aus Süddeutsche.de,
von Sebastian Herrmann
Die zerstörende Kraft des Männlichen offenbart
sich selbst in Grünanlagen. Parks seien nichts anders als "Petrischalen
einer hündischen Rape Culture", schreibt die promovierte Feministin
Helen Wilson in Gender, Place & Culture, einer führenden
Fachpublikation der Disziplin der feministischen Geografie. Der Begriff
"hündisch" ist wörtlich zu verstehen: Die Arbeit beschreibt Rüden als
chronische Vergewaltiger, Hündinnen als unterdrückte Opfer und männliche
Hundehalter als Komplizen und Anstifter der vierbeinig-maskulinen
Gewalttäter. Wilson zieht diesen Schluss aus Beobachtungen in Parks in
Portland, Oregon, und überlegt, ob Männer künftig vielleicht wie Hunde
zu dressieren seien. Der Aufsatz sollte zum 25-jährigen Bestehen des
Fachjournals als eine der herausragenden Arbeiten gewürdigt werden.
Astronomie? Eine sexistische Disziplin! Die Lösung? Feministische Astrologie
Doch da gibt es ein Problem: Der Aufsatz ist ein Fake, hinter der
Autorin Wilson stecken Helen Pluckrose, James Lindsay und Peter
Boghossian. Die drei Akademiker haben 20 erfundene Beiträge in angesehenen Fachjournalen aus den Bereichen der Gendertheorie, Kritischen Theorie und anderer Geisteswissenschaften eingereicht, die das Trio als "Klage-studien" bezeichnet.
Die Beiträge vertreten gewagte Thesen, die aber nicht so
überzogen sind, dass sie in den entsprechenden Disziplinen als
wahnwitzig auffallen: Heterosexuelle Männer sollten sich selbst anal
penetrieren, um ihre Homo- und Transphobie abzubauen; Astronomie sei
eine intrinsisch sexistische Disziplin und sollte um eine
feministisch-queere Astrologie erweitert werden; männliche weiße
Studenten sollten in Seminaren künftig angekettet auf dem Boden sitzen,
um wenigstens symbolisch für historische Verbrechen zu büßen. Sieben der
Aufsätze wurden von den Publikationen angenommen. Die meisten anderen
befanden sich noch im Begutachtungsprozess, als das Trio sein Manöver
öffentlich machte.
Die Aktion - darum geht es den Urhebern - stellt die Frage in den
Raum: Was machen diese Disziplinen da eigentlich? Wie arbeiten sie? Die
fabrizierten Studien unterscheiden sich nicht wesentlich von
zahlreichen Arbeiten, die in ernsthafter Absicht in entsprechenden
Journalen veröffentlich werden. Meist postulieren die Autoren eine
Ungerechtigkeit und betrachten dann jede erdenkliche Situation als
Beleg. Oft ist das keine Wissenschaft, sondern Aktivismus, der ein
festgefahrenes Weltbild propagiert. Wer es aber wagt, fragwürdige
Aspekte dieser Disziplinen zu kritisieren, gilt als Gegner der
Gleichberechtigung, wird als Sexist, Rassist, Frauenhasser,
Schwulenfeind, Transphobiker und Rechtsextremist beschimpft. Das würgt
jede Debatte ab. Dabei wäre dringend darüber zu sprechen, wie diese
Disziplinen arbeiten und welchen Wert wir ihren Inhalten beimessen.
Nota. - Man mag sogar fragen, ob die Berufung von Kavanaugh nicht auch was Gutes hat. Zu lange hat sich der liberale amerikanische Mainstream als amtlich beglaubigte Korrektheit aufgespielt und aufs Krakeelen beschränkt. Doch das kann die andere Seite genauso gut. Sie sollten sich stattdessen darum kümmern, was sachlich richtig ist. Und Richtungen, die das ausdrücklich ablehnen, sollten als unkorrekt gebrandmarkt werden.
Richtig schlecht wäre gewesen, wenn er lediglich wegen einer nicht hinreichend bewiesenen Anschuldigung zu Fall gekommen wäre. Das hat schon zu lange gedauert, dass man sich in jedem erdenklichen gesellschaftlichen Bereich einen unerwünschten Mann aus dem Feld schießen kann, indem man ihn öffentlich verdächtigt. Dass das oberste Gericht in Amerika künftig etwas konservativer ist als bisher, werden sie doch hoffentlich verkraften können.
JE
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