aus scinexx
Y-Chromosom bleibt erhalten
Geschlechtschromosom ist zwar geschrumpft, bleibt aber essenziell
Das männliche Y-Chromosom ist zwar klein, aber stabil: Obwohl es im
Laufe der Evolution stark degradiert und geschrumpft ist, besteht keine
Gefahr, dass es eines Tages komplett verschwindet. Denn eine neue
Vergleichsstudie bestätigt, dass es 27 wichtige Gene gibt, die nur auf
diesem Chromosom existieren und die auch nicht auf andere übertragbar
sind. Als Folge sorgt die natürliche Selektion dafür, dass das männliche
Geschlechtschromosom erhalten bleibt, so die Forscher im Fachmagazin
"PloS Genetics".
"Das
Y-Chromosom hat 90 Prozent seiner Gene verloren, die es einst mit dem
X-Chromosom teilte", erklärt Melissa A. Wilson Sayres von der University
of California in Berkeley. Statt mehr als 1.100 Gene wie sein
weiblicher Gegenpart enthält es heute nur rund 200 davon. Deshalb
vermuteten einige Forscher, dass das verkürzte Chromosom innerhalb der
nächsten fünf Millionen Jahre sogar ganz verschwinden könnte.
Tatsächlich gibt es einige Säugetierarten, bei denen dies bereits
passiert ist, dennoch gibt es bei ihnen ganz normal Männchen und
Weibchen – der Mann als Geschlecht wird daher wohl nicht aussterben.
Degradierung verlangsamt
Im Jahr 2012 hatten Forscher bereits verglichen, wie sich das Y-Chromosom bei Mensch, Schimpanse und Rhesusaffe
entwickelt hat. Ihre Schlussfolgerung damals: Das Y-Chromosom schrumpft
zwar, weil es keine Gene mit anderen Chromosomen austauscht, diese
Degradierung hat sich aber offenbar im Laufe der Evolution verlangsamt.
Sayres und ihre Kollegen haben nun die Sequenz der Y-Chromosomen bei
acht afrikanischen und acht europäischen Männern verglichen –
untereinander, aber auch mit den Genen, die auf den restlichen 22
Chromosomen der Zellen enthalten sind und mit dem X-Chromosom.
27 einzigartige Gene
Dabei zeigte sich zweierlei: Zum einen deutet das Muster der genetischen
Unterschiede darauf hin, dass die natürliche Selektion dafür sorgt,
dass das Y-Chromosom zwar geschrumpft ist, aber in seiner kondensierten
Form erhalten bleibt. Denn die dort enthaltenen Gene sind für die
männliche Fortpflanzung wichtig und daher für den Menschen
unverzichtbar. Weil es keinen Genaustausch mit anderen Chromosomen gibt,
ist es zudem unwahrscheinlich, dass die 27 einzig dort vorhandenen Gene
auf andere Chromosomen übertragen werden und dann dies das Y-Chromosom
verzichtbar macht.
Das kleine Y-Chromosom (roter Kreis) ist ein bloßer Stummel verglichen mit dem Rest.
Zu den 27 einzigartigen Genen auf dem Y-Chromosom gehören 17, die der
Mensch bereits von seinen vor 200 Millionen Jahren lebenden fernen
Vorfahren erbte. Die zehn anderen sind erst evolutionär gesehen kürzlich
hinzugekommen, sie liegen in mehrfachen Kopien auf dem Chromosom vor
und gelten als wichtig für die männliche Fruchtbarkeit.
Geringe Vielfalt
"Unsere Studie demonstriert, dass sowohl die alten Genen als auch die
neu hinzugekommenen wichtig sind und dass das menschliche Y-Chromosom
uns noch eine ganze Weile erhalten bleiben wird", konstatiert Sayres.
Die Analyse ergab aber auch, dass sich die Y-Chromosomen verschiedener
Männer mehr gleichen als bisher angenommen. Die genetische Vielfalt ist
hier eher eingeschränkt.
Erklären lässt sich dies ebenfalls durch eine starke Selektion und die
Reduktion dieses Genträgers auf das absolut Notwendige. Wenn die
Selektion dafür sorgt, dass schädliche Mutationen auf dem Y-Chromosom
ausgesondert werden, dann bleibe nicht viel Raum für Variationen übrig,
so die Forscher. (PLoS Genetics, 2014; doi: 10.1371/journal.pgen.1004064)
(University of California - Berkeley, 10.01.2014 - NPO)
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