Donnerstag, 23. Januar 2014

Sogar das Blut ist anders.

Katzensteiner  / pixelio.de
aus Die Presse, Wien, 23. 1. 2914

Die Geschlechter unterscheiden sich auch im Blut
US-Forscher zeigten, dass bei weiblichen Mäusen die Blutbildung schneller ist.

 

Dass sich Männer und Frauen nicht nur in den primären und sekundären Geschlechtsorganen voneinander unterscheiden und dass diese Unterschiede nicht nur kulturell konstruiert sind, diese Einsicht hat sich inzwischen wohl auch in die Gefilde der Geisteswissenschaften durchgesprochen, Judith Butler und andere hartnäckige Konstruktivisten vielleicht ausgenommen. Doch man staunt schon manchmal über die Kühnheit der Biologen, diesfalls jener um Daisuke Nakada (Houston, Texas), die in ihrer aktuellen Publikation in Nature (505, S.555) neben den Geschlechtsorganen das Gehirn als Beispiel für „sexually dimorphic mammalian tissues“ nennen.

Nun, über diese Formulierung ließe sich streiten. Fest steht, dass Geschlechtsdimorphismen von den Sexualhormonen bewirkt werden, indem diese Stammzellen im jeweiligen Gewebe beeinflussen.

Typische – und medizinisch wichtige – Stammzellen sind die des Blutes, hämatopoetische Stammzellen genannt. Sie sind vor allem im Knochenmark daheim, aus ihnen entstehen alle Blutzellen, rote und weiße Blutkörperchen, aber auch Makrophagen und andere Zellen des Immunsystems. So werden sie seit über 40 Jahren in der Behandlung von Leukämie und von Lymphomen eingesetzt.

Blutbedarf in der Schwangerschaft

Die texanischen Forscher entdeckten nun bei Mäusen einen überraschenden Unterschied zwischen den Geschlechtern in diesen blutbildenden Stammzellen: In Weibchen teilen sie sich schneller, und dafür ist das Sexualhormon Östrogen verantwortlich, für das in den blutbildenden Stammzellen tatsächlich besonders viele Rezeptoren vorhanden sind.

Welchen Sinn könnte dieser Geschlechterunterschied haben? Der Östrogenspiegel ist bei Säugetieren in der Zeit der Schwangerschaft besonders hoch. Auch die Milz, die ja bei der Bildung roter Blutkörperchen eine Rolle spielt, ist in dieser Zeit vergrößert, bei Mäusen und auch bei Menschen. Das lege nahe, so die Forscher, dass die verstärkte Blutbildung dazu diene, den Blutbedarf in der Schwangerschaft und den (möglichen) Blutverlust bei der Geburt auszugleichen.

Montag, 13. Januar 2014

Vater sein dagegen sehr.

Kleiner Junge und Vater fuettern in Breisach am Rhein Schwaene (Bildquelle: dapd)
aus Tagesschau.de


Studie über Rolle der Väter
Papas im Spagat

Väter in Deutschland schwanken einer Studie zufolge zwischen dem traditionellen Rollenbild als Familienernährer und dem Idealbild des perfekten Vaters. In einer Forsa-Umfrage sagten 81 Prozent der Männer, dass ein guter Vater so viel Zeit wie möglich mit seinen Kindern verbringen sollte. 

Gleichzeitig wollen Väter auch im Beruf nicht zurückstecken und arbeiten meist Vollzeit.

Zwar geben 43 Prozent der berufstätigen Väter an, sie hätten gern mehr Zeit für die Familie. Aber nur ein Drittel würde die Arbeitszeit gern verkürzen. Tatsächlich arbeiten laut Umfrage gerade einmal vier Prozent der Väter in Teilzeit.

Fast alle Väter arbeiten Vollzeit, wollen aber mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen.

Dadurch gerate so mancher "unter Druck, da er seinen eigenen Vorstellungen vom perfekten Vater nicht gerecht wird", heißt es in der Studie. So hat die Mehrheit der befragten Väter (54 Prozent) das Gefühl, nicht ausreichend für ihr Kind da zu sein und daher ein schlechtes Gewissen.

Kurze Elternzeit

Beim Thema Elternzeit sind die Väter eher zwiegespalten: Zwar nehmen immer mehr Männer Elternzeit - bei jenen mit Kindern bis sechs Jahren sind das laut Studie sogar 38 Prozent. Doch die große Mehrheit von 80 Prozent bleibt lediglich bis zu zwei Monate mit dem Nachwuchs zu Hause. 41 Prozent der Befragten befürchten, dass die Elternzeit sich negativ auf ihre Karriere auswirken könnte.

Für die Studie im Auftrag der Zeitschrift "Eltern" wurden über 1000 Väter und Stiefväter zwischen 20 und 55 Jahren befragt.

Stand: 13.01.2014 13:32 Uhr

Sonntag, 12. Januar 2014

Das Jammern der verhinderten Mütter.



Unter der Überschrift Ruhe, ihr Jammer-Frauen! bringt die gestriege Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung einen Beitrag von gegen das populäre Gejammer über die angebliche "Unvereinbar- keit von Beruf und Familie". 
  
"Allmählich nervt es, und zwar richtig. Dauernd dieses Gejammere junger Frauen, es sei so unheimlich schwierig, sich heutzutage für Kinder zu entscheiden. Diese Frauen sind meist um die 30 und Teil einer am liebsten selbstdefinierten Bildungselite. Seitenweise nörgeln sie Zeitungen und Blogs voll: Die Gesellschaft, das System oder die doofen Politiker machten es ihnen unmöglich, Kinder in diese Welt zu setzen. Das ist lächerlich. Und allerhöchstens eine schlechte Ausrede."

In Wahrheit seien diese Frauen Selbstoptimierer, permanent auf der Suche nach dem perfekten Leben. Um ja nichts falsch machen, träfen sie vorsichtshalber lieber erst gar keine Entscheidungen, damit bloß nichts geschieht, was von ihrem "höchstpersönlichen, narzisstischen Selbst" nicht eingeplant war. Nur  keine Möglichkeit verbauen! Wo es ums Kinderkriegen geht, tun sie aber genau das - und geben andern die Schuld.

"Eine Lieblingsjammervokabel ist die von der Vereinbarkeit. Angeblich müssen in diesem Land beide Teile eines Bildungselite-Paars Vollzeit arbeiten, um über die Runden zu kommen. Das ist falsch. Richtig ist, dass in diesem Land beide Teile eines Bildungselite-Paars Vollzeit arbeiten müssen, um exakt dasselbe Leben mit Kindern führen zu können wie ohne. Wer das wirklich möchte, hat nichts verstanden. Denn darum geht es nicht. Und deshalb ist auch das Gerede von Kind oder Karriere im Prinzip überflüssig. Wer viel Zeit mit seinen Kindern verbringen will, wird weniger Karriere machen. Nehmt es endlich hin."

Ganz irreführend sei auch das Gerede über "Männer- und Frauenrollen". Bei der Frage, ob zwei Menschen miteinander Kinder haben wollen, geht es gar nicht um 'soziale Strukturen', sondern darum, was zwei miteinander ausmachen. "Wenn ein Paar nicht rechtzeitig bespricht, welche Aufgaben jeder Partner in einem Leben mit Kindern übernehmen will, führt es keine Beziehung. So einfach ist das. Und so einfach geht es weiter. Es hat nichts mit Gewinnen oder Verlieren zu tun, wenn einer zeitweise mehr arbeitet und der andere mehr mit den Kindern macht. Wer in einer Familie lebt, weiß das."

Der wahre Grund der Gebärverweigerung ist die Furcht vor dem Wagnis (Feigheit, mit einem andern Wort):

"Die Jammer-Frauen haben Angst davor, etwas an ihrem scheinbar austarierten Leben zu ändern. Ihr Trott ist ihnen heilig. Denn ihnen fehlt die Zuversicht, dass schon alles gut wird. Herrje, Sorgen darüber, wie euer Leben weitergeht, könnt ihr euch mit 85 machen, aber doch nicht mit Anfang 30, in einem Land mit diesem Sozialsystem und einer schwindenden Zahl von Arbeitnehmern. Wie wäre es, ihr lebtet einfach ein paar Jahrzehnte so sorgenfrei wie möglich vor euch hin? Und noch etwas: Wenn ihr – und so ehrlich seid ihr immerhin – euch selbst für Effizienz-fixierte Perfektionisten haltet, dann spricht alles für Kinder, am besten für drei bis fünf. Die werden es euch abgewöhnen."


Freitag, 10. Januar 2014

Y hält durch.

aus scinexx

Y-Chromosom bleibt erhalten
Geschlechtschromosom ist zwar geschrumpft, bleibt aber essenziell

Das männliche Y-Chromosom ist zwar klein, aber stabil: Obwohl es im Laufe der Evolution stark degradiert und geschrumpft ist, besteht keine Gefahr, dass es eines Tages komplett verschwindet. Denn eine neue Vergleichsstudie bestätigt, dass es 27 wichtige Gene gibt, die nur auf diesem Chromosom existieren und die auch nicht auf andere übertragbar sind. Als Folge sorgt die natürliche Selektion dafür, dass das männliche Geschlechtschromosom erhalten bleibt, so die Forscher im Fachmagazin "PloS Genetics".

"Das Y-Chromosom hat 90 Prozent seiner Gene verloren, die es einst mit dem X-Chromosom teilte", erklärt Melissa A. Wilson Sayres von der University of California in Berkeley. Statt mehr als 1.100 Gene wie sein weiblicher Gegenpart enthält es heute nur rund 200 davon. Deshalb vermuteten einige Forscher, dass das verkürzte Chromosom innerhalb der nächsten fünf Millionen Jahre sogar ganz verschwinden könnte. Tatsächlich gibt es einige Säugetierarten, bei denen dies bereits passiert ist, dennoch gibt es bei ihnen ganz normal Männchen und Weibchen – der Mann als Geschlecht wird daher wohl nicht aussterben.

Degradierung verlangsamt

Im Jahr 2012 hatten Forscher bereits verglichen, wie sich das Y-Chromosom bei Mensch, Schimpanse und Rhesusaffe entwickelt hat. Ihre Schlussfolgerung damals: Das Y-Chromosom schrumpft zwar, weil es keine Gene mit anderen Chromosomen austauscht, diese Degradierung hat sich aber offenbar im Laufe der Evolution verlangsamt. 


Sayres und ihre Kollegen haben nun die Sequenz der Y-Chromosomen bei acht afrikanischen und acht europäischen Männern verglichen – untereinander, aber auch mit den Genen, die auf den restlichen 22 Chromosomen der Zellen enthalten sind und mit dem X-Chromosom.

27 einzigartige Gene

Dabei zeigte sich zweierlei: Zum einen deutet das Muster der genetischen Unterschiede darauf hin, dass die natürliche Selektion dafür sorgt, dass das Y-Chromosom zwar geschrumpft ist, aber in seiner kondensierten Form erhalten bleibt. Denn die dort enthaltenen Gene sind für die männliche Fortpflanzung wichtig und daher für den Menschen unverzichtbar. Weil es keinen Genaustausch mit anderen Chromosomen gibt, ist es zudem unwahrscheinlich, dass die 27 einzig dort vorhandenen Gene auf andere Chromosomen übertragen werden und dann dies das Y-Chromosom verzichtbar macht.


Das kleine Y-Chromosom (roter Kreis) ist ein bloßer Stummel verglichen mit dem Rest.

Zu den 27 einzigartigen Genen auf dem Y-Chromosom gehören 17, die der Mensch bereits von seinen vor 200 Millionen Jahren lebenden fernen Vorfahren erbte. Die zehn anderen sind erst evolutionär gesehen kürzlich hinzugekommen, sie liegen in mehrfachen Kopien auf dem Chromosom vor und gelten als wichtig für die männliche Fruchtbarkeit.

Geringe Vielfalt

"Unsere Studie demonstriert, dass sowohl die alten Genen als auch die neu hinzugekommenen wichtig sind und dass das menschliche Y-Chromosom uns noch eine ganze Weile erhalten bleiben wird", konstatiert Sayres. Die Analyse ergab aber auch, dass sich die Y-Chromosomen verschiedener Männer mehr gleichen als bisher angenommen. Die genetische Vielfalt ist hier eher eingeschränkt.

Erklären lässt sich dies ebenfalls durch eine starke Selektion und die Reduktion dieses Genträgers auf das absolut Notwendige. Wenn die Selektion dafür sorgt, dass schädliche Mutationen auf dem Y-Chromosom ausgesondert werden, dann bleibe nicht viel Raum für Variationen übrig, so die Forscher. (PLoS Genetics, 2014; doi: 10.1371/journal.pgen.1004064)

(University of California - Berkeley, 10.01.2014 - NPO)

Sonntag, 5. Januar 2014

Die Fron des Mannes hat eine eigne Topographie.

aus Die Presse, Wien, 27. 12. 2013

Gebirge bringt Sex bis zum Selbstmord und Treue bis zum Grab 
Auch Geografie und Topologie bestimmen mit darüber, wie Tiere ihr Leben gestalten und wie sie sich reproduzieren. In größerer Seehöhe kopulieren die Männchen von Beutelratten sich zu Tode, Spatzenväter hingegen sorgen besser für die Brut.


Semelparitie oder Iteroparitie? Und wenn Letztere, dann Polygamie oder Monogamie? Und wenn Letztere, dann Treue oder Fremdgehen? Da sind die Koordination der vielfältigen Weisen der Reproduktion und auch der nicht sexuellen Triebkräfte dahinter: Semelparitie – „semel“ (lat.) heißt „einmal“, „pario“ „zeugen“ – bedeutet, dass Mitglieder einer Art ein einziges Mal im Leben heiraten. Dann investieren sie ihre ganze Energie, dann sterben sie. Bekanntestes Beispiel sind die Lachse: Sie ziehen zur Hochzeit die Flüsse hinauf und werden als Kadaver hinuntergeschwemmt. 

Viele Tiere halten es so, bei Säugetieren (und Vögeln) allerdings ist es gegen die Art: Sie reproduzieren sich langsam und in geringer Zahl, und dann muss noch die Brut versorgt werden. Deshalb praktizieren sie Iteropartie: Sie mehren sich alle Jahre wieder, oder ein paar Mal im Jahr. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Bei Beutelratten in Australien und Südamerika herrscht Semelparitie, natürlich nur unter den Männchen. Wenn die Zeit kommt, dann kopulieren sie und kopulieren sie, mit so vielen Weibchen wie möglich und so lange wie möglich – ein Akt kann sich über acht Stunden hinziehen, und so geht es tagelang. Am Ende sind sie so erschöpft bzw. ihr Immunsystem ist es, dass sie bald tot umfallen.

 Bemerkt wurde das Phänomen 1954, in den Sechzigern bekam es auch einen treffenden Namen – „Big Bang“ –, aber was dahinter steckt, das hat erst Diana Fisher (University of Queensland) jetzt erhellt (Pnas, 110, S. 17910). Sie hat Unterarten der Beutelratten und ihre Lebensräume verglichen. 

„Big Bang“ der Sexmaschinen 

Gemeinsam ist allen, dass sie Jäger sind – sie ernähren sich von Insekten –, und dass es nur eine Paarungszeit im Jahr gibt. Die Weibchen synchronisieren sich miteinander, sie werden alle zur gleichen Zeit bereit. Dann sind die Männchen es auch. Aber nicht überall fordert ihr selbstmörderischer Sex gleich viele Opfer, die Zahlen ändern sich mit der Geografie und der Topologie: Je höher in den Bergen die Beutelratten hausen und je näher am Pol, desto mehr Männchen sterben. Denn die Weibchen richten ihre bereite Zeit so ein, dass sie dann kommt, wenn Futter da ist, wenn die Insekten schwärmen. Das ist jedes Jahr zu absehbar gleichen Zeiten. Aber je kälter es ist – je höher im Gebirge, je näher am Pol –, desto kürzer ist das Zeitfenster, und die Jungen müssen bei Beuteltieren nach der Geburt lange versorgt werden.

Das hat im Zuge der Evolution die Männchen in Sexmaschinen verwandelt, sie haben etwa extrem große Penisse und produzieren extrem viel Sperma. Mit beidem kämpfen sie gegen die Konkurrenz, und sie tun das generell nicht vor der Kopulation – wie etwa die Hirsche das tun –, sie tun es danach. Sie kämpfen nicht um die Weibchen, sie kämpfen in ihnen: Spermienkonkurrenz. Die Weibchen können Sperma tagelang einlagern, und am Ende können in einem Wurf von acht Jungen vier verschiedene Väter stecken. So schlagen Geografie und Topologie auf die Lebensplanung und den Sex durch.

 Nicht nur so: Große Höhe kann auch Treue befördern. Das hat Frances Bonier (Kingston, Kanada) an Tieren bemerkt, die man lange für besonders treu hielt: an Sperlingsvögeln. „Über 90 Prozent aller Subfamilien leben monogam. Polyandrie ist unbekannt.“ Das stand noch 1969 in einem maßgeblichen Review. Und wenn man die Spatzen beobachtet, sieht ja auch alles danach aus: Sie sind zu zweit.

Aber dann kam die Molekularbiologie und sah in den Genen der Jungen nach: Es ist exakt umgekehrt, das Spatzenleben sieht nur so traut aus. Bei 86 Prozent aller Subfamilien wird jede Gelegenheit zum Seitensprung genutzt, zumindest unten im Tal. Oben auf den Bergen ist es anders, das zeigt der Vergleich von Sperlinsfamilien, die unten und oben leben: Steigende Seehöhe bringt engere Bande (American Naturalist, November 2013). 

Brutpflege? Gern! Bei eigenen Jungen! 

Denn bei den Spatzen werden die Jungen anders aufgezogen als bei den Beutelratten. Bei ihnen sind nicht nur die Mütter zuständig, die Väter tun bei der Brutpflege mit. Sie investieren viel, aber nur dann, wenn sie sicher sind, dass die Jungen wirklich ihre eigenen sind. Deshalb springen die Weibchen im Gebirge weniger zur Seite, und die Männchen finden weniger Gelegenheit dazu.