werdende Mütter, denen ein fremder Organismus im Leib heranwächst, ihr Immunsystem vorüberhegehend herabstimmen, um Abstoßungsreaktionen zu vermindern (weshalb Kindbettfieber so verbreitet ist); und dies insbesondere bei einem fremden Organismus, der das extrafremde Y-Chromosom in sich trägt. Bei den Müttern erhole sich das Immunsystem nach und nach wieder; nicht aber bei den neugeborenen männlichen Individuen, deren Immunsystem ja seinerseits herabgesstimmt war, aber von Anfang an; und keinen Status quo ante kennt, zu dem es zurückkehren könnte.
JE
Virale Infekte scheinen das männliche Geschlecht tatsächlich stärker zu treffen
Kein Wunder: Schließlich sind Männer nicht einfach erkältet. Männer haben die "Männergrippe", eine zumindest gefühlt weitaus schlimmere Variante solcher Infekte. Der schwere Verlauf hängt dabei vor allem mit der ausgeprägten Wehleidigkeit des männlichen Geschlechts zusammen. "Mann" übertreibt und leidet eben gerne - so die gängige, hauptsächlich von Frauen beeinflusste Lehrmeinung.
Der Mythos vom Warmduscher
Doch stimmt das auch? Oder wird der Männerwelt damit Unrecht getan? Schließlich gibt es inzwischen Hinweise darauf, dass einige Infekte Männer tatsächlich schwerer treffen als Frauen. Ob das auch für grippale Infekte und die Grippe gilt, hat nun Kyle Sue von der Memorial University of Newfoundland im kanadischen St John's untersucht.
Der Mediziner war es nach eigenen Angaben leid, ständig der Übertreibung bezichtigt zu werden - und durchforstete deshalb die wissenschaftliche Literatur auf der Suche nach Belegen für geschlechtsspezifische Unterschiede in Sachen Erkältung und Co. Die Recherche ergab: Das Phänomen scheint sich nicht nur durch die Tatsache erklären zu lassen, dass Männer Warmduscher sind. Ihr Körper leidet womöglich wirklich stärker unter den viralen Attacken.
Anfälliger für Komplikationen
So zeigen epidemiologische Studien beispielsweise, dass Männer mit einer Grippeerkrankung häufiger ins Krankenhaus eingeliefert werden und auch öfter daran sterben als Frauen im gleichen Alter. Bei anderen akuten viralen Infekten der Atemwege ist das männliche Geschlecht offenbar ebenfalls anfälliger für Komplikationen und einen tödlichen Verlauf, wie Sue berichtet.
Eine mögliche Erklärung dafür: Einigen Untersuchungen zufolge scheinen Männer ein weniger robustes Immunsystem zu haben. Als Folge kommt ihr Körper mit einem Infekt schlechter zurecht. "Männer übertreiben in Bezug auf ihre Symptome womöglich gar nicht. Stattdessen könnte ihr schwächeres Immunsystem zu schwereren Krankheitsverläufen und sogar einer höheren Sterblichkeit führen als bei Frauen", schreibt der Forscher.
Evolutionsbedingtes Verhalten?
Was zunächst unvorteilhaft klingt, könnte aus evolutionärer Sicht Sinn haben. Weniger in das Immunsystem zu investieren, erlaube Männern mehr Energie in andere wichtige biologische Prozesse zu stecken - zum Beispiel Wachstum oder Fortpflanzung, glaubt Sue.
Zudem könnte es für unsere Vorfahren ein lebenswichtiger Vorteil gewesen sein, bei einem Infekt gar nicht erst in Versuchung zu kommen, noch am normalen Alltagsleben teilzunehmen und etwa auf die Jagd zu gehen: "Auf dem Sofa zu liegen oder im Bett zu bleiben könnte ein evolutionsbedingtes Verhalten sein, das uns früher davor schützte, zu einem leichten Opfer für Räuber zu werden", konstatiert der Mediziner.
Rauf aufs Sofa, Männer!
Zwar sei noch weitere Forschung nötig, um das Phänomen der Männergrippe genauer zu verstehen - und zum Beispiel zu klären, ob bestimmte Umweltaspekte den männlichen Genesungsprozess beeinflussen können. Klar sei jedoch: Männer haben es mitunter wirklich schwerer.
"Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, männerfreundliche Räume mit großen Fernsehern und Liegesesseln zu schaffen - Räume, in denen sich Männer in Ruhe und in Sicherheit von ihrem schweren Leiden erholen können", schließt Sue. (BMJ, 2017; doi: 10.1136/bmj.j5560)
(The BMJ Christmas editions, 12.12.2017 - DAL)
Nota. - Das Männer ein insgesamt schwächeres Immunsystem haben als Frauen, ist sehr wahrscheinlich - aber erwiesen ist es nicht: weil nämlich eine konsistente Erklärung fehlt, siehe oben. Einige Plausibilität hat jedoch die Theorie, dass werdende Mütter, denen ein fremder Organismus im Leib heranwächst, ihr Immunsystem vorüberhegehend herabstimmen, um Abstoßungsreaktionen zu vermindern (weshalb Kindbettfieber so verbreitet ist); und dies insbesondere bei einem fremden Organismus, der das extrafremde Y-Chromosom in sich trägt. Bei den Müttern erhole sich das Immunsystem nach und nach wieder; nicht aber bei den neugeborenen männlichen Individuen, deren Immunsystem ja seinerseits herabgesstimmt war, aber von Anfang an; und keinen Status quo ante kennt, zu dem es zurückkehren könnte.
JE
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