Freitag, 24. März 2017

Warum so viele Vergewaltigungsprozesse mit einem Freispruch enden.


aus Süddeutsche.de, 

Ein unheimlicher Verdacht
  • Angeklagte in Vergewaltigungsprozessen kommen überproportional häufig mit einem Freispruch davon.
  • Ein Tübinger Kriminologe vermutet, das liege an der gewachsenen Sensibilität für das Thema.
  • Das heißt: Zwar hat das Bemühen der Justiz zugenommen, Angeklagte in Vergewaltigungsprozessen zu verurteilen, aber oft ist die Beweislage so dünn, dass die Richter den Angeklagten am Ende freisprechen müssen.
 
Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Der Freispruch ist eine ambivalente Angelegenheit. Einerseits hat er einen bitteren Beigeschmack: Der Angeklagte musste zunächst ein womöglich langwieriges und belastendes Verfahren über sich ergehen lassen, bevor seine Unschuld amtlich festgestellt wurde. Ob die Weste dadurch wieder weiß wird, ist zweifelhaft; irgendwas bleibt immer hängen. Andererseits: Freispruch heißt, dass die Justiz sich korrigieren kann. Ein Gericht befindet einen Angeklagten für unschuldig. Wahrscheinlich ist eine gewisse Freispruchquote notwendig, um das Grundvertrauen in die Justiz aufrechtzuerhalten; bei null Prozent wäre man misstrauisch.

Der Tübinger Kriminologe Jörg Kinzig stellt am kommenden Samstag beim Strafverteidigertag in Bremen eine Studie vor, für die sein Team mehr als 300 Freisprüche untersucht hat, bei denen der Angeklagte anfangs noch in Untersuchungs-haft genommen worden war - also ein "dringender Tatverdacht" bestand. Die erste Erkenntnis der Arbeit lautet: Statistisch ist der Freispruch eine verlässliche Größe. Über 940 000 Angeklagte wurde im Jahr 2015 ein Urteil gesprochen, in 27 000 Fällen war dies ein Freispruch. Macht drei Prozent. In den Siebzigerjahren waren es mal vier Prozent, um das Jahr 2000 nur 2,5, aber seit Jahren ist die Kurve stabil.

Dazu muss man allerdings wissen, dass sich hinter der scheinbar so niedrigen Quote von Freisprüchen in Wahrheit eine große Zahl von Verfahren verbirgt, die schon vorher aussortiert wurden: Die Staatsanwaltschaften stellen etwa 60 Prozent ihrer fünf Millionen Verfahren ein. Auch die Strafgerichte verfügen in einem Viertel der Fälle, die zu ihnen gelangen, eine Einstellung. Viele kleine Quasi-Freisprüche also, bevor es überhaupt zum Urteil kommt - ein Filtersystem.

Häufiger Freispruch für Angeklagte in Vergewaltigungsprozessen

In der Detailanalyse sticht freilich eine Rubrik unangenehm deutlich hervor - Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen. 2015 lag die Freispruchquote dort bei einem Viertel. Das ist nicht nur ein Riesen-abstand zum Durchschnittswert von drei Prozent, sondern auch zu anderen Delikten mit hoher Freispruchrate, wie Raub (gut neun Prozent) oder Tötungsdelikte (mehr als acht Prozent). Angeklagte in Vergewaltigungsprozessen kommen also überproportional häufig mit einem Freispruch davon: Ist das nun ein Beleg für eine männerdominierte und frauenfeindliche Justiz?

Aus Sicht der Forscher spricht wenig für diese These, übrigens schon deshalb, weil die Justiz mit ihrem hohen Frauenanteil längst nicht mehr männerdominiert ist. Sexualdelikte gehören, was die Beweislage angeht, zu den kompliziertesten Verfahren, das weiß man nicht erst seit dem Prozess gegen Jörg Kachelmann. Häufig steht Aussage gegen Aussage, weitere Beweise sind nicht vorhanden. Manchmal ziehen Opfer ihre Aussage zurück, weil sie sich mit dem Täter wieder versöhnt haben. Oder weil sie von ihm unter Druck gesetzt wurden. Oder weil es eben doch keine Vergewaltigung war, sondern einvernehmlicher Sex.

Über 940 000 Angeklagte wurde 2015 geurteilt. In 27 000 Fällen war dies ein Freispruch.

Aber das erklärt noch nicht die beklemmend hohe Freispruchquote. Kinzigs These lautet: Möglicherweise liegt die Ursache nicht etwa in einer mangelnden, sondern im Gegenteil in einer besonders großen Sensibilität für das Thema. "Auch in wackeligen Fällen, die früher eingestellt worden wären, werden inzwischen Anklagen geschrieben und Prozesse geführt." Sein Mitarbeiter Wolfgang Stelly hat bei der Analyse von Fallakten den Eindruck gewonnen, dass den Aussagen der - tatsächlichen oder vermeintlichen - Opfer in den Anklagen sogar ein gewisser Vertrauensvorschuss eingeräumt werde.

Oft dünne Beweislage

Auch eine andere Zahlenkurve spricht für diese Einschätzung: Mag die Freispruchquote ansonsten stabil sein, bei den Sexualdelikten hat sie sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten ungefähr verdoppelt. Also just in dem Zeitraum, in dem die öffentliche Aufmerksamkeit dafür gewachsen ist und man also eher das Gegenteil erwartet hätte - weniger Freisprüche für mutmaßliche Vergewaltiger. Wenn das stimmt, dann könnte das heißen: Zwar hat das Bemühen der Justiz zugenommen, Angeklagte in Vergewaltigungsprozessen zu verurteilen; die Staatsanwälte erheben Anklage, die Richter führen die Prozesse. Dadurch aber erhöht sich der Anteil von Verfahren, in denen die Beweislage dünn ist und die Richter am Ende doch freisprechen müssen.

Bleibt die Frage, wo eigentlich bei so vielen später Freigesprochenen der dringende Tatverdacht herkam, der ihnen erst einmal ein paar Monate U-Haft eingebracht hat. Die Gründe reichen von wankelmütigen Zeugen bis zur überraschenden "Wende" im Prozess. In ungefähr der Hälfte der Fälle hat sich allerdings im Verlauf des Verfahrens fast nichts geändert. Beispiel: Am letzten Arbeitstag eines Saisonarbeiters in einem Gasthaus verschwinden 390 Euro aus der Geldbörse des Kellners. Möglicher Täterkreis: Mindestens ein Dutzend Gäste und Angestellte. 63 Tage sitzt ein Beschuldigter in Untersuchungshaft. Danach wird er freigesprochen - weil auch viele andere als Täter in Betracht kommen.

Die Analyse der Fallakten deutet nach Stellys Worten darauf hin, dass manche Menschen eben schneller in der U-Haft landen als andere. Von den untersuchten U-Häftlingen hatten zwei Drittel Migrationshintergrund, drei Viertel waren vorbestraft, die Hälfte arbeitslos, fast ein Viertel ohne festen Wohnsitz. Wie dringend der Verdacht tatsächlich ist, spielt danach oft eine Nebenrolle.

Mittwoch, 22. März 2017

Der Durchschnittsmann.


 
Mannsein ist, wenn es gelingt, die Überkompensation einer Organminderwertigkeit.
Wenn es nicht gelingt, ist es eine Organminderwertigkeit.
Der Mann ist typischerweise merklich über- oder merklich unterdurchschnittlich.
Am durchschnittlichen Mann ist ein Weib verlorengegangen.



Freitag, 17. März 2017

Männer sind so unsensibel.


aus scinexx

Frauen stresst das Leben mehr 
Männer und Frauen bewerten potenzielle Stressfaktoren anders

Gestresste Frauenwelt: Frauen lassen sich von belastenden Situationen stärker stressen als Männer – zumindest aus subjektiver Sicht. In einer Umfrage unter Briten bewerteten weibliche Teilnehmer Ereignisse wie den Tod eines Angehörigen, Krankheit oder finanzielle Nöte durchweg als stressiger. Das könnte sie auch anfälliger für stressbedingte Krankheiten machen, glauben die Forscher.
Stehen wir häufig unter Stress, hat dies Folgen für Körper und Geist: Die Belastung macht vergesslicher, schwächt unsere Selbstkontrolle und kann im Alter sogar die Anfälligkeit für Demenz erhöhen. Zu viel Stress schadet uns demnach – das gilt für Männer wie Frauen gleichermaßen.

Doch es gibt auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern, wie Forscher inzwischen wissen. So verhalten sich Frauen in stressigen Situationen oft anders als Männer – und auch ihr Körper reagiert unterschiedlich. Je nach Geschlecht schüttet er zum Beispiel andere Hormone aus. Das wirkt sich offenbar auch auf den subjektiv empfundenen Stress der Betroffenen aus.

Durchweg stärker gestresst

Wie stark sich die Wahrnehmung von Stress bei Männern und Frauen tatsächlich unterscheidet, haben Wissenschaftler nun mithilfe einer Umfrage untersucht. Im Auftrag der europäischen Physiological Society bat das Meinungsforschungs- institut YouGov dafür 2.078 Briten um eine persönliche Einschätzung: Sie sollten einstufen, wie sehr sie bestimmte Lebensereignisse stressten – zum Beispiel der Tod eines Angehörigen, Krankheit, finanzielle Probleme oder der Brexit.

Das frappierende Ergebnis: Bei allen abgefragten Ereignissen fühlten sich Frauen dem eigenen Empfinden nach gestresster als die männlichen Teilnehmer. "Dass dieser Unterschied bei wirklich jedem Ereignis deutlich wurde, war schon bemerkenswert", sagt Lucy Donaldson von der Physiological Society. Besonders groß war der Unterschied demnach bei der Bedrohung durch Terrorismus. Die geringste Stressdifferenz verursachte die Geburt des ersten Kindes.

Auch das Alter spielt eine Rolle

Auch das Alter spielte bei der Bewertung von Stress offenbar eine Rolle. Je älter die Befragten waren, desto stressiger schienen ihnen viele Ereignisse. Die wenig überraschenden Ausnahmen: Der Verlust des Smartphones wurde durchweg von jüngeren Menschen als stressiger bewertet. Und auch die Geburt eines Kindes stresste junge Befragte mehr – wahrscheinlich, weil sie öfter als Ältere mit dieser Situation konfrontiert sind.

Die Wissenschaftler wollen nun vor allem für die möglichen körperlichen Folgen von Stress sensibilisieren: "Viele Menschen sind sich zwar bewusst, welchen Einfluss Stress auf die mentale Gesundheit haben kann. Es ist aber auch wichtig, die Folgen für den Körper zu bedenken. Das Gehirn, das Nerven-, das Hormonsystem – sie alle reagieren auf Stress und das hat wiederum Auswirkungen auf das Herz, das Immunsystem und den Magen-Darm-Trakt", sagt Donaldson. Dass Frauen sich oft gestresster fühlten als Männer, könne sie womöglich anfälliger für schwerwiegende Krankheiten machen.

(The Physiological Society, 17.03.2017 - DAL) 


Nota. - Männer sind zwar empfindlicher, aber Frauen klagen. Doch das hat seine evolutionäre Logik. Da sie schon verletzlicher auf die Welt gekommen sind, ist es eine Überlebensfrage, ob sie sich einen Panzer umlegen oder nicht. Es bleibt männlichen Individuen gar nichts anderes übrig, als sich abzuhärten. Haben sie denn jemand, der sie im Ernstfall schon beschützen wird? Es ist umgekehrt, Schutz wird von ihnen erwartet. Dass ihnen auch noch nachgesagt wird, die wahren Zimperliesen wären sie, fällt da schon gar nicht mehr ins Gewicht.
JE




Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE

Samstag, 4. März 2017

Der Interimspascha.

aus derStandard.at, 4. März 2017, 09:00

Warum Löwenmännchen Konkurrenz brauchen
In Löwenrudeln wechseln regelmäßig die Alphatiere. Zoologen haben nun eruiert, warum in Namibia diese Wechsel seltener sind und dadurch die genetische Vielfalt leidet

von Kai Althoetmar

Durban/Wien – Aus Tierdokumentationen kennt man die Szenen: Ein männlicher Löwe erobert ein Rudel, vertreibt das bisherige Alphamännchen und tötet den noch jungen Nachwuchs, den sein Vorgänger mit den Löwinnen des Rudels gezeugt hatte. Möglichst schnell will der neue Rudelführer seine Gene weitergeben, was nur geht, wenn die Weibchen wieder empfängnisbereit sind.

Der Sinn der "Grausamkeit"

Was Tierfreunde als Grausamkeit empfinden mögen, erfüllt biologisch einen Sinn. Der Chefwechsel im Löwenrudel verhindert Inzucht und damit eine genetische Verarmung der Population. Denn sobald ein Rudelführer seine Gruppe drei, vier Jahre am Stück unter Kontrolle hat, beginnt er sich auch mit den eigenen Töchtern zu paaren.

Es gehört also zum Lauf der Natur, dass der Alphalöwe im Schnitt nach zwei bis drei Jahren wieder gestürzt wird. Nicht immer geht das mit Infantizid, der Tötung der Jüngsten, einher. Oft gelingt es den Löwinnen, das Leben ihres Nachwuchses zu verteidigen, oder sie ziehen mit ihren Jüngsten ab.

Langfristige Gefährdung

Konflikte zwischen Mensch und Raubkatze können diese Abläufe allerdings stören, wie Forscher aus Österreich und Südafrika ermittelt haben: Durch Abschüsse von Viehzüchtern droht den Beständen genetische Verarmung, und sie gefährden langfristig die Raubkatzenpopulationen.

Für seine Studie im "Journal of Zoology" markierte das Team um die österreichische Zoologin Martina Trinkel von der südafrikanischen Uni in KwaZulu-Natal und Paul Fleischmann von der HTL Hallein in Namibias Etosha-Nationalpark 181 Löwen vor 17 Jahren mit Brandzeichen; ein bis zwei Weibchen je Rudel wurden mit Radiohalsbändern ausgestattet. Das Alter der Tiere ermittelten die Forscher anhand der Zähne.

Der Etosha-Nationalpark ist seit 1973 umzäunt. Allerdings büxen Löwen regelmäßig durch Löcher aus, die Warzenschweine und Stachelschweine unter dem Zaun graben. Vor allem halbwüchsige Löwenmännchen und erwachsene Löwinnen machten sich davon. Die Tiere ziehen dann meist wie Nomaden umher, häufig auf ungünstigem Terrain, ehe sie später andere Rudel zu übernehmen versuchen.

Hohe Löwenverluste

An den Osten und Süden des Etosha-Parks grenzt kommerzielles Farmland. Viehzüchter halten dort extensiv Rinder. Dem mit Rindern reich gedeckten Tisch außerhalb des Parks können die ausgerissenen Löwen nicht widerstehen. Farmer reagierten auf Viehrisse durch die vagabundierenden Löwen sehr oft mit Abschuss. 59 Prozent der halbwüchsigen Löwenmännchen und 27 Prozent der erwachsenen Löwenweibchen, die den Park verließen, wurden in den 17 Jahren auf dem Farmland entlang der Parkgrenzen erschossen oder gezielt vergiftet. Die getöteten Männchen fielen damit aus, um künftig im Park Rudel zu übernehmen.

Die Zoologen konnten die abgeschossenen Löwen anhand ihrer Brandzeichen identifizieren. Tiere, die nicht von Farmern getötet wurden, kamen durch Kämpfe untereinander, Verletzungen bei der Jagd oder altersbedingt um. 62 von 82 Todesfällen, deren Ursache festgestellt wurde, gingen auf Menschen zurück. In vier Fällen wurden sogar ganze Rudel auf Farmland ausgelöscht. Das geschah zum Beispiel, nachdem im Park ein Wasserloch ausgetrocknet war und das gesamte Rudel den Park verlassen hatte.

Hohes Inzuchtrisiko

Das hatte Folgen für die Löwen im Park: Vermutlich wegen des Mangels an Konkurrenz durch heranwachsende Männchen hielten erwachsene Löwen ihre Rudel fast sieben Jahre lang in Besitz, schreiben Trinkel und Kollegen. Das sei dreimal so lang wie sonst üblich und erhöhe das Inzuchtrisiko. Löwen, die ein Rudel eroberten, waren zu dem Zeitpunkt im Schnitt 5,2 Jahre alt, die gestürzten Rudelchefs waren durchschnittlich schon elf Jahre alt und hatten im Mittel 6,7 Jahre lang die Kontrolle über ihre Gruppe – eine unnatürlich lange Dauer.

Volltext der Studie Journal of Zoology:
Journal of Zoology: "Electrifying the fence or living with consequences? Problem animal control threatens the long-term viability of a free-ranging lion population"


Nota. - Seine ganze Jugend lang hat er gekämpft wie ein Löwe, und als er es endlich bis an die Spitze geschafft hatte, ging der Stress erst richtig los: All seine Damen wollten bedient sein, und alle Nasen lang musste ein Rivale in die Flucht geschlalgen werden. Bis nach zwei, drei Jahren einer stärker war als er, zu dem sind die Damen übergelaufen, und ihn haben sie in die Wüste gejagt, wo er ganz alleine schließlich verhundern musste. 

Die Leidenschaft hat ihn soweit gebracht; beneidenswert, wer frei davon.
JE