Donnerstag, 30. Juni 2016

Tja, Jungens sind gewaltbereit.


aus Die Presse, Wien, 21. 6. 2016

Falsches Mitleid: Wenn Bubeneltern bedauert werden 
Buben wird oft vorgeworfen, dass sie wild und laut seien sowie in der Schule versagen. Das Problem ist aber vor allem, dass man "funktionierende" Kinder will.

von ROSA SCHMIDT-VIERTHALER

Die Klassenwanderung am Ende des Schuljahres geriet zu einer Kampfzone. Einer kleinen freilich, doch die gegnerische Aufstellung beim gemeinsamen Almdudler-Trinken war nicht zu verkennen. „Was ist bloß mit den Burschen los?“, fragte eine Mutter kopfschüttelnd. Die Kinder der Wiener Volksschulklasse waren gerade im Wald mit Spielen beschäftigt, wie die Eltern allgemein annahmen. Da kamen einzelne Mädchen angelaufen, den Kopf vor Zorn hochrot. Die Burschen hätten sie mit Stöcken voll ekligem Zeug verfolgt. Es habe einen bösen Streit zwischen Mädchen und Burschen gegeben. Zumindest einer habe die Hose heruntergelassen. 


“Das Rabaukenhafte gehört bei den Jungen mit dazu„

„Wieso können die nicht friedlich spielen?“, wunderten sich die Mütter der Mädchen laut. Die Burschenmütter, an einer echten Diskussion über diese Frage offenbar weniger interessiert, winkten dem Kellner. Es sei ohnehin Zeit zu zahlen. Den Heimweg trat man getrennt nach Geschlechtern an. 


Buben sind Bildungsverlierer. 

Was ist tatsächlich mit den Buben los? Vor rund zehn Jahren haben diverse Medien die „Krise der kleinen Männer“ („Die Zeit“, 2007) ausgerufen und ihr Scheitern dargestellt. In den Artikeln wurde die deprimierende Faktenlage dargebracht: Burschen beschäftigen die pädagogischen Beratungsstellen weit mehr als Mädchen, brechen öfter die Schule ab, haben häufiger psychische Probleme und schlechtere Schulabschlüsse. So haben in Österreich zuletzt 51 Prozent der Mädchen eines Jahrgangs die Matura gemacht – aber nur 36 Prozent der Burschen. Mittlerweile müssen sie sich die Bezeichnung „Bildungsverlierer“ gefallen lassen.




Die Entwicklung ist nicht neu, doch die Tendenz setzt sich fort. Mittlerweile sei eine Art „self-fulfilling prophecy“ eingetreten, sagt der österreichische Verhaltenspädagoge Gerhard Spitzer. Die Verhaltensbilder, die den Burschen zugeschrieben werden, erfüllen sich allein dadurch, dass sie ihnen zugeschrieben werden. Aktuell werde aber die Bubenproblematik nicht mehr „nur“ in Schulen diskutiert, sondern sei auch zuhause angekommen. Er sehe verunsicherte Eltern: Mütter, die sich schon vor dem Schulstart um Nachhilfe kümmern und Väter, die sich aus der Erziehung heraushalten, weil sie Angst haben, es falsch zu machen. Spitzer arbeitet mit Familien, die sozial schlecht gestellt sind. Aber das Phänomen, dass Burschen besonders kritisch beäugt werden, zeigt sich genauso in der Mittelschicht. Auf Spielplätzen machen manche Mütter die Erfahrung, dass ihnen unmotiviert Mitleid ausgesprochen wird. „Andere Mütter sagen manchmal ,Oh, du Arme', wenn sie hören, dass ich zwei Söhne habe“, erzählt eine junge Mutter. Schon das sei sehr nervig. „Es wird angenommen, dass die Buben immer nur herumrennen, laut und wild seien. Das mag schon mal vorkommen, aber Mädchen können doch auch anstrengend sein.“ 


Dass die Erziehung von Mädchen genauso herausfordernd ist, wird offenbar nicht gesehen. Wohl, weil die Konflikte seltener öffentlich ausgetragen werden − wenngleich es natürlich auch hier Ausnahmen gibt. Und weil ein stärkerer Bewegungsdrang gerade in den öffentlichen Bereichen der Städte mehr ins Auge fällt. Dass der starke Bewegungsdrang von Kindern schon Grund genug ist, deren Eltern zu bemitleiden, ist indes viel eher ein Problem als jedes Stürmen, Hüpfen, Klettern und Fallen. Werden Kinder zu Problemen stilisiert, weil sie Kinder sind? „Man will funktionierende Kinder, das ist zur Zeit das Hauptmotiv. Gut angepasst und leistungsbereit.“ Sich so zu verhalten, könne aber allenfalls ein Ausschnitt der kindlichen Wirklichkeit sein: „Wenn da die Mädchen besser hineinpassen, dann finde ich das auch eher bedenklich“, so der deutsche Geschlechterforscher Reinhard Winter. Es brauche einen Perspektivenwechsel. 


Jungen brauchen klare Ansagen. 

Die Kategorien „männlich“ und „weiblich“ kommen jedenfalls wieder in den Blick: Immer mehr Pädagogen machen sich für die Buben stark – und auch auf dem Buchmarkt zeigt sich die neue Aufmerksamkeit. „Jungen brauchen klare Ansagen“ oder „Artgerechte Haltung: Es ist Zeit für eine jungengerechte Erziehung“ lauten die Titel von neu herausgegebenen Ratgebern. 


Warum machen Mädchen Zierleisten? 

Auch die Schule wird in die Verantwortung genommen. Seit Jahren diskutiert man die Gründe für das vergleichsweise schlechte Abschneiden der Buben. Manche machen die Dominanz der Frauen in den Bildungseinrichtungen verantwortlich: Natürlich scheiterten Buben in der Schule, so die Befürworter dieser Theorie, die Regeln würden ja auch von Frauen gemacht, und die hätten halt diesen Kuschelweich-und-brav-Kurs, der den Buben nicht liege. 


Auch von Müttern kann man hören, dass Buben vor allem mit den unausgesprochenen Regeln in der Schule nicht klar kämen. „Warum machen die Mädchen alle eine Zierleiste? Das war ja überhaupt nicht Teil der Aufgabe“, ärgerte sich ein Volksschüler unlängst zuhause. „Und die Lehrerin findet das auch noch supertoll.“ 


Letztlich ist die Frage schwer zu klären: Studien widersprechen dem Einfluss des Geschlechts von Lehrern. Und die männlichen Geschlechterstereotypen spielen jedenfalls (auch) eine Rolle. So sei es bei Burschen im jugendlichen Alter „oft total uncool, sich anzustrengen“, sagt die Bildungspsychologin Christiane Spiel.


Liegt dann nicht der Schluss nahe, dass die Klischeebuben den Klischeemädchen ein bisschen ähnlicher werden müssten? Kommunikationsstärker, weniger wild und aufsässig, so wie es seit Jahren präferiert wird? 


Genau hier liegt das Problem, denn die Buben scheinen sich gegen die Geschlechternivellierung zu wehren. „Es ist schon lange unerwünscht, dass sich Buben wie solche verhalten“, sagt Gerhard Spitzer, der das Phänomen seit 20 Jahren beobachtet. Er nehme aber immer wieder wahr, dass die Buben ausbrechen wollten. „Zuerst hieß es, wir müssen bei Geschlechterrollen sensibel sein. Dann wurde weiblich gut und männlich schlecht. Das polarisierte stark. Die Idee war gut, wurde aber zu extrem betrieben.“ Nun sei man eben an einem Punkt angelangt, an dem Bubenmüttern Mitleid ausgesprochen werde. Die teils negative Haltung Burschen gegenüber sei im privaten Bereich angekommen. 


Dass manche Burschen sich nun ganz besonders männlich geben wollten und eine Abwehrreaktion eingesetzt habe, sei nur natürlich. Sichtbar werde dies etwa dadurch, dass viele Buben ihr Bedürfnis nach Männlichkeit in imaginären Spielwelten ausleben. Denn dort spielt Männlichkeit eine zentrale Rolle, sie wird zelebriert. Das Gleiche gilt für Klassenausflüge, bei denen am Ende nur die Konfrontation Mädchen gegen Buben bleibt. 


Buben brauchen Führung. 

Aber sind die Schwierigkeiten mit den Burschen lediglich unserer Einstellung geschuldet? So einfach ist es dann doch wieder nicht. Vor allem zwei große Problemfelder lassen sich nicht wegdiskutieren: Übermäßiger Medienkonsum und fehlende Leistungen in der Schule. Reinhard Winter rät hier vor allem zu einer klaren Haltung. Eltern müssten die Führung übernehmen, Orientierung geben und dabei wirklich Durchhaltevermögen zeigen. Buben bräuchten tendenziell mehr Führung als Mädchen – weil sie eben auch mehr nach Freiheit strebten. 


Unbestritten ist, dass Kinder früher mehr Freiheit hatten, mehr draußen waren, mehr herumtoben konnten. Nun ist das Leben mit Schule, Nachmittagsbetreuung und Hobbys viel stärker verplant. Es gibt aber nicht nur weniger Zeit, sondern auch weniger Raum. Der Bewegungsradius von Kindern hat sich in den vergangenen Jahren stark verkleinert. Auch wenn Eltern ihren Kindern gern zugestehen möchten, dass sie in Lacken hüpfen und dreckig werden können – wenn man sie vor einem wichtigen beruflichen Termin im Kindergarten abliefern will, auf dem Weg nach Hause noch einkaufen muss oder auf ein wichtiges Telefonat wartet, ist das nur schwer möglich. Und ja, natürlich ließe man die Burschen auch einmal raufen, sagen viele Eltern. Aber nicht mit Jan, dessen Eltern so streng sind. Und auch nicht mit Julian, der immer sofort zu weinen beginnt. 


Der Raum, um rangeln und raufen zu können, muss erst wieder erobert werden. Und das vielleicht nicht nur für die Burschen. Denn auch den Mädchen macht das gängige Klischee der stets voll funktionstüchtigen Vorzugsschülerin das Leben nicht unbedingt leichter. Genauso wenig wie die Umkehrung ins alte Klischee, das vor allem der Spielzeugmarkt derzeit wunderbar sichtbar macht: rosarotes Lego, mit dem man nicht bauen kann, das aber häusliche Welten hochleben lässt. Und auch für so manche hoffnungsvolle Mädchenmutter, die Bubenmütter ungefragt bemitleidet, kann sich das erwartete Idyll in Luft auflösen: Zöpfchen flechten und hübsche Kleider kaufen gefällt bei Weitem nicht jedem Mädchen. In schmutzige Lacken hüpfen schon eher. Ob die Mütter dafür Mitleid bekommen? 



Nota. - Das ist ja eine Binsenwahrheit: Einen Weichling, der sich von den Schülern auf der Nase rumtanzen lässt und vor den Eltern kneift, mögen die Jungen nicht als Lehrer. Die wollen einen, der auch mal was aushält und der stark genug ist, dass man sich wenigstens nicht blamiert, wenn er einen zum Schluss doch unterkriegt.

LehrerInnen und feminisierte Lehrer lassen dann durchblicken, Jungens bräuchten eben doch den autoritären Erziehungsstil - und kommen sich vornehm vor, wenn sie seufzen: "das is nix für mich"; und sich wieder den Mädchen zuwenden. Dabei reicht es auch bei LehrerInnen aus, dass sie sich nicht auf der Nase rumtanzen lassen, nicht vor den Eltern kneifen und sich im Übrigen über ihre Autorität keine Gedanken machen.
JE




Dienstag, 28. Juni 2016

Männer sind wehleidig - ab nur, wenn sie's selber glauben.

aus scinexx

Erwartungen beeinflussen Schmerzempfinden
Schmerztoleranz von Männern ist manipulierbar
Schmerzlindernde Wirkung: Werden Männer mit der Information versorgt, dass sie Schmerzen besser ertragen können als Frauen, wirkt sich das prompt aus – sie bewerten Hitzereize dann als weniger unangenehm. Umgekehrt funktioniert der Effekt aber auch, wie ein Experiment zeigt: Wer denkt, Frauen hätten eine höhere Schmerztoleranz, kann Schmerzen weniger gut aushalten als ohne diese Erwartung.

Unsere eigenen Erwartungen sind machtvolle Manipulateure: Sie beeinflussen, wie wir andere Menschen wahrnehmen, wirken sich auf unsere Leistungen aus – und sind der Grund dafür, dass es den Placebo-Effekt gibt. "Der Placebo-Effekt funktioniert gerade bei der Behandlung von Schmerzen oft sehr gut", sagen Wissenschaftler um Katharina Schwarz von der Universität Würzburg.

Die pure Erwartung, ein Medikament zu bekommen, kann das Befinden verbessern. Doch nicht nur die Gabe eines vermeintlichen Arzneimittels lindert mitunter Schmerzen. Vorurteile über die persönliche Schmerzempfindlichkeit haben einen ähnlichen Effekt, wie die Forscher nun bei einem Experiment herausfanden.

Männer beim Schmerztest

Für ihre Untersuchung unterzogen Schwarz und ihre Kollegen Männer einem Hitzetest. Dabei wurden die Probanden mithilfe eines Umschnallbands am Unterarm mit verschiedenen Temperaturreizen konfrontiert. Den dabei empfundenen Schmerz mussten die Teilnehmer dann auf einer Skala von "kein Schmerz" bis "unerträglich" bewerten.

Am nächsten Tag wiederholten die Wissenschaftler diese Prozedur – mit einem einzigen Unterschied: Eher beiläufig ließen sie die Männer vorher auf einem Infoblatt wissen, dass sie entweder weniger empfindlich oder empfindlicher gegen Schmerzen seien als Frauen. Begründet wurde das jeweils evolutionspsychologisch: Eine Versuchsgruppe erhielt die Information, dass Männer beispielsweise als Jäger besonders gut an Schmerzen gewöhnt seien. Die andere Gruppe bekam zu lesen, dass Frauen durch die Schmerzen der Geburt besonders abgehärtet sind.

Deutlicher Effekt

Diese neue Information beeinflusste das Schmerzempfinden der Männer deutlich: Beim erneuten Hitzeexperiment, bewerteten die Probanden, die Männer für weniger empfindlich hielten, den Schmerz als deutlich schwächer als am Tag davor. Wer dagegen von der höheren Schmerztoleranz der Frauen gelesen hatte, stufte sich jetzt im Vergleich als schmerzempfindlicher ein. Schon die Aussage "Du bist viel unempfindlicher gegen Schmerzen als andere", kann demnach kleine Wunder bewirken.

Die Wissenschaftler wollen künftig weiter untersuchen, wie weit der Einfluss von Erwartungen beim Menschen gehen kann. Praktisch bedeutsam seien solche Mechanismen nicht nur für Therapien, sondern auch in der psychologischen Forschung: "Auch Wissenschaftler haben bei ihrer Arbeit gewisse Erwartungen. Falls sie die ins Versuchsdesign einfließen lassen und die Probanden – ganz ohne böse Absicht – entsprechend beeinflussen, kann das Ergebnisse verfälschen", schließen sie. (Trends in Cognitive Sciences, in press; doi: 10.1016/j.tics.2016.04.001)
(Julius-Maximilians-Universität Würzburg, 13.05.2016 - DAL)

Montag, 27. Juni 2016

Oxytocin stimmt Männer kritisch.

aus scinexx

Oxytocin: Das Geschlecht macht den Unterschied
Kuschelhormon stimmt Männer kritischer und Frauen positiver
Der Botenstoff Oxytocin kann auf Männer und Frauen sehr unterschiedlich wirken – vor allem wenn es um den ersten Eindruck von neuen Bekanntschaften geht. Wie ein Experiment nun zeigt, lässt das Hormon das weibliche Geschlecht in solchen Situationen verstärkt auf positive Signale eingehen. Die Herren der Schöpfung sind unter Oxytocin-Einfluss hingegen negativer gestimmt – und fühlen sich eher mit Menschen verbunden, die sich kritisch über andere äußern.

Oxytocin gilt als Kuschelhormon mit breitem Wirkspektrum: Der Botenstoff stärkt unter anderem die Paarbeziehung, wirkt als rosa Brille und fördert die emotionale Bindung von Mutter und Kind. Darüber hinaus mischt das Hormon auch beim Orgasmus mit und hilft sogar bei der Bewältigung von Ängsten.

Oxytocin
 erhöht allgemein die Sensitivität für soziale Reize", sagen Wissenschaftler um Shan Gao von der University of Electronic Science and Technology of China in Chengdu. Deshalb spiele der Botenstoff auch eine große Rolle für den ersten Eindruck, den neue Bekanntschaften hinterlassen. Doch dabei wirkt das Hormon bei Männern und Frauen offensichtlich nicht auf die gleiche Weise, wie das Team nun herausgefunden hat.


Der erste Eindruck im Test

Für ihre Studie testeten die Forscher, wie sich der Einfluss von Oxytocin bei beiden Geschlechtern auf die Bewertung fremder Personen und deren Meinungsäußerungen auswirkt. Dafür zeigten sie 80 Studienteilnehmern Fotos von verschiedenen Personen – gemeinsam mit Zitaten, in denen sich diese entweder sehr positiv oder sehr kritisierend und negativ über andere Mitmenschen äußerten. Die Probanden sollten nun angeben, ob ihnen die jeweilige Meinungsäußerung der auf den Fotos gezeigten Personen sympathisch oder unsympathisch war.

Vor Beginn des Versuchs war den Männern und Frauen über ein Nasenspray entweder Oxytocin verabreicht worden oder ein Placebo. Im Magnetresonanztomographen beobachteten die Wissenschaftler, dass das Kuschelhormon bei beiden Geschlechtern die Gehirnaktivität in der Amygdala veränderte: Die für die emotionale Bewertung von Informationen zuständige Struktur war unter dem Einfluss des Botenstoffs deutlich aktiver.

Oxytocin - ein komplexes Hormon mit vielfältiger Wirkung Oxytocin - ein komplexes Hormon mit vielfältiger Wirkung

Frauen mögen’s positiv – und Männer negativ

Allerdings schien sich das Oxytocin bei Männern erstaunlicherweise ganz anders auszuwirken als bei Frauen: Weibliche Probanden reagierten nach einer Dosis des Hormons stärker auf positive Botschaften und empfanden deutlich mehr Sympathie für Personen, die mit lobenden Aussagen verbunden waren.

Bei den Männern steigerte Oxytocin hingegen die Zustimmung zu Fotos, die mit sehr kritischen Meinungsäußerungen in Zusammenhang standen. "Das ist ein überraschender Befund, denn Oxytocin wirkt ansonsten bei Frauen und Männern in vielen Situationen sehr ähnlich", so das Team.

Oxytocin verstärkt Konkurrenzangst

Doch wie erklären sich die Forscher diesen frappierenden Unterschied? Ihnen zufolge kommen bei diesen Ergebnissen zwei unterschiedliche, geschlechtsspezifische Modelle zum Tragen, die in der Wissenschaft schon länger diskutiert werden. Demnach fühlen sich Frauen in sozialen Gruppen eher wohl und betonen stärker die positiven Aspekte.

Männer hingegen fürchten viel mehr die Konkurrenz durch ihre Artgenossen und scheinen deshalb emotional negativer eingestellt zu sein. "Diese Tendenz scheint das Oxytocin zu verstärken", fassen die Wissenschaftler zusammen. "Frauen fühlen sich unter dem Einfluss des Hormons nicht so schnell bedroht wie Männer." (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2016; doi: 10.1073/pnas.1602620113)

(Universität Bonn, 22.06.2016 - DAL)






















aus Die Presse, Wien, 23.06.2016

Oxytocin: Hormon des Vertrauens? Für Männer nicht!
Oxytocin, der Botenstoff, der lang als sozialer Klebstoff par excellence galt, zeigt ein zunehmend differenzierteres Gesicht: Es wirkt geschlechtsspezifisch. Ob auch kulturspezifisch, ist noch nicht erkundet.

von Jürgen Langenbach

Kein Biomolekül hat in den vergangenen Jahren in der öffentlichen Wahrnehmung eine Karriere gemacht wie das, bei dem man 1906 bemerkt hat, dass es beim Gebären hilft. Man nannte es danach, Oxytocin (leicht gebärend), und man merkte bald, dass es auch nach der Geburt hilft, es lässt die Milch fließen.

Das tut es auch bei anderen, die mit Milch füttern, Oxytocin wird von manchen Bauern eingesetzt – in die Euter gespritzt –, wenn Kühe beim Melken nichts geben, damit wird mancherorts solcher Missbrauch getrieben, dass das indische Gesundheitsministerium eben die Polizei auf den ausufernden Schwarzmarkt angesetzt hat, wegen „schädlicher Folgen für Menschen und Tiere“.

Aber was soll es für Schaden bringen, wenn Menschen mehr davon im Leib haben, ist Oxytocin nicht auch der soziale Klebstoff par excellence? 

Es ist nicht nur ein Hormon – bei Geburt und Milchfluss –, es ist auch ein Neurotransmitter: Mit ihm fließt das Vertrauen zwischen Mutter und Kind, das ist unstrittig. Bei allem anderen ist etwas Misstrauen angebracht gegen das, was auch „Hormon des Vertrauens“ genannt wird.

Wie viel Wühlmaus ist der Mensch?

Diesen Ruf hat Oxytocin von zwei Arten von Wühlmäusen in den USA, die einen leben monogam und treu, bei den anderen streifen die Männchen herum. Die haben weniger Oxytocin bzw. Rezeptoren dafür im Gehirn. Irgendein findiger Forscher kam auf die Idee, die Rolle als Neurotransmitter auch bei Menschen zu testen, mit Oxytocin, das als Nasenspray verabreicht wurde. Das brachte einen Tsunami von Erfolgsmeldungen: Oxytocin schuf Vertrauen zwischen Wildfremden, es stärkte die Empathie und den Altruismus.

Viele Studien konnten allerdings nicht repliziert werden, und davon war wenig zu lesen. Zum Thema machten das belgische Forscher, denen es an der eigenen Arbeit auffiel, sie vermuteten einen „publication bias“: Veröffentlicht werde nur das Positive (Journal of Neuroendocrinology 2. 6.). Immerhin, manches kam auch über die dunkleren Seiten des Oxytocin heraus: Es stärkt zwar Vertrauen und Zusammenhalt, aber nur den innerhalb der Gruppe, nach außen macht es betrügerisch und aggressiv.

Und es wirkt je nach Geschlecht ganz anders, das hat sich im Labor von Keith Kendrick (Chengdu) gezeigt: Da ließ man Probanden Fotos von Menschen betrachten, die zugleich durch Äußerungen über andere – lobende, abwertende, neutrale – charakterisiert wurden. Dann kam der Nasenspray: Die weiblichen Testpersonen wandten ihre Aufmerksamkeit (und Empathie) denen zu, die andere gelobt hatten, die Männer konzentrierten sich (und ihre Abneigung) auf die mit abwertenden Äußerungen (Pnas 20. 6.).

Die Forscher deuten das so, dass Frauen die Familie im Inneren hegen und Männer ihre Augen auf Bedrohungen von außen halten. Aber, wer weiß? Die Probanden waren Chinesen: Vielleicht spielen auch Abstammung und Kultur mit beim Wunderhormon.


Nota. -

So: "Demnach fühlen sich Frauen in sozialen Gruppen eher wohl und betonen stärker die positiven Aspekte"

oder so: "Es stärkt zwar Vertrauen und Zusammenhalt, aber nur den innerhalb der Gruppe, nach außen macht es betrügerisch und aggressiv"?
JE



Sonntag, 19. Juni 2016

Jungens haben's schwerer als Mädchen.

aus Der Standard, Wien, 19. Juni 2016

Das verletzliche Geschlecht 
Bei männlichen Föten kommt es öfter zu Frühgeburten oder Komplikationen als bei weiblichen 

von Doris Griesser

Linz – Über 1200 Geburten hat Barbara Schildberger als Hebamme an der Linzer Landes-Frauenklinik geleitet. Dabei sind ihr im Lauf der Jahre bemerkenswerte Unterschiede zwischen Geburten von Buben und Mädchen aufgefallen: "Ich hatte den Eindruck, dass es bei männlichen Föten öfter zu Frühgeburten und Komplikationen kommt", sagt Schildberger, die seit 2010 den Bachelorstudiengang Hebamme an der Fachhochschule Gesundheitsberufe Oberösterreich leitet. 

Nun kann die erfahrene Geburtshelferin ihre Beobachtungen aus der Praxis mit wasserdichten Daten belegen. In Kooperation mit dem Institut für klinische Epidemiologie der Tirol-Kliniken hat sie das dort verankerte gesamtösterreichische Geburtenregister von 2008 bis 2013 durchforstet und für die Geburtshilfe relevante Parameter wie etwa vorzeitige Wehen, medizinische Interventionen während der Geburt oder den Zustand des Kindes unmittelbar nach der Geburt mit dem Geschlecht der Neugeborenen in Beziehung gesetzt.



"Wir hatten für unsere Analyse einen wahren Datenschatz zur Verfügung", sagt Schildberger. "Immerhin wurden für diesen Zeitraum im Register 444.685 stationäre Einlingsgeburten – sowohl Lebend- als auch Totgeburten – inklusive der wichtigsten Geburtsdaten erfasst." Was also verrieten die Daten über die geschlechtsspezifischen Eigenheiten der Föten und Neugeborenen? Schildberger: "Die statistische Auswertung der registrierten Daten zeigte auf, dass es bei männlichen Föten tatsächlich deutlich häufiger zu Frühgeburten kam." 

Mehr männliche Frühchen 

So waren zwischen der 28. und 32. Schwangerschaftswoche 56,3 Prozent der Frühchen männlich, und auch zwischen der 32. und 37. Woche gab es rund zehn Prozent mehr zu früh geborene Buben als Mädchen. Selbst wenn man von den durch Frühgeburten verursachten Maßnahmen absieht, waren bei männlichen Föten mehr geburtshilfliche Eingriffe erforderlich als bei weiblichen. So wurden Buben häufiger durch operative Eingriffe wie zum Beispiel Kaiserschnitt oder mittels Saugglocke geboren. Die Zahl der um den errechneten Geburtstermin totgeborenen Kinder war dagegen gleichmäßig auf beide Geschlechter verteilt.


Unterschiedlich ist wiederum der Allgemeinzustand von männlichen und weiblichen Neugeborenen: Von einer Sauerstoffunterversorgung des Neugeborenen nach der Geburt sind prozentuell mehr Knaben als Mädchen betroffen. "Der klinische Zustand von Neugeborenen und ihre Anpassungsfähigkeit an das Leben außerhalb der Gebärmutter wird standardmäßig mithilfe eines Punkteschemas, des sogenannten Apgar-Score, beurteilt", sagt Schildberger. Hierbei werden die Atmung, die Hautfarbe, die Reflexantwort auf taktile Stimulation, die Herzfrequenz und der Muskeltonus des Kindes überprüft. Die Datenanalyse zeigte, dass die Apgar-Werte bei männlichen Neugeborenen deutlich schlechter waren als bei weiblichen – und das nicht nur bei den Früh-, sondern auch bei den termingerecht geborenen Kindern. 

Folglich mussten auch mehr neugeborene Buben auf eine neonatologische Abteilung verlegt werden. "Obwohl Buben beim Geburtstermin durchschnittlich schwerer sind als Mädchen, weisen psychologische Untersuchungen darauf hin, dass sie in ihrer Entwicklung vier bis sechs Wochen zurückliegen", so die Geburtshelferin. Dabei gehe es etwa um die Fähigkeit des Kindes, die Umwelt wahrzunehmen oder sich beruhigen zu lassen. "Während Mädchen schneller lernen, sich selbst zu beruhigen, brauchen Buben dafür viel länger die Mutter." 

Die Ergebnisse der neuen Untersuchung bestätigen die wenigen Studien, die zum Thema der genderspezifischen Geburtshilfe bislang vorliegen. Angesichts der gegenwärtigen Bemühungen um eine personalisierte und genderspezifische Medizin machen die Daten deutlich, dass auch die geburtshilfliche Betreuung auf einer geschlechtssensiblen Basis erfolgen muss.  

Donnerstag, 9. Juni 2016

Männer kooperieren auf ihre Art.


aus scinexx

Männer und Frauen kooperieren unterschiedlich 
Zusammen zum Erfolg: Wenn Männer ein Problem durch Kooperation lösen sollen, gehen sie an die Aufgabe anders heran als Frauen. Eine Studie zeigt nun, dass sich diese Unterschiede auch im Gehirn ablesen lassen. Während sich die Hirnströme bei gleichgeschlechtlichen Paaren während einer Zusammenarbeit sogar synchronisieren, gelingt das bei unterschiedlichen Geschlechtern nicht. Trotzdem klappt auch die Kooperation zwischen Männern und Frauen gut.

Männer kooperieren anders als Frauen (zwischen Familienmitgliedern, Freunden, Kollegen oder Regierungen: Kooperation gehört wohl zu den wichtigsten Grundbausteinen menschlicher Gesellschaften. Schon Kleinkinder haben einen ausgeprägten Sinn für Zusammenarbeit – und verbünden sich zum Beispiel mit Opfern unfairen Handelns. Doch nicht bei allen Menschen sind die Bereitschaft und das Vermögen zu kooperieren gleich gut ausgeprägt.

Individuelle Unterschiede, aber auch das Geschlecht scheinen das Kooperationsverhalten zu beeinflussen. Studien haben gezeigt: Frauen sind kooperativer, wenn sie von anderen Frauen beobachtet werden – und auch, wenn sie gerade ihre Menstruation hatten. Männer hingegen kooperieren in großen Gruppen besser. In Zusammenarbeit mit einer Frau geben sie sich jedoch weniger kooperativ als das weibliche Gegenüber.*

Kooperationsverhalten im Test 

Warum sich Frauen und Männer in Sachen Kooperation oft so unterschiedlich verhalten, ist bisher unbekannt. Wissenschaftler um Allan Reiss von der Stanford University School of Medicine haben nun untersucht, ob sich die geschlechtsspezifischen Differenzen womöglich am Gehirn ablesen lassen – und tatsächlich Unterschiede entdeckt.

Für ihre Studie teilten die Forscher 222 Probanden in Paare auf, die entweder aus zwei Männern, zwei Frauen oder einem Mann und einer Frau bestanden. Die gemeinsame Aufgabe: Möglichst gleichzeitig auf einen Knopf drücken, wenn ein Kreis auf einem Bildschirm die Farbe wechselte. Insgesamt 40 Versuche hatte jedes Paar, um sich möglichst gut aufeinander abzustimmen. Dabei durften sich die Partner zwar anschauen, aber nicht miteinander sprechen. Sie erfuhren jedoch nach jedem Durchlauf, wer von beiden früher gedrückt hatte und wie groß der zeitliche Abstand war.

Bei diesem Kooperationsspiel beobachteten die Wissenschaftler mithilfe der Nahinfrarotspektroskopie zeitgleich die Gehirnaktivität beider Teilnehmer. "Diese Methode hat den Vorteil, dass die Probanden ganz normal agieren können und nicht wie etwa bei einer Magnetresonanztomografie stillliegen müssen", erklären die Forscher. Der Test komme damit einer natürlichen Situation aus dem normalen Leben näher.

Geschlechtsspezifische Aktivitätsmuster 

Die Ergebnisse zeigten: Im Durchschnitt kooperierten bei den gleichgeschlechtlichen Paaren die Männer besser als die Frauen. Sowohl bei den Mann-Mann als auch bei den Frau-Frau Paarungen offenbarte der Blick ins Gehirn, dass sich die Hirnaktivität der Partner beim Kooperationsversuch in bestimmten Regionen immer mehr annäherte und nahezu synchronisierte.

Der gleiche Takt der Gehirnwellen entpuppte sich als wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Sowohl für Männer als auch für Frauen galt: "Je synchroner die Gehirnaktivität bei den gleichgeschlechtlichen Paaren war, desto besser erfüllten diese die Aufgabe im Test", berichten die Forscher. Allerdings synchronisierten sich die Hirnströme der männlichen Paare in ganz anderen Bereichen als bei den weiblichen: bei den Frauen hauptsächlich im rechten Temporallappen, bei den Männern in einem Teil des Frontallappens.

"Die Aktivitätsmuster von Männern und Frauen unterschieden sich im Test deutlich", schreiben Reiss und seine Kollegen. Das zeigte sich auch bei den Mann-Frau Paaren. Trotz Zusammenarbeit glichen sich bei ihnen die Gehirnmuster nicht an. Überraschenderweise waren sie jedoch trotzdem genauso erfolgreich wie die ausschließlich männlichen Paare.

Der Unterschied liegt im "Wie" 

Die Hintergründe für diese Zusammenhänge wollen die Forscher in Zukunft weiter erforschen. "Die Studie ist sehr explorativ und beleuchtet längst nicht alle Facetten geschlechtsspezifischen Kooperationsverhaltens", gibt Reiss zu bedenken.

Eins sei jedoch sicher: "Es ist nicht so, dass eines der Geschlechter grundsätzlich besser kooperieren könnte als das andere oder dass Männer und Frauen nicht gut zusammenarbeiten können. Der Unterschied liegt einfach darin, wie sie kooperieren", schließt er. (Scientific Reports, 2016; doi: 10.1038/srep26492

(Stanford University Medical Center, 08.06.2016 - DAL)

*) Beachte aber: Grad zuvor hieß es, Männer kooperierten in großen Gruppen besser als in kleinen. Ein Paar ist die kleinstmögliche Gruppe; aber die Hirnströme synchronisieren sich bei gemischten Paaren nicht. Der oberflächliche LeserIn hätte es womöglich so gelesen: In einer 'Beziehung' sind Männer unkooperativ. Es gibt eben nicht nur gerechtes Sprechen, sondern auch ungerechtes Lesen. JE


Nota. - Frauen sind nicht kooperativer als Männer, aber zum Glück traut sich auch kaum noch einE, das zu behaupten. Doch Männer kooperieren in großen Gruppen besser als in kleinen; aber weniger gut, wenn Frauen dabei sind. (Rivalisieren die Gockel um die Gunst der Hühner?) Und am wichtigsten: Für den Erfolg ist der Grad der Kooperation gar nicht so erheblich, wie der Kommunikationskitsch des feministischen Zeitalters noch behauptet hat.
JE




Dienstag, 7. Juni 2016

Warum ist die Männlichkeit antiker Statuen so unerheblich?

Praxiteles, Dionysos, Neapel
aus Süddeutsche.de, 06. Juni 2016 

Nackte Zahlen
Warum haben antike Statuen so winzige Penisse? 
Eine Kunsthistorikerin hat eine Erklärung. Alles deutet darauf hin, dass es zum Revival der bescheidenen Unterleibsausstattung kommt.

Von Till Raether

Die durchschnittliche Penislänge beträgt 7 bis 10 Zentimeter, erigiert 12 bis 16 Zentimeter. Eigentlich genug Spielraum, um zu sagen: Damit komm' ich klar, da find' ich mich wieder, es gibt Wichtigeres im Leben als die paar Zentimeter nach oben oder unten. Aber kulturell gesehen herrscht derzeit das Diktat des großen Penis.

Seit einigen Monaten allerdings sorgt ein Blog-Eintrag der amerikanischen Kunsthistorikerin Ellen Oredsson für Aufsehen. Sie beantwortet in ihrem Blog »How To Talk About Art History« fragen zur Kunstgeschichte, jüngst eben diese: »Warum haben alle alten Statuen so winzige Penisse?«

Schnell wurde ihre Antwort auf diese Frage zum vermutlich meistgeteilten Blogpost über antike Statuen aller Zeiten, denn sie belegt, dass das Primat des großen Penis kein Naturgesetz ist. Sie schreibt: »Heute gelten große Penisse als männlich und wünschenswert, aber alles deutet daraufhin, dass kleine Penisse damals (zur Zeit der alten Griechen und Römer) besser angesehen waren als große.« Sie bezieht sich auf den britischen Althistoriker Kenneth Dover, demzufolge ein kleiner Penis im klassischen Griechenland begehrter war, weil große Penisse mit Dummheit und Lüsternheit in Verbindung gebracht wurden und als hässlich galten. Als Beispiel nennt Oredsson den griechischen Fruchtbarkeitsgott Priapus, der auf Statuen stets mit einem riesigen Gemächt dargestellt wurde, ein Anblick, der den anderen Göttern dermaßen auf ... ging, dass sie Priapus vom Olymp warfen.

»Der ideale Grieche war rational, intellektuell und respekteinflößend«, schreibt Oredsson. »Natürlich mag er auch viel Sex gehabt haben, aber das hatte nichts mit seiner Penisgröße zu tun; sein kleiner Penis erlaubte ihm jedoch, kühl und logisch zu bleiben.« Klassische griechische Dichter wie Aristophanes machten sich über große Penisse lustig, und die Römer und später dann die an der Antike orientierten Renaissance-Künstler übernahmen die Begeisterung für vergleichsweise kleine Gliede.

Ins gegenwärtige kulturellen Klima der männlichen Besinnung auf alte Werte (Bärte, zähflüssiges Bier, Ukulele, Udo Lindenberg usw.) würde nichts besser passen als ein Revival des kleinen Penis: was für antike Griechen und Römer erstrebenswert war, ist für den werteorientierten, traditionsbewussten Großstadtklassiker von heute gerade gut bzw. klein genug.

Diese nicht mehr aufzuhaltende Entwicklung dürfte allerdings für Unruhe sorgen, insbesondere im Interessenverband der internationalen Spamversender, einem Zusammenschluss mehrerer Milliarden mittelständischer Spambots, die pro Jahr über 60 Billionen Spamnachrichten an sorgfältig ausgewählte Adressaten versenden. Nach konservativen Schätzungen verspricht etwa jede zehnte dieser Nachrichten das legendäre »Penis Enlargement«, auch bekannt als »Now you too can have a bigger dick« oder auch »Groß Penisvergroß Penis Viagra XXX«.

Insider wollen wissen, dass bereits mehrere große Agenturen für Krisenkommunikation mit der Aufgabe betraut sind, dass PR-Desaster der Spamversender in den Griff zu bekommen. »Hier hilft nur Offenheit«, sagen Branchenkenner. Geleakte Formschreiben an alle, die in der Vergangenheit »Penis-Enlargement«-Spam erhalten haben (ca. 3,5 Milliarden Personen weltweit), beginnen daher auch mit authentischem Bedauern: »Es ist immer unser Ziel gewesen, Sie, liebe Spamempfänger, mit dem besten Spam aus allen fünf Kontinenten zu versorgen. Wir sind diesem unserem Anspruch nicht gerecht geworden, und das bedauern wir zutiefst. Wir haben Sie falsch informiert. Statt Penis Enlargement möchten wir Ihnen selbstverständlich einen modernen, kühlen, logischen kleinen Penis anbieten. Klicken Sie hier.«

Es werden hohe Kosten für die Branche erwartet, da vermutlich alle ca. 3.000 Billionen Penis-Enlargement-Mails der vergangenen zwanzig Jahre zurückgerufen werden müssen. Betroffenen soll möglichst schnell und unbürokratisch geholfen werden, sie müssen lediglich die ihnen irrtümlich zugestellten Penisvergrößerungsmails an den jeweiligen Absender zurückschicken und werden dann umgehend und ununterbrochen sehr günstige Penisverkleinerungsangebote erhalten. 


Nota. - Er vergisst, der Spießer: Die alten Griechen waren Knabenfreunde, wen wunderts, wenn sie auch an dieser empfindlichen Stelle das Knabenhafte bevorzugten? Apoll, Dionysos und Hermes wurden nur so dargestellt. Und Haare waren ihnen grauslich. Zeus, Ares und Poseidon wurden diesbezüglich schamhaft kleingehalten. 
JE