Sonntag, 7. Oktober 2018

Endlich: weibliche Astrologie!

aus Süddeutsche.de,




von Sebastian Herrmann

Die zerstörende Kraft des Männlichen offenbart sich selbst in Grünanlagen. Parks seien nichts anders als "Petrischalen einer hündischen Rape Culture", schreibt die promovierte Feministin Helen Wilson in Gender, Place & Culture, einer führenden Fachpublikation der Disziplin der feministischen Geografie. Der Begriff "hündisch" ist wörtlich zu verstehen: Die Arbeit beschreibt Rüden als chronische Vergewaltiger, Hündinnen als unterdrückte Opfer und männliche Hundehalter als Komplizen und Anstifter der vierbeinig-maskulinen Gewalttäter. Wilson zieht diesen Schluss aus Beobachtungen in Parks in Portland, Oregon, und überlegt, ob Männer künftig vielleicht wie Hunde zu dressieren seien. Der Aufsatz sollte zum 25-jährigen Bestehen des Fachjournals als eine der herausragenden Arbeiten gewürdigt werden. 

Astronomie? Eine sexistische Disziplin! Die Lösung? Feministische Astrologie

Doch da gibt es ein Problem: Der Aufsatz ist ein Fake, hinter der Autorin Wilson stecken Helen Pluckrose, James Lindsay und Peter Boghossian. Die drei Akademiker haben 20 erfundene Beiträge in angesehenen Fachjournalen aus den Bereichen der Gendertheorie, Kritischen Theorie und anderer Geisteswissenschaften eingereicht, die das Trio als "Klage-studien" bezeichnet.

Die Beiträge vertreten gewagte Thesen, die aber nicht so überzogen sind, dass sie in den entsprechenden Disziplinen als wahnwitzig auffallen: Heterosexuelle Männer sollten sich selbst anal penetrieren, um ihre Homo- und Transphobie abzubauen; Astronomie sei eine intrinsisch sexistische Disziplin und sollte um eine feministisch-queere Astrologie erweitert werden; männliche weiße Studenten sollten in Seminaren künftig angekettet auf dem Boden sitzen, um wenigstens symbolisch für historische Verbrechen zu büßen. Sieben der Aufsätze wurden von den Publikationen angenommen. Die meisten anderen befanden sich noch im Begutachtungsprozess, als das Trio sein Manöver öffentlich machte.

Die Aktion - darum geht es den Urhebern - stellt die Frage in den Raum: Was machen diese Disziplinen da eigentlich? Wie arbeiten sie? Die fabrizierten Studien unterscheiden sich nicht wesentlich von zahlreichen Arbeiten, die in ernsthafter Absicht in entsprechenden Journalen veröffentlich werden. Meist postulieren die Autoren eine Ungerechtigkeit und betrachten dann jede erdenkliche Situation als Beleg. Oft ist das keine Wissenschaft, sondern Aktivismus, der ein festgefahrenes Weltbild propagiert. Wer es aber wagt, fragwürdige Aspekte dieser Disziplinen zu kritisieren, gilt als Gegner der Gleichberechtigung, wird als Sexist, Rassist, Frauenhasser, Schwulenfeind, Transphobiker und Rechtsextremist beschimpft. Das würgt jede Debatte ab. Dabei wäre dringend darüber zu sprechen, wie diese Disziplinen arbeiten und welchen Wert wir ihren Inhalten beimessen.


Nota. - Man mag sogar fragen, ob die Berufung von Kavanaugh nicht auch was Gutes hat. Zu lange hat sich der liberale amerikanische Mainstream als amtlich beglaubigte Korrektheit aufgespielt und  aufs Krakeelen beschränkt. Doch das kann die andere Seite genauso gut. Sie sollten sich stattdessen darum kümmern, was sachlich richtig ist. Und Richtungen, die das ausdrücklich ablehnen, sollten als unkorrekt gebrandmarkt werden.

Richtig schlecht wäre gewesen, wenn er lediglich wegen einer nicht hinreichend bewiesenen Anschuldigung zu Fall gekommen wäre. Das hat schon zu lange gedauert, dass man sich in jedem erdenklichen gesellschaftlichen Bereich einen unerwünschten Mann aus dem Feld schießen kann, indem man ihn öffentlich verdächtigt. Dass das oberste Gericht in Amerika künftig etwas konservativer ist als bisher, werden sie doch hoffentlich verkraften können.
JE

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