aus nzz.ch, 07.07.2020
Frauenquoten: der Siegeszug eines Denkfehlers
CDU-Chefin
Annegret Kramp-Karrenbauer will eine verbindliche Frauenquote in der
CDU einführen. Dieses Instrument der Frauenförderung hebelt die Freiheit
und Gleichheit der Individuen aus.
Gleichberechtigung und Gleichstellung sind nicht dasselbe
Politische und rechtliche Gleichberechtigung, darum ging es der Frauenrechtsbewegung in der ersten und der zweiten Phase. Inzwischen hat sich mit dem Begriff der Gleichstellung ein ähnlich klingendes Schlagwort im Kampf um die Geschlechtergleichheit in den Diskurs und die Köpfe eingeschlichen. Ein Beispiel: Unter dem Motto «Mit Recht zur Gleichstellung» lud das Frauenministerium unlängst zu einer Fachkonferenz. Trotz 40 Jahre Frauenrechtskonvention und 25 Jahre Vierte Weltfrauenkonferenz von Peking – beides «gleichstellungspolitische Meilensteine» – sei noch nirgendwo auf der Welt echte Gleichstellung zwischen Männern und Frauen erreicht. Doch was bedeutet das überhaupt?
Es gilt auseinanderzuhalten: Gleichberechtigung bedeutet Gleichheit vor dem Gesetz. Tatsächliche Ungleichheiten der Positionen sind hinzunehmen, da Individuen ungleich sind – das macht sie aus. Das Ideal der Gleichstellung geht hingegen davon aus, dass eine absolute Verteilung der Geschlechter, also 50:50, notwendig ist. Hier liegt der erste Denkfehler, denn weder sind alle Frauen noch alle Männer gleich. Was nicht der Tatsache widerspricht, dass Männer und Frauen grundsätzlich gleich gut und gleich geeignet sind und also gleich repräsentiert sein sollten.
Gleichberechtigung ermöglicht Freiheit, weil Ungleichheiten nicht negiert werden. Gleichstellung ist Gleichmacherei, die den Menschen nicht mehr in seiner Individualität, sondern nur als Vertreter eines Kollektivs wahrnimmt.
Perpetuierung althergebrachter Rollenbilder
In
der Realität bestehen diskriminierende Machtstrukturen, insbesondere in
Form von Netzwerken, von denen in erster Linie Männer profitieren. Um
diese zu durchbrechen, ist es notwendig, Frauen zu ermächtigen und zu
unterstützen, damit sie sich selbst Strukturen aufbauen können. Eine
verpflichtende Quote ist dafür ein zu plumpes Instrument. Frauenquoten
schaffen Quotenfrauen, was letztlich dem Anliegen schadet. Denn eine
Frauenquote ist, das lässt sich nicht beschönigen, ein Armutszeugnis für
Frauen. Anstatt ihnen zuzutrauen, dass sie sich auf dem freien Markt
durchsetzen können, erklärt man sie zu hilfsbedürftigen Wesen. Das ist
das Gegenteil von Emanzipation, das ist Patronage. Viele, die lautstark
gegen die vermeintlichen Zwänge des Patriarchats ankämpfen, greifen in
Verteidigung der Frauenquote paradoxerweise auf Rollenbilder zurück, die
sie eigentlich abschaffen wollen: der privilegierte Mann, die zum
Objekt gemachte Frau. So werden im Namen der positiven Diskriminierung
Stereotype zementiert.
Die Frage, wann die adäquate Repräsentation von Frauen in den Top-Etagen der Arbeitswelt zahlenmässig erreicht ist, lässt sich nicht beantworten. Folgt man der Logik der staatlichen Gleichstellungspolitik, stellen sich noch andere Fragen: Weshalb geht es bei der Forderung nach Frauenquoten nur um Führungspositionen und prestigeträchtige Tätigkeiten? Warum spricht niemand über Quoten bei der Müllabfuhr, auf dem Bau oder bei Reinigungsdiensten? Wieso gibt es keine Quoten für benachteiligte Gruppen wie etwa Migranten? In diesem Sinne könnten noch beliebig viele, in unterschiedlichem Masse und nach unterschiedlichen Kriterien diskriminierte Gruppen gebildet werden. Die Reduzierung von Menschen auf ihre äusseren Merkmale führt in eine identitätspolitische Sackgasse.
Die Frage, wann die adäquate Repräsentation von Frauen in den Top-Etagen der Arbeitswelt zahlenmässig erreicht ist, lässt sich nicht beantworten. Folgt man der Logik der staatlichen Gleichstellungspolitik, stellen sich noch andere Fragen: Weshalb geht es bei der Forderung nach Frauenquoten nur um Führungspositionen und prestigeträchtige Tätigkeiten? Warum spricht niemand über Quoten bei der Müllabfuhr, auf dem Bau oder bei Reinigungsdiensten? Wieso gibt es keine Quoten für benachteiligte Gruppen wie etwa Migranten? In diesem Sinne könnten noch beliebig viele, in unterschiedlichem Masse und nach unterschiedlichen Kriterien diskriminierte Gruppen gebildet werden. Die Reduzierung von Menschen auf ihre äusseren Merkmale führt in eine identitätspolitische Sackgasse.
Nota. - Ich bin in der Adenauer-Zeit großgeworden. Wenn damals eine Frau auf einen hervorgehobenen Posten kam, wäre mir in meiner jugendlichen Einfalt gar nicht eingefallen, zu fragen: Kann die das überhaupt? Die große Mehrheit mag sich diese Frage durchaus gestellt haben, es war eben noch Adenauerzeit. Da machte ich mir aber keine Gedanken drüber, zur Mehrheit gehörte ich sowieso nicht, schon wg. meiner Gottlosigkeit.
Nach einem halben Jahrhundert ist meine Einfalt so verflogen wie meine Jugend. Heute komme ich gar nicht erst dazu, zu fragen, ob sie 'das kann'; dass sie wegen der Quote auf ihren Posten gekommen ist, wird gar nicht erst bestritten, son-dern groß herausposaunt, und besagte Frage darf schon nicht mehr gestellt werden.*
Eine Partei fragt sich - ja so ist die Politik nunmal - nicht nur, was für das Große Ganze das Beste ist, sondern auch da-nach, was ihr selber nützt. Die CDU, die zu Adenauerzeiten wegen der Frauenstimmen die Wahlen gewann, ist heute bei den Frauen unterrepräsentiert. Die wählen seit Willy Brandt sozi, wenn nicht seit Joschka Fischer grün. Da muss die CDU wieder aufholen, da ist ein Begabungspool, den man nicht einfach den andern überlassen darf.
Dass die CDU nicht nur WählerInnen braucht, sondern auch Politikerinnen, ist deren Sache. Dass sie das öffentliche Be-wusstsein noch ein Stück weiter in Schieflage bringt, ist dagegen jedermanns Sache. Wäre ich CDU-Mitglied, würde ich gegen die Quote stimmen.
*) Bei Angela Merkel wurde sie noch bei jedem Karriereschritt gestellt.
*) Bei Angela Merkel wurde sie noch bei jedem Karriereschritt gestellt.
JE
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