Dienstag, 19. Dezember 2017

Schon andrer Meinung sein ist mikroaggressiv.



Es fängt damit an, dass man dem gewaltbereiten Gender angehört - obwohl man beizeiten ein anderes* hätte wählen können.




Sonntag, 17. Dezember 2017

Mich auch.


Tanzender Faun

Unter der Überschrift Dein Mann, das Schwein kommentiert Pascal Bruckner heute in der Neuen Zürcher die aktuelle Kampagen MeToo.

... Trotzdem wirft dieses Erdbeben Fragen auf. Schon das Hashtag «Balance ton porc» (Verpfeif dein Schwein) ist problematisch, zumindest auf Französisch. Die Formel lädt ein, das Schweigen zu brechen – und macht zugleich alle Männer zu Schweinen. Zurzeit besteht die Gefahr, dass fast jede Anklage einer Frau gegen einen Aggressor ohne nähere Überprüfung für wahr gehalten wird. Es geht rasch, und schon zeigt man mit dem Finger auf Politiker oder andere Persönlichkeiten und liefert sie der öffentlichen Vergeltung aus, als Objekte privater Rache.

Doch die öffentliche Meinung darf nicht zum Gericht werden, das die Justiz ersetzt. Die Justiz gesteht Angeklagten Anwälte zu und bietet ihnen Gelegenheit, sich zu verteidigen. Gerade in der aufgeheizten Stimmung, die zurzeit herrscht, kann nicht dezidiert genug auf das oberste Prinzip des modernen Strafprozesses hingewiesen werden: die Unschuldsvermutung.

Besorgniserregend ist allerdings auch das Bestreben der französischen Regierung, selbst harmlose kleine Belästigungen auf der Strasse scharf zu ahnden – ein junger Mann, der einer Frau nachpfeift oder sie mit einer saloppen Bemerkung anmacht. Man kann nun einmal nicht hinter jeden Bürger einen Polizisten stellen. Der Wunsch, «sexistische Verachtung» als Straftatbestand zu definieren, ist schlicht nicht praktikabel. Und vor allem nimmt man damit in Kauf, dass sich die Dinge entwickeln wie im angelsächsischen Bereich, wo Sexualität zunehmend einer strengen Formalisierung unterworfen ist.

An verschiedenen amerikanischen Universitäten müssen sexuelle Beziehungen längst vertraglich geregelt werden, Geste für Geste. Paare, die eine Liebesbeziehung eingehen wollen, halten ihren Willen dazu auf der «Yes to Sex»-App ihres Smartphones fest. Und im Grunde muss die Zustimmung bei jedem Kontakt erneuert werden. Denn ein Ja am Montag gilt vielleicht am Mittwoch oder am Freitag nicht mehr.

Was erlaubt und was nicht erlaubt ist, wird so exakt wie möglich definiert, selbstverständlich unter Androhung von Strafen bei Zuwiderhandlung. Das bedeutet: Es gibt keinen Raum mehr für Improvisation. Das Spiel der Liebe und des erotischen Begehrens kann sich gar nicht mehr frei entfalten, wenn alles bis ins Detail festgelegt ist. Das ist als Waffe gegen sexuelle Unterdrückung gedacht. Dahinter steckt der Traum einer Gesellschaft, die sich auf der Grundlage des Rechts vollkommen neu erschafft und formt, und zwar bis ins kleinste Detail. Das Bild einer Gesellschaft, die ein für alle Mal bricht mit der Tradition und mit den Machtverhältnissen, die durch Jahrhunderte der Unterwerfung sanktioniert sind.

Nur, das Recht ist nicht überall am richtigen Ort. Und es gibt Bereiche, für die es nicht einmal wirklich zuständig ist. Es ist mehr als problematisch, wenn das Recht Bereiche regeln soll, die so flüchtig sind wie Leidenschaften und Gefühle. Liebe verlangt nun einmal nach Vertrauen, nach gegenseitigem Wohlwollen. Erst dieses schafft eine Grundlage für das, was das Verhältnis zwischen Liebenden eigentlich ausmacht: das Spiel, das gegenseitige Sich-Entdecken, Hingabe, die Erfindung von Regeln, die nur für die Liebenden gelten.

Feministinnen rufen zu Recht in Erinnerung, dass Freiwilligkeit und Einverständnis absolute Werte sind. Ein Nein ist ein Nein. Natürlich. Aber das zwängt Liebe in das strenge Korsett von Ja und Nein. Es trägt dem Zögern nicht Rechnung, dem Sowohl-als-auch. Es verkennt die Bedeutung des «Vielleicht», das verführerisch zwischen Zustimmung und Zurückweisung schwankt, es lässt ausser Acht, dass sich das Begehren über verzweigte Pfade Bahn bricht, dass die Lust das Zweideutige liebt, die Unsicherheit. Und dass man sich seiner Wünsche oft gar nicht sicher ist, bevor man sie umgesetzt hat.

Auf jemandem, den man liebt, zu bestehen, auf ihn zu warten, ihn mit zärtlicher Aufmerksamkeit zu umgarnen – das ist keine Belästigung, sondern liebende Beharrlichkeit. Zu verlangen, dass jeder im Voraus genau plant, was er tut, heisst, vom naiven Glauben beherrscht zu sein, man sei sich über sein Verlangen jederzeit im Klaren und könne es programmieren wie einen Computer. Klar, einer Umarmung muss das Einverständnis des Partners oder der Partnerin vorausgehen. Aber das selige Glück, das wir in der Sinnlichkeit erleben, liegt nicht zuletzt darin, dass wir alle Regeln vergessen dürfen, dass wir mit den Regeln spielen, dass wir sie unterwandern. Eros muss ein Kind der Phantasie bleiben, sonst verkümmert er. ...


Nota. - Da kann mann schon mächtig froh sein, dasss sich inzwischen wieder wer* traut, sowas in aller Öffentlichkeit zu schreiben. Er hielt es nicht einmal für nötig, ein weibliches Pseudonym zu wählen. Fürchtet er nicht den* Shitstorm? Ach nein, da gleicht einer dem andern, doch weil sie* längst heiser sind, klingt er schon lange nicht mehr so schrill. Tritt dem- nächst wohl wieder Normalität ein? 

Das hat seine eigene Ironie: Wir danken es den Trump&Co., die sind so dickfällig, dass alles Kreischen an ihnen abprallt. Da haben auch wir Normalmachos was von. Es hat eben alles zwei Seiten.
JE



Dienstag, 12. Dezember 2017

Es hat eben alles zwei Seiten - der Populismus auch

aus Tagesspiegel.de, 12. 12. 2017

"Köln" und die Folgen  

Toxischer Feminismus
Sexualisierte Gewalt von Migranten: Wie sich nach „Köln“ feministische Ziele mit Rassismus verbanden, analysieren die Geschlechterforscherinnen Sabine Hark und Paula Villa in einem neuen Essay.
 


„Frauen klagen an“, titelte der „Focus“ zu den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht 2015 und fragte: „Nach den Sex-Attacken von Migranten: Sind wir noch tolerant oder schon blind?“ Das Titelbild zeigte eine nackte weiße, blonde Frau, auf ihrem Körper schwarze Handabdrücke. Ähnlich sah das Titelbild der „SZ“ aus: Eine stilisierte schwarze Hand greift zwischen zwei weiße Frauenbeine. Der Text dazu lautete: „Viele Muslime können nicht entspannt dem anderen Geschlecht begegnen. Das sind jedesmal hochsexualisierte Situationen. Auch das ist der Boden für den Exzess von Köln.“

Die Kölner Silvesternacht markierte das Ende der deutschen „Willkommenskultur“. „,Nach Köln‘ ist wie ein Eintrag in den Kalender, der die Zeit danach – und womöglich auch davor – neu rahmt“, schreiben die beiden Soziologinnen und Genderforscherinnen Sabine Hark und Paula-Irene Villa in ihrem Essay „Unterscheiden und herrschen“.

Große Gruppen von arabischen Männern nutzen eine Silvesternacht in Deutschland, um Passantinnen „anzutanzen“, zu beklauen, zu begrapschen und zu vergewaltigen: Unter diesen Umständen stellt Harks und Villas Essay auf den ersten Blick eine Zumutung dar. Denn im Mittelpunkt steht bei ihnen nicht die Kritik an den brutalen Tätern auf der Domplatte und die Suche nach ihren Motiven, die auch in die speziellen sexistischen Kulturen ihrer Heimatländer führen könnte. Vielmehr hinterfragen sie die „affektiven Reflexe“ der empörten Gesellschaft.

Kurzschlüsse in den Diskussionen über "die Muslime"

Allerdings zeigen Hark und Villa überzeugend, wie es in den Diskussionen über „die Muslime“ und „den arabischen Mann“ zu Kurzschlüssen kommt, zu Verallgemeinerungen, mittels derer Herkunft, Religion, Gewalt, Geschlecht und feministische Anliegen zu einer einfachen Erklärung verbunden werden. Eigenschaften werden zugeschrieben und totalisiert. Sie werden zu „sozialen Verdikten“. So sei „Köln“ zu einem „Knotenpunkt“ geworden, der die Bedeutung der Ereignisse fixiere, das Soziale stilllege und „unser Handeln, Meinen, Denken und Fühlen“ organisiere. Wer heute „Köln“ sagt, muss nicht mehr viel hinzufügen.

Im dabei behaupteten „Wir-sie-Gegensatz“ spielt Sexualität eine hervorgehobene Rolle, wie in Diskursen über „Rasse“ schon immer, schreiben Hark und Villa. Der „andere“ ist demnach nicht in der Lage, sein sexuelles Begehren zu zügeln. Damit bildet er den Gegenpol zum aufgeklärten und zivilisierten europäischen Subjekt. Entsprechend entwerfen die öffentlichen Diskurse über „Köln“ in Medien und sozialen Netzwerken „den gefährlichen, zu Triebkontrolle unfähigen arabischen beziehungsweise muslimischen männlichen Flüchtling“, einen wilden Barbar, der in einen „Ort der vollendeten Emanzipation“ eindringt und die zu beschützenden einheimischen weißen Frauen angreift.

Auch Alice Schwarzer tut sich mit Verallgemeinerungen hervor

Sexismus wird in diesem Narrativ nicht als gesellschaftliche Struktur gesehen, die zwar in kulturell spezifischer Weise auftritt, aber als Form „männlicher Herrschaft“ (Pierre Bourdieu) weltweit existiert, stellen Hark und Villa fest. Stattdessen wird Sexismus zu einer „vermeintlich natürlichen Eigenschaft von Muslimen beziehungsweise Arabern“ erklärt. Und berücksichtigen Journalisten kulturelle Faktoren, interpretieren sie die Ereignisse kurzerhand verallgemeinernd als Effekt „islamischer Sozialisation“ (Harald Martenstein) – obwohl dies auch ohne die jüngste Sexismusdebatte rund um den US-Filmproduzenten Harvey Weinstein sehr offenkundig unhaltbar ist. 

Das könnte niemand so gut wissen wie Alice Schwarzer. Doch auch sie tut sich nach „Köln“ immer wieder durch Verallgemeinerungen über „die Muslime“ hervor, kritisieren Hark und Villa: „Kaum ein Text, in dem sie nicht unterstellt, dass Migrant*innen erst lernen müssten, ,Demokratie und Gleichberechtigung‘ zu respektieren.“ Schwarzer pflege einen rassistischen „Femonationalismus“.

Welche Besonderheiten innerhalb des weltweiten Sexismus sexistische Praktiken in islamisch geprägten Zusammenhängen aufweisen, habe angesichts der herrschenden Stimmung kaum thematisiert werden können, ohne Gefahr zu laufen, rassistisch vereinnahmt zu werden, stellen Hark und Villa fest.

Ein Dilemma für den Feminismus

Für den Feminismus, der sexualisierte Gewalt anprangern will, „gleich wer sie verübt und wem sie widerfährt“, ist das ein Dilemma. Sie zitieren die rechtskatholische Publizistin Birgit Kelle, die schon vier Tage nach den Übergriffen in Köln hämisch fragte, wo denn der „Aufschrei“ der Feministinnen bleibe – und selbst die Antwort gab: „Der Grund ist einfach: Es waren wohl die falschen Täter“, nämlich Migranten.

Haben Feministinnen und Feministen bei „Köln“ nur die Wahl zwischen Rassismus oder Relativismus? Hark und Villa beharren auf wissenschaftlichen (und journalistischen) Tugenden. Den affektiven Reflexen sei skeptisch zu begegnen: „Im Zweifel für den Zweifel“, schreiben sie. Wenn es um Sexismus gehe, müsse genau analysiert werden, wie sich die Konstanten männlicher Herrschaft jeweils mit kulturellen, religiösen und sozialen Strukturen und Dynamiken verbinden. Es müsse möglich sein, über Besonderheiten und Zusammenhänge so zu sprechen, „dass Differenzen benannt und ernst genommen, aber nicht verabsolutiert werden“. Unterschiede dürften nicht zu Herrschaftsinstrumenten werden. Und sie zitieren Adorno, dem zufolge das „wahre Unrecht eigentlich immer genau an der Stelle sitzt, an der man sich selber blind ins Recht und das andere ins Unrecht setzt“.

Deutschland entdeckt sich als feministische Nation

Hingegen dient „Köln“ in Deutschland vielen zur Selbstaffirmation. Selbstgefällig wird es als Mutterland der Aufklärung inszeniert, deren Licht die muslimische Welt wohl nie erleuchten wird. Auch entdeckt Deutschland sich quasi über Nacht als feministische Nation. Sexualisierte Gewalt ist nun, da Migranten sie ausgeübt haben, ein Skandal, wie nicht nur die zügige Änderung des Sexualstrafrechts zeigt, die Feministinnen jahrelang vergeblich gefordert hatten. Den nach „Köln“ erblühenden Feminismus, der die sexualisierte Gewalt „auf die Seite der Fremden, der anderen, der Nicht-zu-uns-Gehörenden“ verbannt, nennen Hark und Villa einen „toxischen Feminismus“.

Die Cover der „SZ“ und des „Focus“ bringen die Stoßrichtung der öffentlichen Debatte ins Bild: Der weiße Frauenkörper soll „verkörpern“, erklären Hark und Villa: die Nation, die Natur, die Tugend, die Reinheit, die Fruchtbarkeit, die Schwäche, die Verführung. So wird er zum Symbol für das von wilden fremden Männerscharen bedrängte Europa. Dass Frauen tatsächlich nicht blond, weiß und schlank im Singular auftreten, sondern in Vielfalt, dass auf der Domplatte auch muslimische Frauen mit Migrationshintergrund Opfer geworden sein können und dass es sich bei den zugewanderten „anderen“ keineswegs nur um Männer handelt, wird unsichtbar gemacht.

Die Nacktheit der Frau auf dem „Focus“-Cover unterstreicht ihre Verletzlichkeit gegenüber den Angreifern. Nacktheit steht dabei aber auch für die Freiheit des Westens. Tatsächlich gehört das Recht, sich des eigenen Körpers zu ermächtigen, das Recht auf sexuelle Freiheit, das Recht, über die eigene Sichtbarkeit zu entscheiden, zur Moderne, schreiben Hark und Villa. Dafür hätten Emanzipationsbewegungen gestritten, nicht zuletzt der Feminismus. Doch der Zugewinn an Freiheit sei erkauft worden durch eine „mindestens problematische Sexualisierung“ von Frauen: Für Frauen gelte nun „ein moderner Sexualisierungszwang“.

Runter mit dem Burkini: Nacktheit als Pflicht

Dieser trete auf als Zwang zur sexuellen Verfügbarkeit, als Orgasmuszwang, als „Reduktion von Frauen zu Objekten der Lust von Männern, als andauernde Dethematisierung des Zusammenhangs von Macht, Sexualität und Gewalt“. Erst durch „(Hetero-)Sexualisierung“ würden weibliche Körper zu „richtigen weiblichen Körpern“, wie sich zum Beispiel unschwer an der öffentlichen Inszenierung von Leistungssportlerinnen nachvollziehen lasse. Man denkt dabei etwa an die Vorschriften des Volleyball-Weltverbands, die Frauen im Beachvolleyball bis 2012 nur knappe Bikinihosen erlaubten. „Im Namen der Freiheit. Zieh dich aus!“, lautet die Devise, wie Hark und Villa erklären.

Nacktheit am Strand kann zur weiblichen Pflicht werden – das zeigt auch das berühmte Foto vom August 2016: Offenbar zwingen französische Polizisten eine Frau, ihren Burkini abzulegen, „sich für alle hinreichend nackig zu machen“. Die Sexualisierung von Frauenkörpern im Westen durch das Gebot der Nacktheit steht die Sexualisierung von Frauenkörpern durch das Gebot der Verhüllung gegenüber, das sich in verschiedenen Kulturen und Religionen durch Bekleidungsvorschriften äußert, auch im Islam, wie Hark und Villa schreiben.

Der "SZ"-Chefredakteur entschuldigte sich

„SZ“-Chefredakteur Wolfgang Krach entschuldigte sich nach Leserprotesten für die Illustration nach der Silvesternacht: „Sie bedient stereotype Bilder vom ,schwarzen Mann‘, der einen ,weißen Frauenkörper‘ bedrängt“, schrieb er, „und kann so verstanden werden, als würden Frauen zum Körper verdinglicht und als habe sexuelle Gewalt mit Hautfarbe zu tun.“ Zum Emblem eben dafür wurde „Köln“ trotzdem.
 
Sabine Hark und Paula-Irene Villa: „Unterscheiden und herrschen. Ein Essay zu den ambivalenten Verflechtungen von Rassismus, Sexismus und Feminismus in der Gegenwart“. Transcript Verlag, 176 Seiten, 19,99 Euro. – Am morgigen Mittwoch diskutieren Paula-Irene Villa und Sabine Hark mit Maisha Auma (Humboldt-Universität) um 19 Uhr öffentlich in der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin in der Sc


Nota. - Ein Organismus, der an der einen Stelle ersteinmal mit populistischer Demagogie infiziert ist, tut sich schwer, an der andern Stelle zu sagen "Nein, hier nicht", und die erforderlichen Antikörper zu mobilisieren. "Köln", das sind 'die Muslime' - da nehmen die Genderforscher*innen Abstand von. Ob ihnen bei Harvey Weinstein der antisemitische Oberton ('ungezügelte Begierde') im Ohr geklingelt hat, oder fanden sie es klüger, ihn zu überhören? 

Ach, wo wir schonmal dabei sind: Männer sind so. 
JE


Freitag, 1. Dezember 2017

Starke Frauen - in der Jungsteinzeit.



aus Spiegel-Online,

Frauen in der Jungsteinzeit hatten im Schnitt trainiertere Oberarme als heutige, ambitionierte Ruderinnen. Das ergab eine Vergleichsstudie zwischen rund 7200 Jahre alten Knochen aus Skelettfunden und der heutigen Frauen-Rudermannschaft der Universität Cambridge.

In den ersten 5500 Jahren, nachdem die Menschen sesshaft geworden waren, arbeiteten Frauen intensiv in der Landwirtschaft und waren besonders stark, wie die Forscher um Alison Macintosh von der Universität Cambridge im Fachmagazin "Science Advances" schreiben. Auch blutige Fehden sind aus dieser Zeit bekannt, die auch vor Frauen nicht Halt machten.

Die Jungsteinzeit stellt den Übergang der Menschen zur Sesshaftigkeit dar. Die Forscher untersuchten sowohl Schienbein- als auch Oberarmknochen. Beide Knochenarten passen sich bei Belastungen an, so ändert sich zum Beispiel mit körperlicher Anstrengung die Form und Dichte der Knochen. Die Forscher verglichen die alten Knochen mit Analysen von heute lebenden britischen Frauen.

Die Oberarmknochen der Frauen aus der Jungsteinzeit waren zwischen 11 und 16 Prozent stärker als die von Ruderinnen, die seit Jahren bis zu 21 Stunden die Woche trainieren. Das Ruderteam von Cambridge tritt einmal im Jahr gegen das Team der Universität Oxford auf der Themse an. In diesem Jahr gewannen die Ruderinnen aus Cambridge und stellten einen neuen Streckenrekord auf.

Pflügen, Melken, Kornmahlen

Im Vergleich zu durchschnittlichen Studentinnen waren die Frauen der Jungsteinzeit sogar bis zu dreißig Prozent stärker. Bei den Beinknochen fanden die Forscher Hinweise darauf, dass Frauen der damaligen Zeit wahrscheinlich sehr unterschiedliche Aufgaben übernahmen. Denn einige der frühen Frauen hatten sehr starke, andere sehr schwache Beinknochen. Im Durchschnitt waren die Beine weit weniger belastet als die Arme. Heutige Fußballerinnen oder Langstreckenläuferinnen haben der Studie zufolge im Vergleich stärkere Beinknochen als frühe Frauen.

Die Forscher um Macintosh glauben, dass die damaligen Frauen mit der Sesshaftigkeit Aufgaben übernommen haben, die besonders auf die Oberarme gehen. So zum Beispiel stundenlanges Pflügen der Felder, Melken oder das Kornmahlen zwischen Steinen. "Die Ergebnisse zeigen, dass für Tausende von Jahren die harte Handarbeit der Frauen eine entscheidende Triebkraft der frühen Landwirtschaft war", so Mitautor Jay Stock.

Bisherige Untersuchungen hatten die Knochenstruktur prähistorischer Frauen nur im Vergleich mit Männern untersucht. Deren Knochen reagieren allerdings grundsätzlich stärker auf Belastungen, was den Vergleich erschwert. Bei den frühen Männern traten laut früheren Studien Knochenveränderungen insbesondere beim Übergang zu neuen Jagdtechniken auf. Etwa als die Menschen nicht mehr mit Steinen oder Speeren warfen, sondern mit Pfeil und Bogen schossen.

Auch die Auswirkungen der Sesshaftigkeit sind bei frühen Männern erforscht. So waren die Beinknochen von Männern der Jungsteinzeit vergleichbar mit denen heutiger Cross-Läufer. Mit der Ausweitung der Sesshaftigkeit glich sich die Knochenstruktur an die von heutigen Durchschnittsmännern an.
chs/dpa


Nota. - Dass Frauen kindliche morphologische Eigenschaften - fein, weich, glatt, zart - zugeschrieben werden (können), ist anscheinend ein Merkmal höherer Zivilisationen.
JE