Dienstag, 7. Juli 2020

Männer hält man eher für genial als Frauen.

Frau studiert Figuren aus dem 3-D-Drucker
aus spektrum.de, 6.07.2020

Männer halten wir eher für genial als Frauen

Natürlich sprechen wir Frauen ebenso herausragende Fähigkeiten zu wie Männern. Sagen wir jedenfalls. Doch in den Köpfen stecken noch immer die alten Geschlechterstereotype. 

von Christiane Gelitz

Professuren, Nobelpreise, Spitzenpositionen: Über Jahrzehnte gingen sie mehrheitlich an Männer. Und noch heute sind Frauen in Wissenschaft und Technologie unterrepräsentiert, wenn es um prestigeträchtige Posten und Auszeichnungen geht. Eine Studie im »Journal of Experimental Social Psychology« untersuchte nun, ob dahin-ter ein Stereotyp stecken könnte: Assoziieren wir »Genie« mehr mit Männern als mit Frauen? Anders gesagt: Sprechen wir Männern eher herausragende Fähigkeiten zu?

Fragt man direkt danach, so verneinen Versuchspersonen überwiegend, berichtet das Team aus zwei Psycholo-ginnen und zwei Psychologen. »Wenn, dann behaupten die Leute, dass sie Frauen mit Brillanz assoziieren. Doch die impliziten Maße erzählen eine andere Geschichte«, sagt Tessa Charlesworth von der Harvard University in einer Pressemitteilung.

Um unbewusste Einstellungen zu ergründen, griff das Team zum so genannten Impliziten Assoziationstest (IAT). Dabei sortierten die Versuchspersonen unter Zeitdruck Begriffe und Bilder am Computer: Sie sollten immer dann dieselbe Taste drücken, wenn entweder ein Begriff (»brillant«) oder eine bestimmte Art von Bild auftauchte – mal das Bild eines Mannes, mal das einer Frau. Die Logik dahinter: Je schneller wir reagieren, desto leichter fällt uns die Aufgabe, und das lässt darauf schließen, dass die beiden Konzepte im Kopf eng miteinander verbunden sind.

Mit mehr als 3600 Versuchspersonen aus knapp 80 Ländern verglich die Gruppe mit dieser Methode die unbewussten Assoziationen zwischen Mann beziehungsweise Frau und sechs Eigenschaften. Verglichen etwa mit Eigenschaften wie »kreativ« und »lustig« reagierten die Versuchspersonen schneller auf die Kombination von »brillant« mit einem Mann (und nicht einer Frau). Allein die Eigenschaft »stark« war noch enger mit dem männlichen Geschlecht verbunden. Und das galt für männliche und weibliche Versuchspersonen, für Erwachsene und Kinder, wie die Forschungsgruppe schreibt: Sie alle assoziierten Brillanz enger mit einem Mann als mit einer Frau, und zwar ebenso sehr wie Mann und Karriere beziehungsweise Frau und Familie.
 
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Solche Stereotype und unbewussten Einstellungen beeinflussen, wie wir Informationen suchen und verarbeiten – bevorzugt jene, die unsere vorgefassten Meinungen bestätigen. Und sie entwickeln sich schon sehr früh, wie Koautor Andrei Cimpian 2017 gemeinsam mit anderen Kollegen beobachtet hatte: Mit fünf Jahren unterschieden Kinder noch nicht zwischen Jungen und Mädchen, wenn es um die Eigenschaft »sehr klug« ging. Doch mit sechs Jahren änderte sich das: In diesem Alter sprachen Mädchen das Merkmal seltener ihrem eigenen Geschlecht zu, als Jungen das umgekehrt für sich taten. Und zu dieser Zeit begannen die Mädchen auch, Aktivitäten zu meiden, die vermeintlich nur für »sehr kluge« Kinder geeignet waren. Daraus schlossen Cimpian und sein Team, dass sich das veränderte Konzept unmittelbar auf die Interessen auswirke. Die aktuelle Studie legt nahe, dass sich das bis ins Erwachsenenalter fortsetzt, wie die Autoren folgern: »Die implizite Assoziation hält Frauen von prestigeträchtigen Berufen fern.«


Nota. - Bitten Sie Straßenpassanten, Ihnen Personen zu nennen, die sie für genial halten, werden Sie ab Einstein fast nur Männernamen hören. Und fragen Sie je nach Sachgebieten, dann - werden Sie Männernamen hören. 

Die einen werden sagen, das ist eben Erfahrung, die andern sagen, es sei eine self fulfilling prophecy.

Empirische Erhebungen - namentlich im Schulbereich -  sagen aber auch, das Begabungsspektrum sei bei Jungen viel breiter als bei Mädchen; während sich bei letzteren die große Menge in einem mittleren Bereich konzentriert, erstreckten sich die Extreme bei den Jungen viel weiter, und zwar nach unten wie nach oben. 

Fragen Sie also die Passanten nach besonders unterbelichteten Personen, dann... werden sie Ihnen weder Männer noch Frauen nennen, weil im öffentlichen Bewusstsein das wahrgenommen wird, was nach oben herausragt und nicht nach unten.
JE

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