Donnerstag, 21. Juni 2018

Das traditionelle Familienmodell macht glücklicher.

 aus welt.de, 20.06.2018

Das traditionelle Familienmodell macht glücklicher 
Nichts macht Männer so unglücklich wie Teilzeitarbeit wegen der Familie, so eine Studie der Universität Marburg. Am zufriedensten sind Väter in der Rolle des Familienernährers. Die Studie zeigt den Königsweg für glückliche Eltern.

Teilzeit, Gleitzeit, Elternzeit, Familienarbeitszeit – Modelle, mit denen Arbeitnehmer ihren Beruf an die Familie anpassen können, gibt es zuhauf. Aber machen sie berufstätige Eltern wirklich glücklicher?

Eine Studie der Universität Marburg, die der „Zeit“ vorliegt, wagt dies nun zu bezeifeln. Demnach ist besonders eine Gruppe von Vätern zufrieden – und zwar diejenigen Männer, die überdurchschnittlich (50 Stunden pro Woche) viel arbeiten und damit auch über ein klares Rollenbild verfügen.

„Die traditionelle Rolle für Männer ist die des Familienernährers und Vollzeitarbeiters. Männer scheinen sich in dieser Rolle am wohlsten zu fühlen“, so Martin Schröder, Autor der Studie, im Interview mit der Hamburger Wochenzeitung.
Das wiederum habe auch Konsequenzen für die Beziehung des Paares. „Auch bei Müttern steigt die Lebenszufriedenheit mit der Arbeitszeit des Partners“, so Schröder weiter. Erst wenn der Mann mehr als 50 Stunden aus dem Haus sei, würden Frauen mit Kindern merklich unzufriedener. Ebenfalls interessant: Auch die Arbeitszeit, die die Mütter selbst absolvieren (Teil- oder Vollzeit), hat demnach kaum einen Einfluss auf deren Wohlbefindungen.

Nur Arbeitslosigkeit ist noch schlimmer als Teilzeit

Für seine Studie nutzte der Soziologieprofessor die Daten des Sozioökonomischen Panels aus den Jahren 1984 bis 2015. Insgesamt wurden dort 57.627 Personen zwischen 18 und 65 Jahren wiederholt befragt, wie zufrieden sie auf einer Skala von null bis zehn Punkten mit ihrem Leben sind. Je höher die Punktzahl, desto zufriedener waren die Befragten.

Auch die Unzufriedenheit ließ sich so messen. „Für Väter gibt es kaum etwas, das einen so negativen Einfluss auf die Zufriedenheit hat, wie weniger zu arbeiten“, sagt Martin Schröder. So büße ein Vater, der 20 statt 50 Stunden arbeite, fast 0,4 Lebenszufriedenheitspunkte ein.

Zum Vergleich: Arbeitslosigkeit oder der Verlust des Partners kosten im Schnitt 0,9 Punkte. Seine Ergebnisse, so Schröder, seien unabhängig von sonstigen Einflussfaktoren, etwa Beruf oder Gesundheit. Als Königsweg für glückliche Eltern empfiehlt er deshalb folgendes Modell: „Statistisch gesehen sollte demnach der Vater etwa 80 Prozent der gesamten Arbeitszeit beisteuern und die Mutter ungefähr 20 Prozent“, so Schröder.

Der Mann Vollzeit als Ernährer, die Frau vor allem als Hausfrau und Mutter mit einem Hinzuverdienst – ausgerechnet dieses traditionelle, fast schon als überkommen geltende Familienmodell scheint also aus wissenschaftlicher Sicht das Glück der Familie zu mehren.

Eine Wertung will Schröder mit den Ergebnissen übrigens nicht verbunden sehen, auch wenn der „Zeit“-Reporter eine entsprechende Frage nachschiebt: „Es wirft kein gutes Licht auf deutsche Väter, wenn sie die Arbeit als beglückender empfinden als das eigene Kind?“. Schröders Antwort: „Das ist nicht schön. (...) Aber wir können uns leider keine anderen Väter herbeizaubern. Empirische Forschung zeigt uns die Welt, wie sie ist, nicht, wie wir sie gerne hätten.“

Weiter Arbeit am Rollenbild gefordert

Nach einer Erklärung für diese Ergebnisse befragt, vermutet der Soziologe, dass tradierte Rollenbilder und Klischees unser Verhalten stärker steuern, als es vielen bewusst sei. Es sei denn auch nicht die Zahl der gearbeiteten Stunden an sich, die die Väter glücklicher mache, sondern die damit verbundene, klare Rollenzuweisung. „Vielleicht ist es einfacher, so zu leben wie alle. Dann muss man sich nicht gegenüber Bekannten, Freunden, Eltern erklären. Sich gegen stereotype Rollenbilder zu stemmen kostet viele Menschen möglicherweise Lebenszufriedenheit“, so Schröder im Gespräch mit der „Zeit“.

Seine Empfehlung an die Politik lautet deshalb, weiterhin auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu setzen, wie etwa durch die Schaffung des ElterngeldPlus, das beiden Elternteilen die Berufstätigkeit in Teilzeit ermöglicht. Aufgabe sei es, „Menschen Wahlmöglichkeiten zu eröffnen, auch die Chance, länger zu Hause zu bleiben. Dann würden sich vielleicht auch die traditionellen Rollenbilder ändern – und damit das Empfinden dessen, was uns glücklich macht.“

 
Nota. - Es kommt nicht darauf an, wieviel Zeit mann mit den Kindern verbringt, sondern darauf, wie man sie verbringt. Und das hat damit zu tun, wer mann ist, und ein bisschen auch damit, wie mann sich dabei fühlt.
JE




Donnerstag, 14. Juni 2018

"Lasst die Jungs doch einfach Jungs sein."

Charlize Theron mit Sohn
aus Süddeutsche.de, 14. Juni 2018

Lasst die Jungs doch einfach Jungs sein
Männliches Verhalten wird schon im Kindergarten kriminalisiert, findet Charlotte Roche. Mädchen haben es dadurch grundsätzlich leichter. Ein Plädoyer für mehr Geschlechter-Gerechtigkeit.

von Charlottte Roche

So wie es eine Quote geben müsste für DAX-Unternehmen und ihren Frauenanteil in Führungspositionen, weil es ja anders nicht zu klappen scheint - fiftyfifty bitte - sollte es auch eine Quote geben für männliche Mitarbeiter in Kitas, Kindergärten, Grundschulen und so weiter. Etwas weniger als die Hälfte aller Kinder sind ja Jungs. Also müssten logisch gedacht auch etwas weniger als die Hälfte aller Erzieher Männer sein.

Wie sollen sich die Jungs vernünftig entwickeln, wenn sie nur von Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen erzogen oder unterrichtet werden? Ich halte das für ein riesiges Problem, wie normales Jungsverhalten kriminalisiert wird von vielen weiblichen Erzieherinnen. Sie finden Jungs oft zu laut, zu aggressiv, zu alles. Was ist, wenn man das männliche Verhalten bei den Kindern nicht so problematisiert würde? Es einfach so nehmen würde, wie es ist? Vielleicht ist es ja gar nicht die Vorstufe zu Gewalt und Vergewaltigung.

Ich finde wirklich, dass es Mädchen grundsätzlich leichter haben als Jungs. Mädchen werden unterstützt, so zu sein, wie sie wollen, wenn sie rumlaufen und sich benehmen wollen wie ein Junge, super. Aber, wehe, ein Junge will rumlaufen und sich benehmen wie ein Mädchen.

Es ist absolut respektiert, wenn ein Mädchen ein Junge sein will: Wenn jemand aus dem schwachen Geschlecht stark sein will, ist für viele verständlich, aber wenn jemand vom vermeintlich starken Geschlecht schwach sein will: peinlich! Das muss sich ändern.

Auch in der Sprache muss man da sehr aufpassen. Ich auch. Wenn jemand eine zu leichte Challenge ausdenkt in einem Spiel oder eine Sportübung einfach ist, sage ich: »Pussyübung«. Das würde ja im Umkehrschluss heißen: dass alles, was schwer und respektiert ist: eine Penisübung wäre. »Du bist eine Pussy« heißt: du bist schwach. Dann würde »du bist ein Penis« heißen: du bist stark. Sagt nur niemand. Es heißt entweder: pussy oder stark. Und das fuckt mich vielleicht ab! Ich muss da auch jetzt mal besser drauf achten, wie ich mich ausdrücke.

Hallo, an alle Sprach-Gender-Kritiker. Was ist daran so schlimm, ein bisschen seine Sprache und damit auch sein Denken zu ändern, dafür, dass andere sich nicht ausgeschlossen, verletzt oder sogar erniedrigt fühlen? Wie arrogant ist das eigent- lich, auf seine alte menschenverletzende Sprache zu bestehen, anstatt einfach einzusehen, dass man mit kleinsten Änderungen tatsächlich niemand mehr vor den Kopf stößt und tatsächlich alle abholt! Es ist wirklich sehr einfach. Da, wo ich groß geworden bin, im assigen Mönchengladbach, haben immer alle »schwul« gesagt für scheiße. Es ist wirklich nicht schwer, sich solche Sachen abzugewöhnen. Jeder, der sich weigert so etwas abzulegen, ist keinen Deut besser, als die ganz gestrigen und hinterwäldlerischen, die immer noch Neger sagen, oder die Jude als Beleidigung sagen. Es bleiben tatsächlich noch genug Worte, wenn man das alles weglässt, um sich gut ausdrücken, keine Sorge. Sprache muss nicht ausschließend sein. 

Komischerweise scheint es aber am Schwierigsten zu sein, die frauenfeindliche Sprache wegzubekommen. Scheint am ehesten salonfähig zu sein. Viele haben Mitleid mit unterdrückten Minderheiten, richtig, aber wir Frauen sind eben eine unterdrückte Mehrheit. Da ist es schwieriger für viele, den Missstand zu erkennen, und ihre Worte zu ändern.

Zurück zu meinem Lanze-Brechen für die Jungs von heute.

Auch wenn ein Kind bei einem alleinerziehenden Elternteil ist, sollte dafür gesorgt werden, dass das Kind genügend Kontakt zu Erwachsenen des anderen Geschlechts hat. Vorbild und so. Da kommt ja dann zu den ganzen Kindergarten- erzieherinnen und Grundschullehrerinnen, zuhause noch all die Stunden mit der Mutter dazu. Gar nicht gut. Im Moment ist es ja eher leider öfter so rum: Tochter oder halt Sohn bei alleinerziehender Mutter. Leider gibt es immer noch viel zu wenige alleinerziehende Väter. Was ist denn da los? Wie lange will man diese Schieflage noch hinnehmen? 

Ich habe schon bei Müttern, die einen Sohn großziehen, beobachtet, dass sie ihn auf einen Sockel heben, vielleicht auch weil der Vater fehlt; sie machen ihn zum Mann im Haus. Er darf im Bett der Mutter schlafen, bei der Wahl ihrer Partner mitreden, wird in finanzielle Überlegungen einbezogen, pflegt die Mutter, wenn sie krank ist. Die totale Überforderung für einen Sohn.

Hier ein tolles Beispiel für ein freies Leben von Jungs, die bei erwachsenen Frauen leben: Charlize Theron und ihr Adoptivsohn Jackson. (Ich weiß jetzt nicht, ob er auch als Mädchen angesprochen werden will und das Wort »Adoptiv- sohn« schon falsch war, aber ich stelle natürlich auch für ihn/sie, sobald ich erfahre, wie es richtig wäre, meine Sprache um. Check.) Die beiden rühren mich tatsächlich zu Tränen, wie sie Hand in Hand über die Straße gehen, immer von Paparazzi abgeschossen und das Kind in letzter Zeit fast nur noch - voll auf die zwölf - Mädchensachen trägt. Ballerinas, Tütü, Handtäschchen. Rosa, Lila. Gut für ihn, dass er die Freiheit bekommt! Und eine alte Löwin an seine Seite bekommen hat, die ihm den Weg freibulldozert.


Nota. - Nein, es gibt nicht zuwenig alleinerziehende Väter, sondern zu viele alleinerziehende Mütter - und schon eine einzige ist zu viel, wenn sie sich für allein erziehend hält. Und nicht "etwas weniger als die Hälfte" aller Kinder sind Jungen, sondern etwas mehr: Bei der Geburt und in der Jugend sind die männlichen Exemplare noch in der Mehrheit. Aber sie sterben früher. Darum sind Männer in der ganzen Gesellschaft "etwas weniger als die Hälfte".

Schwul war immer ein Schimpfwort und ich habe es nie beutzt, "Pussyübung" käme mir weder in den Sinn noch über die Lippen, weil es vulgär ist, und ich bin zwar ein Macho, aber vulgär bin ich nicht; ich würde etwa Fräuleinübung sagen. Dass Frauen wegen der höheren Sterblichkeit der Männer eine ganz knappe Mehrheit sind, ist ein statistischer Fakt, doch am Anfang sind sie eine Minderheit. Aber dass sie unterdrückt würden, nämlich von den Männern, ist ein Ammen-Märchen. Und wenn die Kinder von Charlize Theron wirklich selber Mädchenkleider tragen wollen, hat sie Courage, wenn sie sie lässt. Doch mit einiger Wahrschein- lichkeit wird ein Tag kommen, wo sie es leid sind. Nehmen wir mal an, dass sie sie dann lässt.
JE

Dienstag, 12. Juni 2018

Und Männer haben doch die bessere Orientierung.

aus scinexx

Männer navigieren effizienter
Experiment bestätigt Klischee zum Orientierungsvermögen der Geschlechter

Stimmt es also doch? Männer scheinen tatsächlich die besseren "Pfadfinder" zu sein. Denn sie bewegen sich effizienter durch ihnen grundsätzlich bekannte Umgebungen und erreichen ihr Ziel dadurch deutlich schneller, wie ein Experiment belegt. Demnach nehmen die Herren der Schöpfung häufiger sinnvolle Abkürzungen. Frauen folgen dagegen eher einmal eingeprägten Routen und neigen außerdem dazu, umher zu wandern.

Typisch Mann, typisch Frau: Klischees über die Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt es viele - und in manchen steckt tatsächlich ein wahrer Kern. Zwar ist "das" männliche oder weibliche Gehirn ein Mythos. Trotzdem scheinen sich Frauen in manchen Situationen anders zu verhalten und auch anders zu denken als Männer. 

So reagieren die Geschlechter nachweislich unterschiedlich auf Stress und negative Gefühle. Männer sind zudem offenbar tendenziell narzisstischer und Frauen großzügiger als das andere Geschlecht. Und auch für eines der gängigsten Vorurteile gibt es zumindest Hinweise: Die Damen sind den Herren in Sachen räumliches Vorstellungs- und Orientierungsvermögen unterlegen. 

Orientierung im Labyrinth
 

Doch wie belastbar ist diese Erkenntnis wirklich? Das haben sich nun Alexander Boone von der University of California in Santa Barbara und seine Kollegen gefragt - und die Orientierungskompetenz der Geschlechter experimentell auf die Probe gestellt. Dafür luden die Forscher 68 Probanden zum Test ein. Diese sollten sich zunächst mit dem Grundriss eines Labyrinths auf einem Computerbildschirm vertraut machen. Anschließend galt es, sich von unterschiedlichen Startpunkten durch dieses Wegenetz hindurch zu navigieren und ein vorgegebenes Ziel zu erreichen. 

Eine zweite Gruppe mit 72 Teilnehmern machte einen ähnlichen Test. Allerdings existierten dieses Mal unterschiedliche Versionen des Labyrinths: einmal waren Orientierungspunkte wie Bäume im Hintergrund zu sehen, einmal fehlten solche Landmarken. Im Anschluss an die Experimente füllten die Probanden einen Fragebogen aus und berichteten beispielsweise, welche Strategie sie gewählt hatten, um sich in der virtuellen Umgebung zurecht zu finden. 

Schneller am Ziel
 
Die Auswertung der Tests offenbarte, was vorherige Untersuchungen bereits vermuten ließen: "Die Experimente bestätigten, dass Männer tendenziell zielstrebiger navigieren und gerne Abkürzungen nehmen. Frauen neigen dagegen dazu, strikt einer einmal gelernten Route zu folgen. Außerdem wandern sie häufiger einfach umher", berichtet Boone. 

Das wirkte sich auch auf die Zeit aus, die die Teilnehmer für das Erreichen ihres Ziels benötigten: "In beiden Experimenten waren die Männer signifikant effizienter als die Frauen", sagt der Forscher. So bewegten sich die Herren der Schöpfung in der Regel auf dem direkteren Weg zum Ziel - und waren dadurch deutlich schneller. Das galt selbst dann noch, als das Team die durch unterschiedliche Navigationsstrategien zustande kommenden Effekte herausgerechnet hatte.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Wie das Team ausdrücklich betont, stellen diese Ergebnisse einen Durchschnitt dar. Denn natürlich gibt es auch Frauen, die sich perfekt in jeder Umgebung zurecht finden - und Männer, die Orientierungsnieten sind. "Insgesamt legt unsere Studie jedoch nahe, dass die geschlechtsspezifischen Unterschiede in Sachen Navigationseffizienz groß sind", konstatiert Boone.
 

Diese Erkenntnisse deuten den Forschern zufolge darauf hin, dass sich Frauen spezielle Orientierungspunkte weniger gut einprägen können und möglicherweise nicht so gut darin sind, Geländepläne auswendig zu lernen. Weitere Untersuchungen sollen diese Zusammenhänge in Zukunft bestätigen.

Denn noch gibt es eine zweite mögliche Erklärung für die beobachteten Unterschiede: "Womöglich ist auch einfach die Fähigkeit, sich in virtuellen Umgebungen zu bewegen, eine andere. Denn Männer verbringen in der Regel mehr Zeit damit, Videospiele zu spielen", schließt Boone. (Efficiency, Memory & Cognition, 2018; doi: 10.3758/s13421-018-0811-y)

(Springer Nature, 12.06.2018 - DAL) 


Nota. - Aus manchem sogenannten Vorurteil spricht eben die Lebenserfahrung von hundert Generationen, ja ja. Aber eben nicht aus jedem, nein nein.Den Unterscheid ausmachen kann immer nur die Wissenschaft, und hier sagt sie nun: Männer können sich im Durchschnitt im Raum besser orientieren; aber natürlich gibt es Ausnahmen.

Das ist eine vorsichtige Aussage und sie kommt nicht überraschend. Doch nicht jedes quantifizierende Experiment erlaubt es, seine Ergebnisse so unanstößig zu formulieren. Auf die Formulierung kommt es aber ebenso an wie auf die Untersuchung selbst: "Männer sind zudem offenbar tendenziell narzisstischer und Frauen großzügiger"! Narzisstisch und großzügig sind unübersehbar wertbehaftete Ausdrücke. Erlauben die Daten, die experimentell erhoben wurden, eine solche Wertung? 

Würde die Frage gestellt: Neigen Frauen eher zu Selbstbezogenheit als Männer? - es wäre nicht dasselbe, aber auch nicht ganz was anderes. Es kommt offenbar auf die Versuchsanordnung an: Oft ist das heimlich erwünschte Ergebnis schon durch in der Aufgabenstellung angelegt.
JE 

Samstag, 9. Juni 2018

Männliche Sozialität.

Tümmler
aus Süddeutsche.de,Drei Tümmler schwimmen nebeneinander.
 
Männliche Delfine kennen sich beim Namen 
Männliche Delfine gehen in Gruppen langjährige Freundschaften mit anderen Männchen ein - und kennen sich auch beim Namen. Das berichten australische Forscher im Fachmagazin Current Biology. Sie halten demnach über bestimmte Lautsignale mit Freunden individuell Kontakt.

"Wir haben festgestellt, dass männliche Große Tümmler, die langfristige kooperative Partnerschaften oder Allianzen eingehen, individuelle Stimmbezeichnungen oder 'Namen' behalten", sagt Stephanie King von der University of Western Australia in Perth. Dies ermögliche den Tieren, viele verschiedene Freunde und Rivalen in ihrem sozialen Netzwerk zu erkennen. "Unsere Arbeit zeigt, dass diese 'Namen' den männlichen Tieren helfen, ihre vielen verschiedenen Beziehungen im Auge zu behalten: Wer sind ihre Freunde, wer sind die Freunde ihres Freundes und wer sind ihre Konkurrenten?"

Die Wissenschaftler untersuchen Delfine in der Shark Bay rund 800 Kilometer nördlich von Perth seit mehr als 30 Jahren. Sie hatten in früheren Studien bereits herausgefunden, dass Männchen in Delfingesellschaften manchmal jahrzehntelang mit anderen Männchen dauerhafte Bündnisse eingehen.

Befreundete Delfine reiben ihre Brustflossen aneinander

Mit Drohnen aufgenommene Videos zeigen etwa, wie befreundete männliche Tiere nebeneinander herschwimmen und sich dabei mit Brustflossen und Schwanzflossen berühren und aneinander reiben - sanfter Kontakt zur Aufrechterhaltung der starken Bindungen.Die Forscher wussten aber zunächst nicht, wie diese Männchen Lautsignale verwenden, um diese Beziehungen zu bilden und zu pflegen.
 
In der neuen Studie wollten King und ihre Kollegen nun besser verstehen, welche Rolle die Lautkommunikation spielt. Sie nahmen dazu die Laute der Delfine mit Unterwassermikrofonen auf und bestimmten das individuelle Lautkennzeichen, das von jedem Männchen verwendet wurde. Dann maßen sie die Ähnlichkeit dieser Signale innerhalb und zwischen Bündnissen, um herauszufinden, ob männliche Tiere mit stärkeren sozialen Beziehungen ähnliche Lautsignale verwendeten.

Die Analyse zeigte jedoch, dass sich die Lautsignale von Männchen in einem Bündnis ziemlich voneinander unterschieden. Das deute darauf hin, dass diese Rufe einem ähnlichen Zweck dienten wie individuelle Namen, folgern die Wissenschaftler. Das stehe im Gegensatz zu Erkenntnissen bei vielen anderen Arten, bei denen Tiere über gemeinsame Laute ihre Mitgliedschaft zu einer bestimmten Gruppe anzeigen. Die männlichen Großen Tümmler könnten hingegen über die individuellen Signale ein faszinierendes soziales Netzwerk kooperativer Beziehungen aufbauen oder aufrechterhalten.

King kündigte an, dass die Wissenschaftler nun die Beziehungen der Männchen genauer untersuchen werden. Sie wollen die "Namen" einzelner Männchen abspielen und dann erforschen, wie die Tiere auf Mitglieder ihrer Bündnisse in unterschiedlichen Situationen und Zusammenhängen reagieren.


Nota. - Interessant daran ist: Es sind die Gruppenverbände, die Indiviualisierung soweit möglich machen, dass sogar 'Eigennamen' erfunden werden können (und müssen).

Aber wie ist es mit den weiblichen Tieren? In der Regel bilden sie wohl Mutter-und-Kind- Verbände. Da wäre für Sozialität auch Spielraum. Wie steht es mit denen?
JE


Dienstag, 5. Juni 2018

Männerschwund in der Jungsteinzeit.

Vor rund 7.000 Jahren gab es einen drastischen Männerschwund - hier ein jungsteinzeitlicher Grabhügel in Dänemark
aus scinexx                                                                  jungsteinzeitlicher Grabhügel in Dänemark

Mysteriöser Männerschwund in der Steinzeit
Dezimierten Stammeskriege die genetische Vielfalt des Y-Chromosoms vor 7.000 Jahren?

Rätselhafter Schwund: Vor rund 7.000 Jahren nahm die Zahl der Männer in Europa, Asien und Nordafrika plötzlich drastisch ab – nicht aber die der Frauen. Das belegt eine starke Verarmung der Genvielfalt auf dem Y-Chromosom. Doch was war Ursache für diesen Männerschwund? Eine mögliche Antwort könnten nun US-Forscher gefunden haben. Demnach führten damals wahrscheinlich ständige Kriege zwischen patrilinearen Clans zur Auslöschung ganzer Stammeslinien.

Die Menschheit hat schon häufiger sogenannte genetische Flaschenhälse durchlebt – Phasen, in denen die Zahl der Menschen und damit auch ihre genetische Vielfalt dramatisch abnahmen. Solche Rückschläge in der Populationsdichte gab es beispielsweise vor rund einer Million Jahren in Afrika sowie beim Ausbruch des Vulkans Toba vor rund 74.000 Jahren. Auch die Eroberung Amerikas durch die Europäer vor rund 500 Jahren rottete so viele Ureinwohner aus, dass dies bis heute Spuren in ihrem Erbgut hinterließ.
 
Nur noch ein Mann auf 17 Frauen

Doch einer dieser Einschnitte fällt aus dem Rahmen – und gibt bis heute Rätsel auf. Vor einigen Jahren entdeckten Forscher bei der Analyse von Y-Chromosomen heutiger Männer ein seltsames Phänomen: Bei fast allen fanden sich Spuren einer drastischen genetischen Verarmung vor rund 7.0000 Jahren. "Das sprach für eine Abnahme der männlichen Bevölkerung während der Jungsteinzeit auf nur noch ein Zwanzigstel ihres Ausgangswerts", berichten Tian Chen Zeng von der Standford University und seine Kollegen.

 

Das Rätselhafte daran: Dieser drastische Rückgang traf damals nur die Männer – die Population und Genvielfalt der Frauen nahm während der gleichen Zeit sogar eher zu, wie Analysen der mitochondrialen DNA ergaben. Als Folge kamen damals in vielen Regionen Europas, Asiens und Afrikas 17 Frauen auf nur einen Mann.


Einbruch der Genvielfalt auf dem Y-Chromosom

Fahndung nach der Ursache

Wie aber ist dieser dramatische Männerschwund in der Jungsteinzeit zu erklären? Katastrophen, Klimawechsel oder andere Umweltfaktoren treffen meist beide Geschlechter gleichermaßen. Und selbst Seuchen hinterlassen bestenfalls geringe Unterschiede in der Genvielfalt von Männern und Frauen, wie Zeng und seine Kollegen erklären.

 

Eine weitere Möglichkeit wäre die Gründung neuer Populationsgruppen durch Einwanderung – doch es gibt keine archäologischen Hinweise für eine solche Migration in Asien, Europa und Afrika vor rund 7.000 Jahren. Auf der Suche nach den Ursachen des Männerschwunds haben Zeng und seine Kollegen nun einen kulturell-sozialen Faktor näher geprüft: Stammeskriege.

Wenn Männerclans kämpfen

Der Hintergrund dafür: Als die Menschen der Jungsteinzeit allmählich zu Bauern und Viehzüchtern wurden, organisierten sie ihre Gesellschaften vorwiegend als patrilineare Clans: Die Stammesgruppen bestanden aus miteinander verwandten Männern, während die Frauen oft aus anderen Stämmen kamen – oder erbeutet wurden.


"Wenn aber die Grundeinheit der soziopolitischen Konkurrenz eine patrilineare Verwandtschaftsgruppe ist, dann sind Todesfälle durch Fehden oder Kriege nicht zufällig verteilt", erklären die Forscher. "Sie konzentrieren sich dann im Stammbaum der Männer. Die Auslöschung einer Gruppe entspricht dann der Auslöschung einer ganzen Verwandtschaftslinie."


Simulation bestätigt Ablauf

Doch könnte eine Phase solcher Stammeskriege tatsächlich einen so drastischen Männerschwund verursacht haben? Um das zu prüfen, nutzten die Wissenschaftler Computersimulationen, in denen sie die Wirkung wiederholter und verbreiteter Kriege auf die genetische Vielfalt der ursprünglichen Stammeslinien testeten. Dabei ließe sie sowohl patrilineare Clans als auch anders strukturierte Gruppen virtuell gegeneinander antreten.

 

Das Ergebnis: "Unser Modell ergibt zwei erstaunliche Parallelen zum genetische Y-Chromosom-Flaschenhals", berichten Zeng und seine Kollegen. "Erstens sind Simulationen mit Patrilinearität durch große Abnahme in der Diversität gekennzeichnet – sie erzeugen eine genetische Verarmung beim Y-Chromosom." Zweitens entwickelte sich mit der Zeit eine Dominanz nur noch weniger Stammeslinien – auch das entspricht den Gendaten.
 
Genetische Krise war "hausgemacht"

Nach Ansicht der Forscher könnte der mysteriöse Männerschwund der Steinzeit demnach menschengemacht sein: Die Ursache waren wahrscheinlich ständige Kriege und Kämpfe zwischen Clans aus eng miteinander verwandten Männern. Im Laufe der Zeit dezimierte dieses Blutvergießen die Männerwelt so stark, dass viele Stammeslinien komplett verschwanden – und mit ihnen die genetische Vielfalt.

 

"Unsere Analyse spricht dafür, dass diese soziokulturelle Hypothese die Erklärung für den genetischen Flaschenhals vor 7.000 Jahren liefert", so Zeng und seine Kollegen. (Nature Communications, 2018; doi: 10.1038/s41467-018-04375-6

(Stanford University, 04.06.2018 - NPO)


Nota I. - Von den andern Lebewesen unterscheidet den Menschen nicht zuletzt die Plastizität seines Gattungscharakters: Hier erscheiont er so, dort erscheinte er ganz anders, und es gibt kaum Lebensbedingungen, in denen er sich nicht einzu- richten versteht. Während die Gattungsgeschichte der andern recht und schlecht auf Wahrung des Status quo hinausläuft, ist die Geschichte der Familie Homo durch ihre Dynamik ausgezeichnet - das beginnt an ihrem Anfang, dem Aufbruch in die offene Savanne.

Der Ort dieser Dynamik ist in erster Linie der männliche Teil. Seine prekäre genetische Austattung macht ihn anfällig für ein Mehrfaches an Mutationen, die zunächst einmal Belastungen der Gattungsentwicklung sind, die aber nach Ausschei- den der Querschläger zu einem Sprungbrett neuer Entwicklungsschübe werden.

Die Prekarität der genetischen Ausstattung schlägt sich unvermeidlich in unsicheren, volatilen Verhaltensmustern nieder - siehe oben. So negativ sie vorderhand wirken - ein dynamisierendes Moment in der Gattungsgeschichte sind sie doch.

Nota II. - Vor 7000 Jahren war der Übergang zum Ackerbau und zur Sesshaftigkeit weitgehend vollzogen. Während die nomadisierenden Jäger und Sammler nur in Konflikte gerieten, wenn ihre Wege sich kreuzten, nicht aber, wenn sie ein- ander auswichen, hatten Ackerbauern ihren Boden zu verteidigen. Seither waren Kriege die Regel.

Wäre möglicherweise der von Bachofen postulierte Übergang zum "Mutterrrecht" mit der vorliegenden Untersuchung zu erklären?
JE


Montag, 4. Juni 2018

Das schwache Geschlecht und sein Überkompensieren.

Canova, Daedalus und Icarus
aus welt.de, 4. 6. 2018

Die Welt berichtet in ihrer heutigen Ausgabe über den Auftritt des Hirnforschers Gerald Hüther auf dem "Männerkongress", den der Verein MalEvolution zur Zeit in Berlin veranstaltet.

... Hüther ist Hirnforscher und Biologe. Darum liegt das Problem für ihn in ihrer Biologie. Genauer: in den Chromoso- men.

Männer sind verletzlich. Sie haben nur ein X-Chromosom. Das X-Chromosom ist der Ort, an dem wichtige Informatio- nen gespeichert sind. Selbstvertrauen, Sicherheit, Wärme, Kommunikationsfähigkeit – die ganzen Tools, die Frauen wie von allein beherrschen, beherrschen sie nur darum so leicht, weil sie zwei Stück X besitzen. Es fällt Männern so schwer, weil sie durch das fehlende zweite X behindert sind.

Männer werden als Kind schon auf Mann geeicht. Jungs, also Kinder, die mal Männer sein werden, träumen davon, Ritter zu sein. Sie wollen Panzer fahren, mit Waffen um sich schießen – aber nicht, weil sie stark sind, sondern weil sie schwach sind. Sie suchen in Panzern, Rüstungen und Waffen den Halt, den ihnen ihre Biologie nicht liefert. Wenn die Mutter sagt: Spiel doch mal mit einer Puppe, dann kann der Junge nicht denken: Prima, ich probiere mal eine Puppe. Die Puppe gibt dem Jungen keinen Halt, denn dazu bräuchte er ein zweites X. Wenn er das aber hätte, wäre er ja kein Junge mehr.

Männer sind furchtbar stark. Aber jeder Mann muss am Anfang seines Lebens Umwege gehen, um den Halt zu bekom- men, den er braucht, um die Erwartungen an Erfolg und Stärke zu erfüllen. Als Ritter oder Panzerfahrer wächst er hinein in eine Hierarchie, in der er das Funktionieren lernt. Je besser er funktioniert, desto weiter oben steht er später in dieser Hierarchie. So hat der Mann im Wechselspiel mit seiner Biologie eine Ordnung geschaffen, die darauf basiert, andere zum Objekt zu machen.

Hirnforscher Gerald Hüther sieht das Problem in den Genen Gerald Hüther

Er selbst ist auch Objekt. Er sieht in Männern und Frauen nicht Men- schen, sondern Funktionen. Ein Mann, der ein besonders gut funktio- nierendes Objekt ist, schafft es am besten, andere zu Objekten zu machen. Ein erfolgreicher Mann ist also umgeben von Arbeitsobjekten (Kollegen), von Unterordnungsobjekten (Vorgesetzte), von Sexobjekten (Frauen), von Erziehungsobjekten (Kindern) und von Freizeitobjekten (Freunde).

Jungs werden von ihren Müttern auf die Erfolgsspur gesetzt. Kinder- garten, Gymnasium, Universität, Führungsposition – das macht Mama glücklich. Dann kommen die Frauen.

Frauen suchen sich aus der Karawane der Männer, die ihnen im Leben begegnen, diejenigen Männer aus, die am erfolg- reichsten sind. Umgekehrt suchen sich erfolgreiche Männer aus der Frauenkarawane diejenigen aus, die besonders schön sind. Die Kinder, welche die erfolgreichen Männer mit den schönen Frauen zeugen, vermendeln sich zu immer schöneren und immer erfolgreicheren Menschen. Durch diese gegenseitige Belohnungsstrategie sind wir dahin gekommen, wo wir jetzt sind. In einem gegenseitigen Unterdrückungs- und Gebrauchssystem.

Hüther hat tief in die Männer hineingesehen. Er hat erkannt: Je weiter oben, je erfolgreicher, je mehr Objekt ein Mann ist, desto bedürftiger ist er. Desto mehr fehlt es ihm an Liebe. Diejenigen, die am weitesten oben sind, die den meisten Besitz und Erfolg angesammelt haben, sind die Bedürftigsten von allen. Und weil sie so bedürftig sind, können sie nicht geben und nicht lieben. Die Männer sind daran nicht schuld. Die Biologie hat es so angelegt. ...


Nota. - Mann sein ist, wo es gelingt, die Überkompensation einer organischen Minderwertigkeit.

Das ist kein Witz, das meine ich ernst. Nur, weil ihm das Überkompensieren so lange so gut gelang, hat sich der männliche Teil unserer Gattung, im Unterscheid zu den Männern aller anderen Gattungen, einen eigenen Platz in unserer Gattungsgeschichte geschaffen: Anderswo sind di männlichen Individuen lediglich Samenspender und Nachrungsmittel- verzehrer. Erfinder und Eroberer sind die Männer nur bei uns.

Gelingt ihm das Überkompensieren etwa nicht mehr? Davon kann keine Rede sein, es wird ihm nur schlechtgeredet. Von Frauen, die mehr haben wollen, ohne überkompensieren zu müssen, gewiss. Und von den Angestelltenseelen, die fürs Überkompensieren zu blasiert sind.

Ach, übrigens: Dass Männer sich und andere zu Objekten machen, war charakteristisch erst für das Zeitalter der Großen Industrie - und ist charakteristisch für deren Verfallsperiode, die Angestelltenzivilisation. Aber deren Zeit ist um.
JE