Mittwoch, 30. Dezember 2015

Die Unterdrückung der Frau.

bz

Das Zurückdrängen des Weiblichen während des Aufkommens der bürgerlichen Gesellschaft war ein Erfordernis des Fort-schritts. Es galt festzusetzen, dass nunmehr Tat sachen mehr zählen sollten als Wortgeplätscher.

Dieser Sieg ist nie für alle Zeiten, er muss immer wieder mal erneuert werden. Jetzt zum Beispiel.








Dienstag, 29. Dezember 2015

Ubiquitäres Schwatzen.


Die Machtergreifung des Weiblichen im Lauf des vergangenen halben Jahrhunderts ist sinnfällig – sinnlich erlebbar für jedermanns Ohren – in der Allgegenwart des Schwatzens in der modernen Welt.

Mädchen sind in der Schule besser als Jungen, sie sind sprachlich begabter? Sie schwatzen mehr, und seit einigen Jahrzehnten ist das gesellschaftlich erwünschter als früher.




Sonntag, 27. Dezember 2015

Doch in der Kirche soll sie schweigen.


n-tv

Mulier taceat in ecclesiam heißt es bei Paulus; die Frau soll in der Kirche schweigen.

Als die römische Hierarchie sich zu einer weltlichen Macht und zu einem Grundpfeiler der feudalen Ordnung ausbaute, übersetzte sie das so, als dass Frauen in ihrer Kirche nichts zu sagen hätten.

Dabei meinte Paulus nur, wenigstens während der Hl. Messe solln sie nicht plappern.



Donnerstag, 17. Dezember 2015

Als Gott den Mann schuf...


H. Füssli

...übte er noch; und als der zweite Versuch dann vollends danebenging, hat er von der Sache Abstand genommen.

Seither müssen wir uns selber zurechtfinden.






Dienstag, 8. Dezember 2015

Aber warum haben Männer die bessere Orientierung?

Eine Twe-Frau beim Test der räumlichen Vorstellung
aus scinexx                                                                                     Eine Twe-Frau beim Test der räumlichen Vorstellung

Warum haben Männer oft die bessere Orientierung?
Forscher finden möglichen Grund dafür bei zwei Naturvölkern
Warum haben Männer meist eine bessere räumliche Orientierung als Frauen? Eine Expedition zu zwei Naturvölkern in Namibia liefert eine mögliche Antwort: Die Männer, die die bessere räumliche Vorstellung haben, kommen bei diesen Völkern auch weiter herum – und zeugen daher auch mehr Kinder mit verschiedenen Frauen. Das könnte auch bei unseren Vorfahren so gewesen sein – und den Geschlechtsunterschied bei dieser Fähigkeit erklären, so die Forscher.

Ob beim Computerspiel Tetris, dem Packen eines Kofferraums oder der Orientierung im Gelände: Studien zeigen, dass Männer im Durchschnitt ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen besitzen als Frauen – und das über alle Kulturen hinweg. "Unter den Geschlechtsunterschieden, die man immer wieder in psychologischen Studien findet, sind die räumliche Vorstellung und die Orientierung besonders stark ausgeprägt, bei beiden schneiden Männer besser ab", erklärt Studienleiter Layne Vashro von der University of Utah in Salt Lake City.

Warum hatten Männer mehr Vorteile davon?

Warum das so ist, dazu gibt es schon länger eine Theorie: "Man benötigt einen guten Orientierungssinn, um erfolgreich zu navigieren und das wiederum ist nötig, damit man weite Strecken auch in unbekanntem Gelände zurücklegen kann", erklärt Vashros Kollegin Elizabeth Cashdan. "Die große Frage ist aber, warum das für Männer einen größeren Vorteil haben soll als für Frauen."

Eine Möglichkeit wäre, dass Männer, die weit herumkommen, mehr Chancen hatten, eine Partnerin zu finden und deshalb auch mehr Nachwuchs zeugten. Oder aber dass Jäger, die auch von fern mit Beute zurückfinden, bei den Frauen besser ankamen. Handfeste Belege gibt es jedoch bisher für diese Kette der möglichen Zusammenhänge kaum, wie die Forscher berichten. Sie haben daher die Chance genutzt, dies bei zwei Naturvölkern in Namibia, den Twe und den Tjimba, zu untersuchen.

Die Männer der Twe und Tjimba, die am weitesten herumgekommen waren, hatten auch die meisten Kinder gezeugt.
Die Männer der Twe und Tjimba, die am weitesten herumgekommen waren, hatten auch die meisten Kinder gezeugt.

Besuch bei den Twe und Tjimba

Beide Naturvölker leben halbnomadisch in einer halbtrockenen, bergigen Umwelt. In der Regenzeit bestellen sie Gärten in den Tälern, in der Trockenzeit leben sie in Camps in den Bergen, wo sie sammeln und jagen. "Sie navigieren dabei zu Fuß durch offenes Gelände, wie es viele unserer Vorfahren taten", sagt Vashro. Ein weiterer günstiger Umstand: Affairen und Kinder von verschiedenen Männern oder Frauen sind in diesen Kulturen völlig normal und akzeptiert.

Für ihre Studie testeten die Forscher zunächst, wie gut das räumliche Vorstellungsvermögen bei den Männern und Frauen der Twe und Tjimba ist. Dafür zeigten sie ihnen am Laptop beispielsweise verschieden gedrehte Bilder einer Hand und die Probanden sollten angeben, ob eine rechte oder linke Hand dargestellt war. In einem weiteren Test sollten die Teilnehmer angeben, welches gekippte Glas dem Wasserstand eines stehenden entsprach.

Besser im Test - weiter gewandert

In beiden Tests schnitten die Männer besser ab – was dem typischen Ergebnis für solche Tests entspricht, wie die Forscher berichten. Interessant wurde es, als die Forscher nun ihre Probanden danach fragten, wie viele andere Orte sie im vergangenen Jahr besucht hatten und wie weit sie sich dabei maximal von ihrem Lager entfernt hatten. Wie erwartet waren die Männer weiter herumgekommen als die Frauen.

Aber: Die Männer, die zuvor bei den Rotationstests besonders gut abgeschnitten hatten, waren deutlich weiter herumgekommen als ihre räumlich weniger begabten Geschlechtsgenossen. "Damit haben wir nun den Zusammenhang zwischen dem räumlichen Vorstellungsvermögen und der Größe des Einzugsgebiets hergestellt", sagt Vashro.

Wer weiter herumkommt, hat mehr Kinder

Und auch den nächsten Schritt in der Kette konnten die Forscher nachweisen: Die Männer, die am weitesten gewandert waren, hatten auch mehr Kinder von verschiedenen Frauen – genau das, was man erwarten würde, wenn die Theorie stimmt. "Das ist genau das was an erwarten würde, wenn Sex und Nachkommen die Belohnung für bessere Orientierung und weitere Reisen sind", konstatiert Vashro.

"Damit ist dies das erste Mal, dass jemand die Verbindung belegt hat zwischen räumlichem Vorstellungsvermögen, Navigation, Gebietsgröße und dem Fortpflanzungserfolg." Der größere Erfolg guter Navigatoren bei der Partnerwahl und Fortpflanzung könnte demnach tatsächlich eine der Triebkräfte gewesen sein, die im Laufe der Zeit Männern ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen bescherten als Frauen. (Evolution and Human Behavior, 2014)

(University of Utah, 17.11.2014 - NPO)

Montag, 7. Dezember 2015

Er weiß, wo's langgeht.

aus scinexx

Männer haben den besseren Richtungssinn
Eine Testosteron-Gabe fördert jedoch auch bei Frauen die Orientierung
Rechts, links oder geradeaus? Männer und Frauen orientieren sich auf unterschiedliche Weise: Männer haben den besseren Sinn für Richtungen, Frauen finden sich besser vor Ort zurecht. Entscheidend dafür ist offenbar das Geschlechtshormon Testosteron, wie ein Experiment nun belegt: Erhalten Frauen zusätzliches Testosteron, aktiviert dieses auch bei ihnen die Hirnregion, die den Sinn für die vier Himmelsrichtungen kontrolliert.

Das Gehirn von Männern und Frauen unterscheidet sich nicht grundsätzlich, wie eine Studie erst kürzlich gezeigt hat. Allerdings nutzen beide Geschlechter das Gehirn in einigen Situationen unterschiedlich. So gilt es beispielsweise als erwiesen, dass Männer im Schnitt einen besseren Orientierungssinn haben als Frauen – auch über unterschiedliche Kulturen hinweg. Wissenschaftler um Carl Pintzka von der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens in Trondheim haben die Unterschiede bei der Orientierung nun genauer untersucht.

Stärkerer Richtungssinn bei Männern

In einem ersten Schritt ließen sie dazu 18 Männer und 18 Frauen verschiedene Navigationsaufgaben lösen. Mit einer 3D-Brille erkundeten die Teilnehmer zunächst ein virtuelles Labyrinth. Anschließend versuchten sie, innerhalb von 30 Sekunden Aufträge wie "Finden Sie das gelbe Auto" zu lösen. Dieses Experiment bestätigte zunächst, dass Männer sich in der Tat besser in den vier Himmelsrichtungen orientieren können: Die männlichen Teilnehmer lösten im Schnitt 50 Prozent mehr Aufgaben als die Frauen.

Mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) fanden die Forscher außerdem heraus, dass Männer und Frauen zum Teil unterschiedliche Hirnregionen nutzen, um sich zu orientieren. Bei Männern ist demnach während der Navigation im Labyrinth der Hippocampus aktiver. Dieser Hirnbereich dient unter anderem der Orientierung in den vier Himmelsrichtungen. Frauen nutzten dagegen verstärkt Hirnareale im Frontalbereich.


Navigationsaufgaben im Labyrinth: Blau sind die Routen der Frauen, rot die von den Männern gewählten Wege.

"Frauen finden Dinge im Haus, Männer finden das Haus"

"In früheren Zeiten waren die Männer Jäger und die Frauen Sammler", sagt Erstautor Pintzka. "Unsere Gehirne entwickelten sich daher wahrscheinlich unterschiedlich." Dies deckt sich mit früheren Studienergebnissen, nach denen Frauen schneller als Männer Gegenstände in einem lokal begrenzten Gebiet auffinden. "Frauen finden schneller Dinge im Haus, Männer finden das Haus schneller", verdeutlicht Pintzka.

In einem Folgeexperiment untersuchten die Forscher den Einfluss des Geschlechtshormons Testosteron. Dazu gaben sie 42 Frauen jeweils eine Dosis Testosteron oder ein Placebo als Tropfen unter die Zunge. Die Probandinnen lösten anschließend ebenfalls die Navigationsaufgaben im 3D-Labyrinth.

Geschlechtsunterschiede bei Alzheimer durch Hormone?

Das Testosteron steigerte zwar nicht die Zahl der Aufgaben, die die Frauen erfolgreich lösten. "Aber sie hatten eine bessere Kenntnis vom Layout des Labyrinths", beschreibt Pintzka, "und sie nutzten in größerem Ausmaß ihren Hippocampus, der auch von Männern mehr zum Navigieren genutzt wird."

Die Forscher hoffen, dass ihre Erkenntnisse auch dabei helfen, geschlechtsspezifische Unterschiede bei Gehirnerkrankungen zu erklären. "Fast alle Hirnkrankheiten sind bei Männern und Frauen verschieden, entweder in Häufigkeit oder Schwere der Krankheit", sagt Pintzka. "Daher schützt oder schadet wahrscheinlich irgendetwas den Menschen jeweils eines Geschlechts." Der Verlust des Orientierungssinnes ist eines der ersten Symptome der Alzheimer-Krankheit. "Da wir wissen, dass doppelt so viele Frauen wie Männer mit Alzheimer diagnostiziert werden, gibt es vielleicht einen schädlichen Zusammenhang mit Geschlechtshormonen", meint Pintzka. (Behavioral Brain Research,2015; doi: 10.1016/j.bbr.2015.10.056)

(Norwegian University of Science and Technology, 07.12.2015 - AKR)

Donnerstag, 3. Dezember 2015

Im Brägen nichts Neues.


In den vergangenen Tagen ist es durch die Blätter gerauscht: Nein, es gibt kein männliches und kein weibliches Gehirn! Die Unter-schiede sind gar nicht so groß... Das kam, je nach Blatt, in unterschiedlicher Aufmachung, aber es könnte sein, dass gerade die Zeitung, die Sie lesen, das wie eine brandneue Sensation ausposaunt hat. Darum hier die Klarstellung: Es bleibt wiedermal alles beim Alten.

Ach, was war noch gleich 'das Alte'? Früher, ja früher, da war der Unterschied zwischen Mann und Frau sowieso naturgewollt. Ab den späten 60ern hieß es dann aber: Außer einem ganz kleinen gibt es gar keinen Unterschied zwischen Männlich und Weiblich. (Na und im Gehirn ja schon gleich garnicht.) Alles andere ist "nur Sozialisation". 


In den späten 70ern kam dagegen auf: Frauen denken mit rechts, Männer denken mit links. Frauen ganzheitlich, intuitiv und gut, Männer analytisch, verstandesmäßig und ganz, ganz schlecht. Das hielt nur einen Sommer, dann kam raus: Es ist der Unterschied zwischen rechter und linker Hemisphäre, der gar nicht so groß ist, und Frauen denken wie Männer mit der einen so gut wie mit der andern. 

Dann hieß es, der Balken, corpus callosum, ist bei Frauen dicker und darum durchlässiger, sie können links und rechts besser vernetzen, bald erfuhr man: Bloß ein ganz kleines bisschen dicker, kaum der Rede wert. Zwar neigen Frauen tatsächlich dazu, mehr Synapsen zwischen den Hemisphären auszubauen, und und Männer dazu, mehr Verbindungen innerhalb der jeweiligen Gehirnhälfte herzustellen - aber mit dem Balken hat das anscheinend gar nichts zu tun.

So rauscht es immer wieder mal im Blätterwald. Auch diesmal, als nur olle Kamellen frisch aufgewärmt wurden. Dabei hat sich in den weiseren Redaktionen schon herumgesprochen, dass gerade in der Hirnforschung nichts so heiß gegessen werden darf wie gekocht. So zitierte etwa die Süddeutsche einen Teilnehmer des Jahreskongresses der Fachgesellschaft DGPPN in Berlin: "Es ist, als würde man ein iPhone zerschlagen, das Kupfer ausschmelzen, um dann aus dem Metallgehalt auf den Inhalt der Gespräche schließen zu wollen."


aus derStandard.at,  30. November 2015, 21:01

Weibliche Hirne sind doch nicht so ganz anders
Seit einigen Jahren wird vor allem im Gehirn nach biologischen Differenzen zwischen den Geschlechtern gesucht. Eine neue Studie meldet nun Zweifel an 

Leipzig/Wien – Das Buch war vor knapp zehn Jahren ein Weltbestseller: Die US-Neuropsychiaterin Louann Brizendine hatte 2006 in "The Female Brain" behauptet, dass Frauen und Männer völlig unterschiedliche Gehirne hätten. Frauen seien im Vergleich zu Männern mit besonderen sprachlichen, emotionalen und sozialen Kompetenzen gesegnet, die in ihre Gehirne "fest einprogrammiert" seien, so Brizendine. 

Das Buch markierte eine Wende im populärwissenschaftlichen Geschlechterdiskurs, indem Unterschiede zwischen Frauen und Männern ins Gehirn verlagert wurden. Brizendines populärwissenschaftlich gehaltener Befund wurde in den letzten Jahren durch die eine oder andere seriöse Studie gestützt: Ende 2013 etwa fanden Forscher um Madhura Ingalhalikar (University of Pennsylvania in Philadelphia) heraus, dass Frauen in weiten Teilen des Gehirns besonders viele Kontakte zwischen den beiden Hirnhälften besäßen. Männer hingegen würden über mehr Verknüpfungen innerhalb der Hemisphären verfügen. 

Schlüsse aus der Anatomie 

Auch Ingalhalikar und ihre Kollegen ließen sich so wie Brizendine dazu verleiten, von den scheinbar existierenden anatomischen Differenzen auf unterschiedliche Eigenschaften von Männern und Frauen zu schließen: So könnten Frauen analytische und intuitive Informationen besser miteinander verbinden. Eine neue Untersuchung bringt nun die Vorstellungen von den völlig unterschiedlichen weiblichen und männlichen Gehirnen etwas ins Wanken. Zwar gäbe es Differenzen, berichten Hirnforscher um Daphna Joel (Uni Tel Aviv) und Daniel Margulies (Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig) im Fachmagazin "PNAS". 

Doch in den Gehirnen der meisten Menschen würden sich "weibliche" und "männliche" Merkmale mischen. Für ihre Studie wertete das Team Hirnscans von 1400 Probanden aus – zunächst danach, wo Unterschiede zwischen den Gehirnen von Männern und Frauen am stärksten ausgeprägt waren. Ähnlich wie auch schon Ingalhalikars Team legten sie besonderes Augenmerk auf die Verknüpfungen innerhalb und zwischen verschiedenen Hirnbereichen. Zudem analysierten sie mögliche Unterschiede in der grauen und der weißen Substanz des Gehirns. 

Mischung von Merkmalen 

Schließlich bewerteten die Neurowissenschafter die Gehirne danach, inwieweit sie in den betreffenden Bereichen rein weibliche oder rein männliche Merkmale besitzen – und kamen zu einem differenzierten Ergebnis: Zwar gäbe es Merkmale, die eher bei Männern oder eher bei Frauen zu finden sind. Die meisten Hirne besäßen einen Mix aus allen Kategorien. Gehirne mit rein männlichen und rein weiblichen Kennzeichen seien deutlich in der Minderheit. Im Bezug auf die graue Substanz besaßen zum Beispiel nur sechs Prozent der betrachteten Probanden durchgängig weibliche oder durchgängig männliche Kennzeichen. 

Diese Ergebnisse würden sich gut mit jenen von Studien decken, in denen Verhaltens- oder Persönlichkeitsunterschiede zwischen Männern und Frauen untersucht worden waren, schrieben die Forscher. Auch hier ließen sich nur wenige Probanden eindeutig einem Geschlecht zuordnen. Schließlich sei ihre Studie auch ein wichtiger Beitrag zu Debatten etwa über den Nutzen von geschlechtsgetrennter Erziehung. Dafür würde die Studie eher keine Grundlage bieten. (tasch

Abstract PNAS: "Sex beyond the genitalia: The human brain mosaic" - derstandard.at/2000026703938/Weibliche-Hirne-sind-doch-nicht-so-ganz-anders

Donnerstag, 19. November 2015

Gut Ding will Weile haben: Jungens hinken hinterher.

Robert Doisneau
aus Süddeutsche.de, 23. September 2015

Zweierlei Hirn
In den sprachlichen Fächern sind Mädchen den Jungen in der Schule meist deutlich überlegen. Eine Studie zeigt nun, woran das liegt - die für Lesen und Sprachenerwerb wichtigen Bereiche im Gehirn entwickeln sich demnach bei Schülerinnen früher.

Von Matthias Kohlmaier

Erst wurden sie ignoriert, dann gefördert, mittlerweile machen sie meist bessere Abschlüsse als ihre männlichen Altersgenossen: Die schulischen Leistungen von Mädchen bieten kaum mehr Anlass zur Sorge. Doch gerade ihre Vorteile gegenüber Jungen in den sprachlichen Fächern haben womöglich nicht nur mit Förderung zu tun, wie der Forscher Heiner Böttger von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt nun in einer noch unveröffentlichten Studie zeigt. Auszüge liegen der Süddeutschen Zeitung vor.

"Jungs haben keinen biologischen Nachteil, Mädchen entwickeln sich nur schneller", sagt Böttger über seine Forschung zum Sprachenerwerb von Kindern und Jugendlichen. Für seine Erhebung hat er die Hirnaktivität bei Vier- bis Neunjährigen bei Leseaufgaben gemessen. Ergebnis: Im besagten Alter entwickeln sich die für Lesen (und Schreiben) zuständigen Gehirnzellen hormonell unterschiedlich, bei Mädchen viel früher als bei Jungs. "Der Vorsprung der Mädchen kann bis zu drei Jahre betragen", so Böttger.

Wichtig dabei ist die sogenannte Myelinschicht, die sich etwa bis zum 30. Lebensjahr um die Nervenfasern im Gehirn bildet. Je weiter diese Ummantelung entwickelt ist, desto höher die Leitungsgeschwindigkeit zwischen den Zellen. Das gilt auch für lange Nervenbahnen, zuständig für Schreiben und Lesen. Böttger hat herausgefunden, dass der Myelinisierungsgrad bei allen getesteten Mädchen höher war als bei Jungen. Für ihn beweist das, was in Grundschulen Alltag ist: "Mädchen lesen früher besser, da sie früher über entsprechende biologische Dispositionen verfügen."

Ein OECD-Bericht zu Geschlechterunterschieden in der Bildung hatte im vergangenen März auch ein deutliches Hinterherhinken von männlichen Schülern beim Lesen ausgemacht. "Das Lesevermögen ist das Fundament, auf dem fast der gesamte weitere Lernerfolg gründet", schreibt die OECD, "wenn Jungen schlecht lesen, leidet auch ihre Leistung in allen anderen Schulfächern." Ähnliche Folgerungen zieht der Didaktiker Heiner Böttger. Zwar nivelliere sich der neuronale Unterschied zwischen Mädchen und Jungen bis zum Alter von ungefähr 17 Jahren - das gelte aber nur, wenn Jungen nicht vorher schon wegen ihrer schwächeren Leistungen in sprachlichen Fächern stigmatisiert würden.

"Wir dürfen die Mädchen nicht kleinhalten"

"Lehrer müssen geschult werden, damit Jungs im Sprachenunterricht nicht frühzeitig zurückfallen", sagt Böttger. Daher müsse die Information über physiologische Unterschiede zwischen Geschlechtern in der Lehrerbildung vorkommen.

Die Studie zeigt nicht nur, dass Jungen im Vor- und Grundschulalter speziell gefördert werden müssten, um sprachlich mitzuhalten. Sie deutet auch darauf hin, dass Mädchen mehr leisten könnten, wenn sie mehr gefordert würden. Trotz der "Jungen-Krise" sagt Böttger: "Wir dürfen die Mädchen nicht kleinhalten." Er befürchtet "Decken-Effekte", wenn Mädchen im jungen Alter im gleichen Tempo wie männliche Klassenkameraden unterrichtet werden - obwohl sie aufgrund ihres bereits weiter entwickelten Gehirns viel mehr Möglichkeiten hätten.

Birgit Gegier Steiners Buch „Artgerechte Haltung. Es ist Zeit für eine jungengerechte Erziehung“ ist im Gütersloher Verlagshaus erschienen.


Nota. - Die Schule ist nicht zuletzt deshalb ein unnatürliches Labor, weil dort Wörter, Begriffe, Reden einen viel größeren Platz einnehmen als im 'wirklichen Leben', wo es in erster Linie auf tun ankommt; nämlich wo alles mit rechten Dingen zugeht. Es ist das Prinzip Schule, das Jungens von vornherein biologisch benachteiligt. Nicht nur darf man nur dann reden, wenn man gefragt wird, sondern man muss es auch. Und dabei stillsitzen. Das war immer so und keinEr hat es je beanstandet; keinEr von den PädagogInnen, meine ich.

Wenn nun endlich mal eineR den Kopf hebt und für die Anliegen der Jungen das Wort ergreift, muss er sich sogleich beeilen, die politisch korrekte Mahnung beizugeben, man dürfe aber... die Mädchen nicht kleinhalten. Nehmen wir's gelassen: Besser so als gar nicht.
JE 


Donnerstag, 12. November 2015

„Unsere Schule schadet den Jungs.“

Lothar Sauer


In der FAZ vom 9. 11. interviewt Lydia Rosenfelder die Lehrerin Birgit Geier Steiner zu ihrem Buch Artgerechte Haltung. Es ist Zeit für eine jungengerechte Erziehung.*

Unsere Schule schadet den Jungs, findet Birgit Gegier Steiner. Still sitzen ist nix für richtige Kerle, es muss im Unterricht mehr getobt werden. Eine junge Kollegin habe sie seinerzeit darauf gebracht.

Sie machte im Unterricht ein Wörterwettspiel zwischen Jungen und Mädchen. Die Mädchen blieben auf ihren Stühlen sitzen, tauschten sich aus und reichten die Information an ihre Vertreterin weiter. Aber die Jungs hielt es nicht auf den Stühlen. Einer kletterte auf den Tisch und engagierte sich lautstark, einer lag bäuchlings auf dem Tisch und streckte den Arm wie einen Pfeil nach vorne. Die Mädchen suchten den kommunikativen Austausch, um ans Ziel zu kommen. Die Jungen wollten schneller und besser sein, wollten den Wettbewerb. Im Moment ist aber das personifizierte, individuelle Lernen in Mode. Die Schüler sitzen fast nur über ihren Arbeitsblättern. Sie sollen über sich selbst reflektieren und herausfinden: Wie werde ich besser? Aber Jungs wollen durch Berühren lernen, durch Technik und Handeln. Sie erkunden ihre Umwelt mit allen Sinnen. Das unterbinden wir in der Schule. Unsere Bildungspläne sind sehr schreib- und sprachlastig geworden, alles läuft über Literatur und Textverständnis. Die Auseinandersetzung mit Naturwissenschaften, das Experimentieren und Ausprobieren kommen zu kurz. Das ist zum Schaden der Jungs.


Sie meinen, dass wir seit 1968 vor allem die Mädchen fördern. War die konservative Erziehung davor denn mehr im Sinne der Jungen? 


Ja. Es herrschte ein anderer Charakter von Disziplin. Ich selbst saß noch in einem Klassenzimmer mit vierzig Kindern. Da war Ruhe. Die Inhalte waren in Grundschulbereich kaum anders als heute. Aber es gab klare Strukturen, Regeln wurden stringenter durchgehalten. Und die Männer als Lehrer waren präsenter. 


Ist es entscheidend, ob die Lehrer männlich oder weiblich sind?

Wenn wir Frauen uns in einen Jungen hineinversetzen, ihn so akzeptieren, wie er ist, dann können wir ihn genauso gut unterstützen wie ein Mann.

Ich höre an Ihrer Antwort heraus, dass Sie meinen, dass viele Frauen Jungs nicht akzeptieren.
 

Ich beobachte an anderen Frauen und auch an mir selbst eine Tendenz, das Gegenüber verändern zu wollen. Eigene Werte und Einstellungen auf den anderen überzustülpen. Auch bei ganz banalen Dingen im Haushalt ertappe ich mich selber dabei. Ich versuche, meinem Mann vorzuschreiben, wie er den Keller einzuräumen hat oder wo die Schuhe hinzustellen sind. Umgekehrt habe ich noch nie den Versuch gespürt, dass ein Mann mich verändern will. Man hat mich so akzeptiert.

Wie erklären Sie sich das? 

Wir Frauen waren biologisch schon immer dafür da, die erste Erziehungsarbeit zu übernehmen. Das weibliche Wesen hat den Nesthocker noch bei sich und muss ihn auf die Welt vorbereiten. Das ist so in uns drin, dass wir es auf andere Menschen übertragen wollen.



Eine Kollegin von Ihnen stellt sich einen Wecker, der alle fünfzehn Minuten klingelt. Dann schickt sie ihren ADHS-Schüler los und lässt ihn zweimal um das Schulgebäude rennen. Danach setzt er sich wieder hin und arbeitet weiter. Das finde ich toll. 

Und es ist so einfach. Wenn Jungen ihren Bewegungsdrang ausleben dürften, hätten wir weniger ADHS-Diagnosen. Und physische Aktivität ist eng mit dem Lernerfolg verknüpft.


Sie berufen sich auf Untersuchungen, dass Jungen auf dem Pausenhof einen viel größeren Erkundungsradius haben. Mädchen erlauben sich seltener Ausbrüche. Woran liegt das?


Wieder an der Biologie. Das Testosteron hat einen starken Einfluss auf Aktivität und Verhalten, auf Wettstreitlust und Risikobereitschaft. Es ist ein Aktivator, der die Jungs vorantreibt. Auf den Pausenhöfen haben sie ihren Freiraum, wo sie Gas geben können. Und dann tun sie es auch. Sie laufen um die Wette, sie machen Fangspiele.

Sie sagen, Jungen brauchen einerseits mehr Freiraum und andererseits starke Führung. Ist das nicht ein Widerspruch? 

Es wäre gefährlich für einen Jungen, wenn er grundsätzlich Grenzen überschreiten und jedes Risiko eingehen darf. Also verlangt er intuitiv danach, dass es jemanden gibt, der ihm Grenzen setzt. Wenn jemand sagt, stopp, dann stoppt der Knabe auch.

Sie plädieren für einen fußballdidaktischen Ansatz. Was ist das? 

Man muss respektieren, dass Jungs einen hohen Bewegungsdrang haben, aber klare Strukturen brauchen. Und dass die meisten Jungs Teamplayer sind. Jeder hat seine Stellung. Mein fußballdidaktischer Ansatz bedeutet, dass jeder seine Individualität ausleben darf und wachsen kann, aber trotzdem eine Zugehörigkeit verspürt. Das sind die Werte aus dem Fußball: körperliche Anstrengung und Freiheit einerseits, Regeln und Rituale, die Stabilität geben andererseits. Schiedsrichter und Trainer, die Führung personifizieren. Respekt voreinander und vor dem Gegner. Und hinterher erntet man Anerkennung.

Wie passt das mit in unserer postautoritären Gesellschaft zusammen? 


Es passt nicht mehr zusammen. Seit dem Ende der Sechziger hat sich ein starker Liberalismus entwickelt, in allen Bereichen, auch in der Politik. Was ja auch gut ist. Ich bin für einen liberalen Staat. Aber diese Dinge spiegeln sich auch in der Erziehung wider. Eltern neigen dazu, Kinder auf dieselbe Stufe zu stellen wie sich. Als Partner auf Augenhöhe. Und Dinge mit ihnen auszudiskutieren, so wie das unter Erwachsenen funktioniert. Dass sie ihre Kinder dabei psychisch komplett überfordern, wissen sie meist nicht.


*

Es ist ja schonmal löblich, wenn eine Pädagogin sagt, Jungens sind nunmal so, und dann muss man sie lassen; "annehmen, wie sie sind". Aber es ist noch nichtmal die Hälfte, sondern erst der Anfang des Gebotenen. Denn es ist nicht nur so, wie es ist, sondern das ist auch gut so. Es ist nämlich der spezifische Beitrag des Männlichen zur Gattungsgeschichte der Spezies Mensch. Er war es nicht nur, er ist es immer noch und soll es bleiben.

Und wenn die Lila Pudel unter den ErzieheRN sich soweit dem biologisch Weiblichen angeähnelt haben, dass nun auch sie den Andern ändern wollen, dann sind sie falsch an ihrem Platz. Denn eins hat Frau Steiner in ihrer biologischen Sichtweise missverstanden. Es reicht nicht aus, die Jungens sein zu lassen, wie sie sind, sondern man muss sie ermutigen, ermuntern, verlocken, so zu werden, wie sie sein wollen. Denn anfangs sind sie noch klein, und viele trauen sich nicht richtig; und wenn sie sich dann schließlich doch ermannen, schießen sie gelegentlich auch übers Ziel hinaus. Wenn sie dann nur auf die Nase fallen, ist das nicht schlimm. Aber von dem, der sie zum Gasgeben angestachelt hat, dürfen sie erwarten, dass er eine schüt-zende Hand über sie hält und im Ernstfall für sie gradesteht.

Damit hat sich auch das Geraune über die Vorzüge des autoritären Stils erledigt. Denn die Autorität, von der hier die Rede ist, hat, bevor sie Stopp! gerufen hat, das Feuer selber angeblasen. Anders bliebe sie nicht lange Autorität, sondern würde höchstens autoritär, und das ist nur was für angehende lila Pudel. Merke:Männer sind dann präsenter, wenn sie als Männer präsenter sind.



*) Birgit Gegier Steiners Buch „Artgerechte Haltung. Es ist Zeit für eine jungengerechte Erziehung“ ist im Gütersloher Verlagshaus erschienen.

Donnerstag, 22. Oktober 2015

Die faustische Natur des Mannes.

Menschen schlagen zu - bevorzugt ins Gesicht.





















aus Die Presse, Wien, 22.10.2015 | 00:01 | 

Wie Männer die Menschheit emporprügelten
Die erste Waffe des Menschen war seine Faust, mit ihr wird bis heute zugeschlagen. Ein US-Biologe sieht darin ein Herzstück unserer Evolution und rekonstruiert es Schritt für Schritt.

Von Jürgen Langenbach

Wenn Männer in Streit geraten, dann fliegen nach Worten oft Fäuste, das haben wir von unseren frühesten Ahnen: Wir fahren einander nicht mit den Zähnen an die Gurgel, wie das im Tierreich Usus ist, wir schlagen zu, bevorzugt ins Gesicht. Und deshalb sehen unsere Hände noch so aus wie die unserer frühesten Ahnen – Australopithecus („Lucy“), sie haben vor 4,2 bis zwei Millionen Jahren gelebt –, und unsere Gesichter tun es nur deshalb nicht mehr, weil wir entweder im Lauf der Jahrmillionen friedfertiger geworden sind – oder weil noch so gut knochengepanzerte Schädel nicht schützen vor den Waffen, die irgendwann die Fäuste abgelöst haben.


So geht zumindest die Geschichte, an der David Carrier (University of Utah) seit Jahren strickt: Die Hände der Menschen sind anders gebaut als die der Affen, Schimpansen inklusive. Bei uns wurde der Daumen länger, und die anderen Finger wurden kürzer, die der Knochen des Handtellers auch, unsere Ahnen brauchten ja keine Greifhände zum Klettern mehr, seitdem sie von den Bäumen herabgestiegen sind und sich auf dem Boden zum aufrechten Gang erhoben hatten. Wir brauchten stattdessen Hände, die mit Werkzeugen umgehen konnten. Das ist hinter der Entwicklung der Hand gestanden, so sieht es der Mainstream der Evolutionsbiologen.

Carrier schlug dazwischen, und wie, 2007 holte er das erste Mal aus: Ihm war noch eine Differenz zwischen uns und Australopithecus ins Auge gestochen. Diese Ahnen konnten zwar aufrecht gehen, aber nicht gut, sie hatten kurze Beine, vor allem die Männer. Deshalb lag der Schwerpunkt ihrer Körper tief, und darin sah Carrier den Schlüssel für den Bauplan: So ein Körper hatte einen guten Stand, zum Zuschlagen und zum Auspendeln, auch von eingesteckten Schlägen.

Aufrechter Gang? Härterer Schlag!

2011 kam Carriers nächster Schlag, nun hat er den aufrechten Gang selbst auf den Faustkampf zurückgeführt: Viele Tiere erheben sich zum Kampf – von Katzen bis Bären –, der Mensch hat es auf Dauer getan. So konnte er von oben nach unten zuschlagen, und das bringt mehr Kraft in einen Schlag, als wenn er umgekehrt geführt wird, 2,3-mal soviel, Carrier hat es an Testpersonen gemessen. Dann hat er sich unserem Schlaginstrument zugewandt, wieder Probanden ins Labor gebeten: Menschen schlagen – korrigiert um das Körpergewicht – nicht härter zu als Menschenaffen. Aber diese schlagen mit der offenen Hand, die Faust konzentriert die Kraft auf eine kleinere Fläche. Dagegen mussten sich die Gesichter wappnen: Australopithecus hatte dicke Wülste, sie wurden später abgelegt, gegen Pfeile und Kugeln helfen Knochen nicht.

Aber nicht nur Gesichter sind verletzlich, Hände sind es auch, vor allem die Knochen des Handtellers. Wieder hilft die Faust, der einfallsreiche Experimentator hat es an Händen von neun Leichen gezeigt, acht konnte er verwerten – „eine war zu arthritisch“ (Carrier). Er tat das, indem er die Finger in verschiedene Positionen brachte. Und das tat er, indem er die Sehnen mit Angelschnüren verband und daran zog (Journal of Experimental Biology 21. 10.). „Viele Schnüre sind uns gerissen“, bedauert Carrier, aber er konnte den Lohn der Mühe ernten: „Mit der geschlossenen Faust kann man 55 Prozent härter zuschlagen als mit abgewinkeltem Daumen, ohne die Handknochen zu gefährden. Und doppelt so hart wie mit der offenen Hand.“

Freitag, 9. Oktober 2015

Apollinisch und Dionysisch.

Apollo del Belvedere

Schopenhauers Entgegensetzung von Willen und Vorstellung – wobei mit Wille keineswegs das Liberum arbitrium gemeint war, sondern der blinde, dumpfe Drang zur Selbsterfüllung – kommt bei Nietzsche wieder vor als der Gegensatz von Dionysischem und Apollinischem. Das Dionysische teilen die Menschen mit allen Lebenden. Das Apollinische ist unsere Eigen-Art.

Das Dionysische ist das weibliche Prinzip, das Apollinische ist – wo es sich als solches bewährt – das männliche.

Das eine ist unsere notwendige, das andere ist unsere hinreichende Bedingung.

Michelangelo Merisi: Bacchus
Juni 9, 2009

Nachtrag. - Man sollte es vielleicht der Deutlichkeit halber das erotische und das aphrodisische Prinzip nennen. So hätte Nietzsche allerhand Missverständnisse vermeiden können.
Okt. 2010





Sonntag, 27. September 2015

Die Zukunft des Mannes.

aus Süddeutsche.de, 27. 9. 2015                                                      ffw-forchheim

Das Ende der Männer
Dass der Mann bald überflüssig wird, ist klar. Aber was soll er machen, wenn man ihn nicht mehr als LKW-Fahrer oder Kranführer braucht? Unser Autor hat sich Gedanken gemacht

VON AXEL HACKE 

Einer Studie der in Oxford tätigen Wissenschaftler Carl Benedikt Frey und Michael A. Osborne zufolge werden bald 47 Prozent aller heute von Menschen ausgeübten beruflichen Tätigkeiten durch Roboter verrichtet.

Das hatte man sich gedacht. Interessanter ist ein anderes Ergebnis: Die weitaus meisten Jobs, in denen der Mensch überflüssig wird, gehören Männern. Beispiel aus den USA? In nicht ferner Zeit wird das selbst fahrende Auto Realität; 95 Prozent der drei Millionen Lkw-Fahrer aber sind Männer. 93 Prozent der Menschen, die Kranke pflegen, sind indes Frauen. Und Roboterinnen, die sie ersetzen? Nicht in Sicht. Es ist aus mit dem schweißenden, schraubenden, lötenden Mann, vorbei mit ihm als Holzfäller oder Zimmermann. Er hat auch als Telefonverkäufer, Rohstoffhändler, Kranführer keine Zukunft. All diese Tätigkeiten sind zu simpel, als dass sie nicht Sache von Maschinen sein könnten.

»Im Unterschied dazu«, las ich in theatlantic.com, »arbeiten Frauen typischerweise in chaotischeren, weniger strukturierten Umgebungen, in denen die Fähigkeit, die Gefühle und Absichten von Menschen zu erkennen, entscheidend für den Erfolg sind.« Was keine neue These ist. Die Amerikanerin Hanna Rosin schrieb in ihrem berühmten Buch The End of Men, »zum ersten Mal in der Geschichte wird die Weltwirtschaft ein Ort, an dem Frauen mehr Erfolg haben als Männer«, komme es doch in der New Economy weniger auf physische Kraft an als auf »soziale Intelligenz, offene Kommunikation, die Fähigkeit, stillzusitzen und sich zu konzentrieren«.

Wenn Männer leichter durch Roboter zu ersetzen sind, bedeutet das nichts als: Der Mann ist eine Art Roboter, nur eben nicht so gut – zu teuer in der Herstellung, zu aufwendig in der Wartung, zu unpräzise bei der Arbeit. Er kommt zwar in seiner simplen Gefühlsstruktur der Emotionslosigkeit des Roboters nahe, ist aber nicht reduziert genug. Gott hatte bei der Schaffung des Mannes einen Roboter im Sinn, indes fehlte es ihm damals an Schöpfungserfahrung. Heute sind wir weiter.

Auch da, wo der Mann nicht durch Roboter ausgetauscht werden kann, ist er übrigens keineswegs unersetzlich. An seine Stelle können und werden erfolgreich Frauen treten, wie ein Blick ins Bundeskanzleramt lehrt.

Was bleibt ihm und von ihm? In theatlantic.com wird die Zukunft eines Mannes gezeichnet, der sich häuslichen Arbeiten zuwendet, nachdem er seine Frau zur Arbeit gebracht hat, aber das ist insofern nicht richtig, als erstens kein Mann seine Frau zur Arbeit bringen muss, wenn dies von selbst fahrenden Autos (oder der unbemannten U-Bahn) erledigt wird, und zweitens auch der Haushalt bald von automatisch werkelnden Staubsaugern und Putzrobotern bestellt wird; Essen wird heute schon fertig von männlichen Boten geliefert, in Zukunft von Botenrobotern.

In gewissem Rahmen wird der Mann weiterhin zur Produktion von Frauen benötigt, aber das allein ist kein Leben. Der Pessimist sieht des Mannes Zukunft in Sinnlosigkeit, Suff, Gewalt, ja, der Superpessimist erkennt in den Vandalen des IS und den die Ukraine terrorisierenden Horden des Gorilla-Mannes Putin den Beginn schrecklicher Jahrzehnte: der Mann als tobende Nutzlosigkeit – und da ihm ja seine physische Kraft bleibt, läge es nahe, dass er Frauen unterjocht, um arbeitslos von deren Arbeit zu leben.

Der Optimist schaut auf die Statistik der Untersuchung aus Oxford, sieht unter den fünf am wenigsten von Robotik bedrohten Berufen den des Choreografen und findet, es wäre schön, wenn der Mann eine Zukunft als tanzendes Wesen hätte, wenn man also an Straßenrändern und in Parks überall choreografierte Männerballetts sähe, zart schwebende Männerformationen, die der Sinnlosigkeit ja nicht nur des männlichen, sondern überhaupt des ganzen menschlichen Daseins etwas abgewönnen, indem sie all dies in eine neue Sphäre, wie soll ich sagen?, hinübertanzten.

Wir brauchen also die Nurejewisierung des Mannes.
 AXEL HACKE
Um seinen eigenen Job macht Axel Hacke sich insofern schon lange keine Sorgen mehr, als es »Axel Hacke« als Autor gar nicht gibt und nie gab. Es handelt sich dabei nur um ein Pseudonym für eine schreibende Kühlschränkin namens Bosch.

Freitag, 25. September 2015

Besser vernetzt? Nur nicht an der richtigen Stelle.

Caravaggio
aus scinexx

Frauen empfinden negative Gefühle stärker
Schwächere Verknüpfung zweier Hirnareale dämpft rationale Verarbeitung

Die Verknüpfung ist schuld: Frauen reagieren stärker auf negative Gefühle als Männer – sowohl im subjektiven Empfinden als auch neuronal. Denn ihre "Angstzentrale" im Gehirn ist schwächer mit dem rationalen, präfrontalen Cortex verknüpft als bei Männern, wie Forscher herausgefunden haben. Je niedriger der Testosteronspiegel, desto schwächer ist demnach diese Verbindung. Das könnte auch erklären, warum Frauen anfälliger für Depressionen und Angststörungen sind.

Frauen gelten oft als das emotionalere Geschlecht. So erinnern sie sich besser an gefühlsintensive Eindrücke erinnern und lassen sich durch schlechte Nachrichtenstärker stressen als Männer. Zudem leiden Frauen häufiger unter Depressionen Aber woran liegt das? Und lässt sich die unterschiedliche Reaktion der Geschlechter auf Emotionales auch am Gehirn festmachen?

Frauen reagieren stärker auf Trauer und Angst

Um das zu testen, führten Adrianna Mendrek und ihre Kollegen von der University of Montreal ein Experiment im Hirnscanner durch. Sie zeigten dafür 25 Frauen und 21 Männern Bilder mit unterschiedlichem emotionalen Gehalt – von fröhlich und lustig über neutral bis zu furchteinflößend oder traurig. Währenddessen zeichneten sie die Hirnaktivität der Versuchspersonen mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) auf und baten die Teilnehmer, die durch die Bilder geweckten Gefühle zu beschreiben.

Tatsächlich zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Zum einen stuften die Frauen die Bilder, die Trauer, Angst oder Wut darstellten, negativer ein als die Männer – sie empfanden die negativen Emotionen stärker. Diese Sensibilität war dabei umso ausgeprägter, je mehr weibliche Hormone und je weniger Testosteron das Blut der Probanden enthielt, wie die Forscher berichten.
Die Amygdala ist ein Zentrum für die Gefühlsverarbeitung im Gehirn

Neuronale Verknüpfung bei Männern stärker

Diese Unterschiede spiegelten sich auch in den Gehirnen wieder: Bei beiden Geschlechtern waren zwar ein Teil des präfrontalen Cortex und die Amygdala aktiv, wenn sie die Bilder betrachteten. Die Amygdala gilt als Gefühls- und Angstzentrum des Gehirns, sie reagiert vor allem auf potenziell bedrohliche Reize. Der präfrontale Cortex ist dagegen die Vernunftzentrale: Hier werden Eindrücke und Emotionen rational bewertet und soziale Situationen eingeordnet.

Das Auffallende: Bei den Frauen war die Verbindung zwischen diese beiden Hirnarealen deutlich schwächer als bei den Männern. "Das ist die wichtigste und interessanteste Beobachtung unserer Studie", sagt Koautor Stéphane Potvin. "Denn die stärkere Verbindung zwischen diesen Arealen bei den Männern spricht dafür, dass sie einen eher analytischen als emotionalen Ansatz gegenüber negativen Gefühlen haben."

Frauen reagieren demnach tatsächlich sensibler und emotionaler auf negative Gefühle, weil sie unmittelbarer auf den Gefühlsgehalt der Eindrücke reagieren. "Männer dagegen bleiben distanzierter, weil sie die emotionalen Reize und ihre Wirkung stärker rational analysieren", sagt Potvin. Dabei ist diese unterschiedliche Herangehensweise keineswegs bewusst, sondern ein Effekt der verschieden engen Verknüpfung zweier Hirnareale.

Die Analyse der Hormonspiegel ergab zudem, dass präfrontaler Cortex und Amygdala umso enger verknüpft waren, je höher der Testosterongehalt der Probanden war. Das galt sowohl zwischen Männern und Frauen als auch innerhalb der Geschlechter, wie die Forscher betonen. "Es gibt demnach sowohl biologische als auch kulturelle Faktoren, die unsere Sensibilität für negative Gefühle beeinflussen", sagt Mendrek. Ihrer Ansicht nach könnte die Wirkung der Hormone auf die Verarbeitung von Gefühlen im Gehirn auch erklären, warum Frauen häufiger an Depressionen und Angststörungen erkranken als Männer. (Psychoneuroendocrinology, 2015; doi: 10.1016/j.psyneuen.2015.08.012)

(University of Montreal, 25.09.2015 - NPO)

 
Nota. In den Siebzigerjahren begann die Forschung, sich für die Unterschiede zwischen den Beiden Ghirnhälften zu interessieren. Hemisphärologie wurde Mode, und schon bald ging ein Lauffeuer um die Welt: Frauem denken mit rechts, Männer mit links. Doch da war gar nichts dran, das erfuhr man schon bald. Danach hieß es, der "Balken", Corpus callo- sum, der beide Hälften verbindet, sei bei Frauen viel dicker, beide Hälften wären viel besser "vernetzt", so dass Frauen 'ganzheitlich' an die Dinge herangehen und nicht, wie die Männer, vorwiegend analytisch. 

Dann hat sich ergeben, dass der Unterschied am Balken doch nur ein kleiner ist; aber ein bisschen, das ist wahr, ist dran. Nüchterne Denker meinten stets, dass Logik und analytisches Denken einerseits und Emotionen andererseits ihren eigenen Bereich auch im Gehirn haben, wäre nur von Vorteil, denn was nützte es der Logik, wenn sie alle Nasen lang von Gefühlen verwirrt würde, und was den Gefühlen, wenn sie allenthalben vom Kalkül unterlaufen werden?

Und nun erfahren wir, dass die Verbindung gerade an der Stelle, wo es besonders drauf ankäme, bei Frauen schwächer, bei den Männern stärker ist. Da wurde wiedermal viel zu früh gefeiert.
JE


Freitag, 18. September 2015

Verblöden durch Domestikation.

aus scinexx
Hunde: Dümmer durch Domestikation? 
Haushunde schneiden beim selbstständigen Lösen von Problemen schlechter ab als Wölfe 

Hunde haben durch ihre enge Beziehung zum Menschen offenbar einiges an Grips und Selbstständigkeit eingebüßt. Denn wenn sie allein ein Problem lösen sollen, verlieren sie schnell die Lust und blicken stattdessen hilfesuchend zum Menschen. Wölfe dagegen knobeln solange, bis sie es geschafft haben, wie ein Experiment belegt. Das Versagen der Hunde spricht dafür, dass die starke Ausrichtung auf uns Menschen ihre Problemlöse-Fähigkeiten hemmt, wie Forscher im Fachmagazin "Biology Letters" berichten. 

Hunde sind echte Menschenkenner: Sie folgen unseren Blicken, erkennen unser Lächeln und entnehmen unserer Tonlage selbst feine Nuancen unserer Stimmung. Doch diese Anpassung an den Menschen scheint nicht ohne Kosten zu sein. Bereits 2014 fanden Forscher heraus, dass Hunde schlechter zählen können als ihre wilden Verwandten, die Wölfe.


Monique Udell von der Oregon State University in Corvallis und ihre Kollegen haben nun ein weiteres Indiz dafür gefunden, dass Domestikation die Hunde in gewisser Hinsicht eher dümmer machte. In ihrem Experiment testeten sie, wie gut Wölfe und Hunde eine knifflige Aufgabe lösten. Dafür legten die Forscher im Beisein des Hundes eine Wurst in eine durchsichtige Plastikbox. Ihr Deckel ließ sich jedoch nur abziehen, wenn die Tiere an einem daran befestigten Seil zerrten.

Wölfe schaffen es, Hunde nicht 

Wie sich zeigte, lösten acht von zehn Wölfen die Aufgabe problemlos. Sie zerrten und bissen so lange an der Box herum, bis sie den Deckel erfolgreich abgezogen hatten. Nicht so die Hunde: Schon nach kurzer Zeit gaben sie auf und blickten sie hilfesuchend zu dem im Raum anwesenden Menschen. "Die Hunde verbrachten signifikant mehr Zeit damit, zum Menschen hinzusehen, als die Wölfe", berichten die Forscher.

Wölfe tüfteln solange, bis sie die Aufgabe gelöst haben.

Die magere Erfolgsbilanz: Von den zehn Haushunden schaffte es keiner, die Box zu öffnen, unter den zehn Hunden aus dem Tierheim gelang dies nur einem. Und dies änderte sich auch kaum, als der Mensch den Hunden Rückmeldung gab und sie aktiv zum Weitermachen ermunterte. Zwar beschäftigten sie sich dann länger mit der Box, von den 20 Hunden schafften es aber selbst dann nur vier Tierheimhunde und ein Haushund, an die Wurst heranzukommen.

Hilfe suchen statt selbstständig handeln 

Nach Ansicht von Udell und ihren Kollegen zeigt dies, dass Wölfe besser darin sind, unabhängig Probleme zu lösen. Diese Fähigkeit scheinen Hunde zumindest zum Teil eingebüßt zu haben. "Hunde sind hypersozial, verglichen mit ihren wilden Gegenparts", erklärt Udell. "Ihre erhöhte soziale Sensibilität könnte ihre Fähigkeiten zum unabhängigen Problemlösen stören."

Oder anders ausgedrückt: Hunde haben sich daran gewöhnt, sich auf den Menschen und seine sozialen Signale zu verlassen. Vor ein Problem gestellt, suchen sie daher bei ihm Hilfe, beispielsweise in Form einer erhellenden Geste. "Hunde könnten gelernt haben, in Abwesenheit klarer menschlicher Hinweise eher vorsichtig zu sein", meint Udell. "Das ist langfristig beim Zusammenleben mit Menschen sicher ein Vorteil."

Die Kehrseite ist allerdings, dass die Hunde auf sich allein gestellt weniger gut klarkommen als ihre wilden Verwandten. Wenn darum geht, Probleme selbstständig zu lösen, verlieren sie schnell die Lust. (Royal Society Biology Letters, 2015; doi: 10.1098/rsbl.2015.0489

(Royal Society, 16.09.2015 - NPO)