Montag, 27. Dezember 2021

Männliche Selbsterziehung.

A. Kurbanov

Als Kind war ich spindeldürr und schwach wie ein Flaum. Gefürchtet habe ich mich vor allem Möglichen, und am meisten davor, mich für einen Feigling halten zu müssen. Dahin habe ich es gottlob nie kommen lassen.

Ich war erst vier, als mein Vater starb, aber ich kannte ihn gut. Die Frauen, unter denen ich aufwuchs, hatten für männliche Tugenden nur Hohn und Spott. Mickrig wie ich war, war ich nicht gemeint. Umso mehr habe ich es gewollt.




Freitag, 24. Dezember 2021

Die Gegenwart älterer Männchen wirkt beruhigend.

 aus derStandard.at, 22. 12. 2021

Aggressionsbewältigung
Männliche Elefanten sind sanfter, wenn ältere Männchen in der Nähe sind
Isolierte Männchen neigen einer Studie zufolge zu Gewalt gegenüber Objekten und Tieren. Die Auswirkungen der Trophäenjagd sorgen auch hier für Probleme
 
Die besänftigende Wirkung von älteren Artgenossen bekommen Elefanten zu spüren: Im Rahmen einer Studie der Universität Exeter und der Wohltätigkeitsorganisation "Elephants for Africa" stellte sich heraus, dass zumindest männliche Elefanten aggressiver sind, wenn sich nur wenige ältere Art- und Geschlechtsgenossen in der Nähe befinden. Das schreibt die Forschungsgruppe im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society B".

Um mehr über das Sozialverhalten der Tiere herauszufinden, dokumentierte sie das Gebaren von 281 Elefanten über drei Jahre hinweg. Da sich im Untersuchungsgebiet, dem Makgadikgadi Pans Nationalpark in Botswana, nur Elefantenbullen aufhalten, lassen sich keine Aussagen über die Lage bei Weibchen ableiten. Die beobachteten Tiere fielen in vier Altersgruppen: Als jugendlich galten sie bis zum Alter von 20 Jahren (10-15 und 16-20 Jahre), darüber zählten sie als Erwachsene (21-25 oder 26 und älter).

Aggression und Vandalismus

Bei der Erhebung zeigte sich: Wenn wenige alte Bullen in der Nähe waren, legten die Elefanten aggressiveres Verhalten an den Tag – zumindest gegenüber allem, was kein Elefant ist. Dazu zählte das Forschungsteam unter anderem Fahrzeuge und andere Tierarten.

Sind nur wenige ältere Bullen in der Nähe, können die Jüngeren auch für andere Spezies zur Gefahr werden.

Besonders deutlich zeigte sich dies bei Jugendlichen. Heranwachsende Elefanten verhalten sich offenbar vor allem dann aggressiv, aber auch ängstlich gegenüber den "nicht-elefantischen Zielen", wenn sie alleine sind. Daraus lässt sich unter anderem folgern, dass jugendliche Individuen, die sozial isoliert sind, auch Menschen gegenüber eine größere Gefahr darstellen.

Mit dem Projekt wollte die Forschungsgruppe einem eher selten analysierten Bereich der Verhaltensforschung Aufmerksamkeit schenken, nämlich den Beziehungen in rein männlichen Elefantengruppen. "Anscheinend spielt die Anwesenheit erfahrener, älterer Elefanten in den Gruppen eine Schlüsselrolle dabei, die jüngeren, weniger erfahrenen Männchen ruhig zu halten", sagt die Biologin Connie Allen, Hauptautorin der Studie.

Management und Jagd

Die älteren Tiere seien in der Lage, bei Jüngeren die Wahrnehmung von Bedrohungen zu reduzieren. Dadurch werden diese ruhiger und stellen ein geringeres Risiko für Menschen und andere Tierarten dar.

Ältere Tiere werden oft zur Beute von Wilderern.

Das Wissen um diese ausgleichende Wirkung müsste besonders von Wildtiermanagern und Wilderern beachtet werden, sagt der Verhaltensforscher Darren Croft, der ebenfalls an der Studie mitwirkte: "Alte Elefantenbullen gelten oft als überflüssig und werden bei der Trophäenjagd zum Ziel." Wenn es weniger von diesen älteren Tieren gibt, die eine ausgleichende Wirkung auf junge Männchen haben, hat das auch für die Jäger Konsequenzen – etwa, wenn Elefanten häufiger Fahrzeuge attackieren. (red,)

Studie

Proceedings of the Royal Society B: "Reduced older male presence linked to increased rates of aggression to non-conspecific targets in male elephants"


 

Nota. - Rückschlüsse auf menschliche Erziehungssysteme bieten sich an, sind aber wissen-schaftlich ganz wertlos. Doch für Gedankenspiele eignen sie sich gut.

JE

Sonntag, 19. Dezember 2021

Genauso klug als wie zuvor.

Die Feuerstelle zum Grillieren überwacht natürlich der Mann: «Höhlenleben zur älteren Steinzeit», undatiertes Schulwandbild. 

aus nzz.ch, 2. 12. 2021                                                            Schulbilderverlag F.E.Wachsmuth

Raus aus der Höhle! 
Wie Frauen die Urgeschichte prägten
Der Mann als Jäger und Erfinder, die Frau als Mutter beim Sammeln: In den Vorstellungen, die wir von der Steinzeit haben, sind die Rollen klar verteilt. Aber womöglich war alles ganz anders – das legt die Urhistorikerin Marylène Patou-Mathis nahe.

von Claudia Mäder

Die Geschichte war so gut, dass sie 2018 durch alle Newsportale ging: Facebook hat eine prähistorische Statue zensiert! Die üppigen Brüste der Venus von Willendorf sind den Algorithmen der sozialen Plattform als Pornografie erschienen – die Bilder der Figur, die eine Nutzerin hochgeladen hatte, wurden gesperrt. Natürlich haben die Newsmeldungen zur Causa Venus auch die wichtigsten Informationen über die Skulptur geliefert. Diese, so war zu lesen, zähle zu den berühmtesten urgeschichtlichen Frauendarstellungen und sei vor rund 30 000 Jahren von einem unbekannten Künstler geschaffen worden.

Wirklich? Das jüngste Buch von Marylène Patou-Mathis stellt den letzten Teilsatz infrage. Nicht, dass die französische Urhistorikerin Näheres über den Schöpfer der Venusfigur herausgefunden hätte. Aber mit ihrem Werk legt die Forscherin den Gedanken nahe, dass der unbekannte Künstler auch eine unbekannte Künstlerin gewesen sein könnte.

Bei prähistorischen Kunstwerken von weiblichen Urhebern auszugehen, ist lange Zeit keine Option gewesen. Venusstatuen wie jene aus Willendorf gibt es viele, bis heute liegen an die 250 Figuren vor. Als man 1864 die erste fand, war selbstverständlich klar, dass ein Mann sie angefertigt hatte. Und genauso fraglos nahm man seinerzeit auch an, dass prähistorische Männer Werkzeuge erfunden und Tiere gejagt hatten, derweil sich die Frauen in der Nähe der heimischen Höhle um den Nachwuchs kümmerten.

Diese Klischeebilder wirken heute nicht sonderlich irritierend. Zeugt nicht jeden Sommer die männliche Freude am Grillieren von den guten alten Steinzeitstrukturen, in denen die Herren der Schöpfung für Fleisch und Feuer sorgten? Auch Filme und Romane, die in der Urzeit spielen, transportieren solche Rollenbilder, in der Wissenschaft aber stossen sie seit einiger Zeit auf Widerstand. Spätestens in den 2000er Jahren ist die Geschlechterarchäologie mit Gegenthesen hervorgetreten.

Wer beim Namen dieser Disziplin an «Genderwahn» denkt, an das ideologische «Geschlechtergaga», das inzwischen alle Wissenschaften durchsetzt, dem oder der sei die Lektüre von Patou-Mathis’ Buch besonders empfohlen. Die Französin dreht den Spiess nämlich einfach um. Die Erforschung der Frühgeschichte ist in ihren Augen tatsächlich von einer Ideologie geprägt. Allerdings von einer, die man selten als solche bezeichnet: vom Standpunkt der Männer, der in der Regel als Norm durchgeht.

Von Natur aus häuslich

Als wissenschaftliche Disziplin ist die Urgeschichte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden, und vor dem Hintergrund dieser Zeit, so Patou-Mathis, müsse man ihre Thesen verstehen. Den ersten Teil ihres Buches «Weibliche Unsichtbarkeit. Wie alles begann» widmet die Autorin deswegen nicht der Altsteinzeit, sondern den Geschlechterkonzepten der bürgerlichen Epoche.

Schon lange zuvor sind Frauen von Theologen, Juristen oder Staatstheoretikern den Männern untergeordnet worden, doch ab dem 18. Jahrhundert änderte sich die Begründung, die für die angebliche weibliche Minderwertigkeit vorgebracht wurde. Immer stärker dienten jetzt Medizin und Physiologie zur Degradierung der Frauen. Diese seien durch ihre körperliche Konstitution und ihre kleinen Gehirne «von Natur aus» dazu bestimmt, passiv zu leben und im Haus den Nachwuchs zu betreuen. Die Männer dagegen sollte von Nervenbahnen bis Knochengefüge alles zum tätigen Leben als Schaffer und Ernährer prädestinieren.

 

 

Just diese patriarchalen Vorstellungen, meint Patou-Mathis, hätten die Männer, die sich im 19. Jahrhundert für die Urgeschichte interessierten, auf den Gegenstand ihrer Forschung übertragen. Auch manche dieser ersten Archäologen wollten zeigen, wie die Dinge von Natur aus lagen – jedoch suchten sie die Essenz nicht in biologischen Gegebenheiten, sondern in den Anfängen der Menschheit.

Dass jeder geschichtliche Rekurs auf einen Anfang problematisch ist, war einigen Zeitgenossen wohlbewusst: «Unsere Bilder der Anfänge sind meist doch bloss Constructionen, ja blosse Reflexe von uns selbst», schrieb etwa Jacob Burckhardt warnend. Solche Projektionen gelingen umso leichter, je leerer der Raum ist, in den man sie wirft, und folglich hat die Urgeschichte, für die wir keinerlei schriftliche Zeugnisse haben, eine perfekte Folie für «Reflexe» des zeitgenössischen Denkens geboten.

Handnegative in einer spanischen Höhle.
Handnegative in einer spanischen Höhle.
Nichts ist eindeutig

Das Buch von Marylène Patou-Mathis ist nicht sehr elegant geschrieben – oder übersetzt – und in der Anordnung des Stoffes eher konfus. Doch seine grosse Stärke macht das alles vergessen: Die Autorin hält sich akribisch an die wenigen konkreten Belege, über die wir aus der Altsteinzeit verfügen. Wenn sie also im zweiten Teil des Buches die «prähistorische Frau im Licht neuer Erkenntnisse der Geschlechterarchäologie» diskutiert, geschieht das ausschliesslich anhand archäologischer Quellen, nämlich von Malereien, Statuetten, Grabbeigaben und Skeletten.

Eindeutige Interpretationen dieser Materialien sind selten möglich. Wofür zum Beispiel standen die vielen Frauenfiguren, die wir heute als Venus bezeichnen? Sind sie als Symbole eines Fruchtbarkeitskults zu deuten? Sollten sie die Männer erfreuen? Wurden sie als Amulette von Schwangeren getragen? Und wäre es dann nicht auch denkbar, dass diese sie selber hergestellt hatten?

Die Antwort ist laut Patou-Mathis offen – und zwar in alle Richtungen. Es gibt keinen Beweis dafür, dass bei den Statuetten Künstlerinnen am Werk waren. Doch genauso fehlen Belege, die auf eine männliche Urheberschaft der Figuren oder irgendeiner prähistorischen Wandmalerei hinweisen. Das Einzige, was diese Annahme nahelegt, ist der ideologische Raster, der dem Mann in einem dualistischen Geschlechtermodell den aktiven Part zuspricht.

In bemalten Höhlen haben die frühen Menschen zuweilen Handabdrücke hinterlassen – viele dieser rund 25 000 Jahre alten «Signaturen» haben sich in Untersuchungen als weiblich erwiesen. Die Zuordnung zu den Geschlechtern basiert auf dem Längenverhältnis zwischen Ring- und Zeigefinger, wobei, wie Patou-Mathis betont, wegen der geringen Anzahl der untersuchten Hände Vorsicht geboten sei vor allzu forschen Schlüssen. Doch grundsätzlich sei es ausgehend von der Quellenlage möglich, dass «einige der grössten Malereien und Skulpturen der paläolithischen Kunst von Frauen geschaffen» worden seien.

Weder Matriarchat noch Patriarchat

Die altsteinzeitliche Kunst zeigt nur wenige «narrative Szenen» mit Menschen, oft verweisen sie auf Jagdvorgänge. Einige der daran beteiligten Personen sind klar als Männer zu identifizieren, andere lassen sich keinem Geschlecht zuteilen. Bei den Statuetten dagegen besteht kein Zweifel: Die erdrückende Mehrheit von ihnen ist weiblich. Zuweilen wird deswegen behauptet, dass unsere Vorfahren eine Frauengottheit verehrt oder im Matriarchat gelebt hätten. Für beides fehlen die Beweise, aber wiederum gilt das auch umgekehrt: Eine patriarchale Struktur ist im Paläolithikum ebenso wenig nachzuweisen.

Und mehr noch: Der Vorstellung, dass die Frauen den Männern «immer schon» untergeordnet gewesen seien, widersprechen gewisse Funde deutlich. In den – sehr spärlich erhaltenen – Grabstätten sind sowohl männliche wie weibliche Skelette entdeckt worden. Schmuck und Kleinkunst, die den Toten beigegeben wurden und vermutlich ihren Status anzeigten, variieren kaum zwischen Männern und Frauen.

Fragen des Status wurden in der Forschung oft auch mit der Jagd in Verbindung gebracht. Als Beschaffer der energiereichen Nahrung, so die verbreitete These, hätten die Männer in den altsteinzeitlichen Gruppen eine überlegene Position eingenommen. Aber wer sagt denn, dass nur die Männer jagten?

Die Quellen jedenfalls nicht. Weibliche Neandertaler-Skelette weisen laut Patou-Mathis Läsionen und Abnutzungen auf, die auf das regelmässige Werfen von Speeren hindeuten. In der Jungsteinzeit zeigten sich Spuren von starken Armaktivitäten dann nur noch bei männlichen Skeletten.

In dieser Phase, in der die Menschen zunehmend sesshaft wurden, scheint also eine Aufgaben-teilung zwischen den Geschlechtern fassbar zu werden. Für die vorangegangenen paläolithischen Gesellschaften aber zeugt laut Patou-Mathis kein archäologischer Überrest von einer «klassischen» Rollenverteilung, und auf der Grundlage aller Daten sei «nicht auszuschliessen, dass die Frauen an allen Etappen der Jagd beteiligt waren – vom Spurenlesen über die Erarbeitung der Jagdstrategien bis zum Schiessen».

Die Urgeschichte boomt

«Es ist nicht auszuschliessen» und «Nichts weist darauf hin» zählen in diesem Buch zu den häufigsten Formulierungen. Das sind nicht die Zutaten, aus denen schmissige Geschichten entstehen. Aber das kann man leicht verkraften, denn flotte Erzählungen über die Urzeit gibt es wahrlich schon mehr als genug.

In den letzten Jahren haben Autoren wie Yuval Noah Harari oder James Suzman die Frühzeit als Eldorado beschrieben, in dem die Menschen noch frei von der späteren Arbeitsfron lebten. Andere schwärmen von der tiefen Naturverbundenheit, die unsere altsteinzeitlichen Vorfahren angeblich kannten, während Dritte lieber betonen, dass die Menschen ihre Umwelt «immer schon» umgestaltet hätten.

Bis heute ist die Urgeschichte demnach der perfekte Raum für Rückprojektionen, die sich aus Gegenwartsfragen nähren. Marylène Patou-Mathis hingegen lässt die fernen Zeiten unbegreiflich bleiben. Die riesigen Lücken, die sich zwischen den wenigen Überresten auftun, füllt sie nicht mit Identifikationsangeboten. Dafür zeigt sie, wie offen Geschichte und Gegenwart sein können, wenn sich ihre Betrachterinnen und Betrachter nicht auf eine Ideologie versteifen.

Marylène Patou-Mathis: Weibliche Unsichtbarkeit. Wie alles begann. Aus dem Französischen von Stephanie Singh. Verlag Carl Hanser, München 2021. 286 S., Fr. 37.90.   

 

Nota. - Dem Dr. Freud in Wien haben seine Patienten seinerzeit praktischer Weise nur solche Sachen erzählt, mit denen ihr Doktor etwas anfangen konnte. Freuds erster Mitstreiter war Alfred Adler, dem stieß das auf, und er wurde zum ersten Häretiker der Psychaonalyse. Seinen Schülern gab er als therapeutische Richtlinie mit auf den Weg den Satz Es kann alles auch ganz anders sein. Woran mein heutiges Ich sich erinnern kann-will-muss, ist nicht unbedingt das-selbe wie das, was es damals wirklich erlebt hat - weil ich ein anderer geworden bin.

So ist es mit der Geschichte der Individuen. Die Geschichte der Gattung hat den Vorzug, dass sie einige - wenn auch nicht viele - Denkmäler hinterlassen hat, in Stein gemeißelte oder in versteinerte Knochen gegossene, über deren Alter und wahre Herkunft gestritten werden kann, aber doch nicht endlos. Irgendwann werden sie einstweilen definitiv festgestellt. Dann fängt das Problem aber erst an: Was bedeuten sie? Was sie bedeuten, ist ein schlechterdings nicht objektiver Sachverhalt. Sie bedeuten nicht 'überhaupt', sondern immer nur für einen, der sich einen Reim drauf machen will oder muss.

An dem Punkt schließt der obige Beitrag, und wenn ichs recht verstehe, auch das Buch von Mme. Patou-Maris. Doch hat die Rezensentin keine Kontrolle über das, was der* Leser*in aus dem Beitrag in der Neuen Zürcher macht: Er* könnte auch lesen: 'Die herkömmliche Inter-pretation ist nicht erwiesen? Dann trifft das Gegenteil zu.' 

Das hat Frau Patou-Maris nicht geschrieben? Aber die Rezensentin hat ihm auch nicht wirk-lich widersprochen. 

Es könnte alles ganz anders sein. Die archäologischen Befunde stellen Fragen und geben keine Antworten. Aber die Fragen grenzen den Umkreis der möglichen Antworten ein. Nicht so, dass sie vorgäben, was überhaupt nicht möglich wäre; aber doch, was mehr oder weniger wahr-scheinlich ist. Was man freilich dafür hält, ist vom Geist der Zeit - positiv oder negativ - mit bestimmt, ach, da hat sie leider Recht. Dass eine durchgehende Differenzierung der Menschen nach ihrem Geschlecht in der Jungsteinzeit - als sich der Übergang zum Ackerbau anbahnte - begonnen hat, erscheint nach dem, was wir unter Vorbehalt wissen, als plausibel. Doch für wie lange?

JE 

 

Dienstag, 7. Dezember 2021

Die Menschwerdung begann mit der Befriedung der männlichen Seite.

Ardipithecus ramidus 

aus spektrum.de, 7. 12. 2021 

Was Eckzähne über die Menschwerdung verraten
Am Anfang der Menschwerdung stand womöglich eine Wende im Geschlechter-verhältnis. Aggression zwischen Männchen verschwand demnach schon früh in der Evolution des Menschen.
 
von Lars Fischer

Schon früh in der menschlichen Abstammungslinie wurden die Männchen weniger aggressiv. Das schließt eine Arbeitsgruppe um den Paläoanthropologen Gen Suwa von der University of Tokyo aus Analysen der Eckzähne von Vor- und Frühmenschen. Wie das Team in der Fach-zeitschrift »PNAS« berichtet, waren schon bei Ardipithecus ramidus, einer der ältesten be-kannten Arten der menschlichen Linie, die Eckzähne von Männchen und Weibchen ähnlich lang. Da lange obere Eckzähne bei Primaten als Waffe in Kämpfen zwischen Männchen dienen, gilt der Unterschied zwischen Männchen und Weibchen bei diesen Zähnen als Indikator für Aggression zwischen Männchen im Zusammenhang mit Revier und Paarung. Das wiederum gibt Aufschluss über soziale Struktur und Fortpflanzungsverhalten dieser Arten.

Bei modernen Menschenaffen sind die Eckzähne der Männchen bis zu 50 Prozent größer als bei den Weibchen. Dieser als sexuelle Dimorphismus bezeichnete Unterschied hängt mit der Sozialstruktur zusammen – bei Schimpansen und Gorillas, bei denen die männlichen oberen Eckzähne deutlich länger sind, führt je ein dominantes Männchen die Gruppe an. Bonobos dagegen sind weniger aggressiv, sie leben oft in gemischtgeschlechtlichen Gruppen und bei ihnen haben die Männchen nur um etwa 20 Prozent längere Eckzähne. Dagegen zeigen die Analysen der Gruppe um Suwa, dass die Vorfahren der Menschen schon vor mehr als vier Millionen Jahren einen sehr viel geringeren sexuellen Dimorphismus bei den Eckzähnen aufwiesen. 

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Die Unterschiede, die das Team mit mehreren unabhängigen statistischen Verfahren ermittelte, liegen zwischen 0 und 15 Prozent, wie bei modernen Menschen, und sind damit durchweg geringer als bei Bonobos. Zusätzlich ist bei manchen Arten der sexuelle Dimorphismus bei den oberen Eckzähnen sogar geringer als bei den unteren. Das deutet nach Ansicht des Teams darauf hin, dass in der menschlichen Linie von Anfang an ein starker Selektionsdruck gegen Aggression zwischen Männchen wirkte.

Suwa und seine Arbeitsgruppe sehen das als klares Zeichen, dass bereits am Beginn der Menschwerdung eine fundamentale Verschiebung des Verhaltens stattfand mit dem zentralen Aspekt einer geringeren Aggression zwischen den Männchen. Diese könne man als wichtige evolutionäre Voraussetzung für spätere, für Menschen charakteristische Entwicklungen hin zu extremer Kooperation und komplexem sozialen Verhalten betrachten, schreiben sie in der Veröffentlichung.

 

Nota. - Was könnten die Gründe für die Zähmung der männlichen Seite sein? Wenn die Rück-bildung der oberen Eckzähne erst nach dem Verlassen des Urwalds einsetzte, könnte man an-nehmen, dass die vagante Lebensweise in Gruppen von ca. zwei Dutzend Individuen in der offenen Savanne, die keine Deckung bietet, dauernde innere Spannungen nicht zuließen und einen engeren Zusammenschluss gegen äußere Fährnisse verlangten. 

Es geht hier nicht um Ursachen, die Entwicklungen determinieren, sondern um Bedingungen, unter denen sich die einen behaupten konnten und die andern nicht.

JE

Das Denken und die Denke.

aus spektrum.de, 7. 12. 2021

Wann Frauen ebenso wettbewerbsfreudig sind wie Männer
Frauen sind nicht grundsätzlich weniger auf Wettkampf geeicht. Für sie spielt der soziale Anreiz aber eine wichtigere Rolle.

von Anton Benz

Frauen bekleiden deutlich seltener Führungspositionen als Männer. Häufig wird als Grund angeführt, dass sie Konkurrenzsituationen eher mieden. Die Wirtschaftswissenschaftlerinnen Alessandra Cassar von der University of San Francisco und und Mary L. Ridgon von der University of Arizona überprüften diese Annahme. In ihrem Experiment zeigten sie, dass Frauen nicht grundsätzlich weniger kompetitiv sind als Männer – es kommt bloß ganz darauf an, was auf dem Spiel steht.

Die 238 Versuchspersonen (die Hälfte davon Frauen) mussten in Vierergruppen einfache Zahlenaufgaben lösen und konnten dabei Geld gewinnen. Die Siegesprämien wurden unterschiedlich verteilt. In der ersten Runde bekamen alle Teilnehmenden etwas Geld pro richtige Antwort (nicht kompetitiv). Danach erzeugten die Forscherinnen einen Wettbewerb unter den Probanden.

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Während bei der »egoistischen« Variante ausschließlich die besten zwei eines Viererteams etwas gewannen, konnten die beiden Bestplatzierten bei der »sozialen« Version den Betrag mit den Verlierern teilen. Im letzten Teil des Experiments konnten sich die Versuchspersonen zwischen einer nicht kompetitiven und einer kompetitiven Gewinnausschüttung entscheiden. Letzteres war bei der einen Hälfte der Gruppe die »egoistische« Variante, bei der anderen Hälfte die »soziale«.

Im ersten Fall entschieden sich nur 35 Prozent der Frauen für die kompetitive Variante. Dagegen traten 60 Prozent der Frauen in den Wettbewerb, wenn sie den Gewinn aufteilen durften. Das Verhalten der Männer änderte sich nicht: In beiden Fällen wählten ungefähr 50 Prozent die kompetitive Option. Cassar und Rigdon schließen aus den Ergebnissen, dass Frauen nicht grundsätzlich weniger wettbewerbsfreudig als Männer sind. Wenn es gemein-nützige Anreize gibt, entschieden sie sich mindestens genauso häufig für den Wettbewerb.

 

Nota. - Reiben Sie sich die Augen und lesen Sie's nochmal: Wenn der Gewinn aufgeteilt wird und jede Einzelne ein keines Bissel abbekommt, bezeichnet Anton Benz das in vollem Ernst als gemein nützig! Die Frauen waren nicht wettbewerbsfreudiger, sondern risikoscheuer, und gingen auf Nummer sicher. Der deutsche Berichterstatter hat kein genderneutrales Denken bemüht, sondern herkömmliche weibliche Denke.

Das ist wohl einer vorübergehenden Mode geschuldet. Historisch grundständiger waren dage-gen die amerikanischen Forscherinnen: Dass mensch - man und frau - um Geld wetteifert, ist ihnen so selbstverständlich, dass sie es als keiner Erklärung wert erachten. Hätten sie einen rei-nen Wettbewerb veranstaltet, wo gar nichts gewonnen wird als das Gewinnen selbst, hätten sich... die Männer kaum anders verhalten; und die Frauen - lassen Sie mich raten: -  zu zwei Dritteln auf die Teilnahme verzichtet.

JE

Donnerstag, 2. Dezember 2021

Geruch von Babys beschwichtigt Männer und macht Frauen aggressiver.


aus spektrum.de, 2. 12. 2021


Geruch von Babys beschwichtigt Männer und macht Frauen aggressiver
Ein Duftmolekül auf der Kopfhaut von Neugeborenen beeinflusst beide Geschlechter unterschiedlich. Dies bot womöglich einen evolutionären Überlebensvorteil.


von Anna Lorenzen

Von Tieren weiß man, dass Körpersignale in Form flüchtiger Stoffe eine wichtige Rolle in der Kommunikation spielen. Über so genannte Pheromone beeinflussen viele Arten, darunter Insekten, das Verhalten ihrer Artgenossen. Mittlerweile ist bekannt, dass unser Riechhirn ebenfalls empfänglich ist für unterschwellige Botschaften von Mitmenschen. Doch das Wissen darum ist noch immer begrenzt. Ein Team um den Geruchsforscher Noam Sobel vom Weizmann Institute of Science in Israel hat nun nachgewiesen, dass ein flüchtiges Molekül, das von menschlicher Haut, der Atemluft und Fäkalien abgesondert wird, einen direkten Einfluss auf unser Hirn sowie unser Aggressionslevel hat. Es ist besonders auf der Kopfhaut von Neugeborenen zu finden und bot evolutionär womöglich einen Überlebensvorteil.

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Zuerst luden die Forscherinnen und Forscher 127 Probanden (davon 67 Frauen) zu einem Verhaltensexperiment ein: Sie sollten am Computer vermeintlich mit einem anderen Probanden spielen. Der erste Teil zielte darauf ab, bei den Teilnehmenden Frust zu erzeugen (der »Mitspieler« streicht sich den Großteil des Gewinns selbst ein); der zweite Teil darauf, Aggressionen zu triggern. Hierbei durften sich die Freiwilligen rächen, indem sie den »Mitspieler« per Knopfdruck mit einem ätzenden Ton traktierten. Während des Experiments war eine Geruchsprobe unter ihrer Nase befestigt: Die eine Hälfte der Gruppe bekam die reine Trägersubstanz zu riechen, die andere zusätzlich Hexadecanal. Beides erzeugte jedoch keinen wahrnehmbaren Geruchseindruck.

Überraschenderweise zeigte sich ein deutlicher Geschlechtereffekt: Die Frauen reagierten unter dem Einfluss von Hexadecanal aggressiver (drehten den Ton lauter), die Männer hingegen schien es zu besänftigen. Um die zu Grunde liegenden Vorgänge im Gehirn zu untersuchen, führte das Team ein fMRT-Experiment mit weiteren 49 Teilnehmern durch (davon 24 Frauen). Während diese in der Scanner-Röhre lagen, absolvierten sie ein ähnliches Aggressionsparadigma wie bereits die Gruppe zuvor. Es wurde ihnen entweder mit Hexadecanal oder nur mit einer Trägersubstanz angereicherte Luft über eine Atemmaske zugeführt.

Die Auswertung ergab, dass Hexadecanal bei Männern sowie Frauen eine für die soziale Kognition zentrale Region aktivierte, nämlich den Gyrus angularis. Aber die Verbindungen zu Arealen, die mit sozialer Bewertung und der Regulation von Aggressionen zusammenhängen, waren bei den Männern unter dem Einfluss des Signalmoleküls verstärkt, bei den Frauen hingegen vermindert.

Laut Eva Mishor, Erstautorin der Studie, stellt die flüchtige Substanz womöglich ein Cool-down-Signal für Männer dar, gleichzeitig schüre es aggressives Verhalten bei Frauen. »Im Tierreich übersetzt sich männliche Aggression häufig in Aggression gegenüber Neugeborenen. Weibliche Aggression hingegen richtet sich für gewöhnlich auf die Verteidigung des Nachwuchses«, so die Neurowissenschaftlerin. Evolutionär gesehen hat das Schnuppern am Hinterkopf eines Babys also Sinn.

 

Mein Kommentar: Denken Sie sich was dabei.

JE

 

 

Donnerstag, 25. November 2021

Identitäre Fortschreitungen.


Die diversitäre LGBTQ+x-Kultur hat schon viel erreicht. Den* einen* zum Guten, den* an-dern* zum Schlechten. Leidtragende*r ist auf jeden Fall der* Feminismus. Er* wurde zur Pwm-Bewegung herabgestuft.

Hat das vielleicht auch sein Gutes?

 

 

Samstag, 6. November 2021

Echt oder gespielt?

 

aus spektrum.de, 1. 11. 2021


Weibliche Sexualität

Der geheimisvolle Orgasmus
Viele streben ihn an, doch für manche bleibt er unerreichbar: Der weibliche Orgasmus ist so komplex, dass er bis heute ein Rätsel ist. Nicht nur Männern, auch vielen Frauen und all denen, die den vermeintlichen Höhepunkt erforschen.


von Paola Emilia Cicerona


Sex kann auch ohne Orgasmus erfüllend sein. Das wollen wir gleich zu Beginn festhalten. Entsprechend ratsam ist es, zwischen Orgasmus und sexueller Befriedigung zu unterscheiden. Unbestritten ist zugleich, dass ein Orgasmus ein bemerkenswertes Gefühl ist. Doch egal, ob er als kurze Explosion oder intensives Kribbeln daherkommt – es sollte die Qualität, nicht die Quantität zählen, wenn man darüber spricht, was guten Sex ausmacht. Für Frauen gilt das insofern besonders, als sie nachweislich seltener zum Orgasmus kommen als Männer.

Es ist alles andere als leicht, die weibliche Lust durch eine Analyse subjektiver Empfindungen zu charakterisieren. Gleichzeitig stellt sich die ganz grundlegende Frage: Warum empfinden Frauen überhaupt sexuelle Lust?

Tatsächlich ist bis heute ungeklärt, warum es den Orgasmus denn gibt. Steigert allein der Gedanke an einen Orgasmus womöglich die Lust auf Sex? Wenn die Frau kommt, stimuliert das den Mann dann ebenfalls? Oder dient der Orgasmus dazu, den Partner näher an sich zu binden? Alles diskutierte Theorien.

Aus physiologischer Sicht lässt sich der Orgasmus als eine Reflexreaktion auf einen Reiz definieren, »ein bisschen wie Niesen«, sagt die Sexologin Roberta Rossi, die der weiblichen Sexualität im Jahr 2019 den Aufsatz »Vengo prima io« gewidmet hat. »Das Gehirn reagiert auf den Reiz, und die Reaktion ist das, was wir einen Orgasmus nennen.« Sicherlich hätten sich auch unsere Vorfahren voneinander angezogen gefühlt, was den Weg zur Paarung ebnete, sagt Rossi. »Aus evolutionärer Sicht könnte man die weibliche Lust als eine Art Einladung zur Penetration betrachten, die dann von einem so angenehmen Gefühl begleitet ist, dass die Vorstellung, sich zu paaren, attraktiver wird.« Allerdings ohne die Komplexität, die wir heute erleben.

Die daran anknüpfende Theorie: Die Funktion des weiblichen Orgasmus besteht darin, die Befruchtung zu erleichtern. Auf das Wesentliche konzentriert, brauchen Männer einen Orgasmus demnach zur Ejakulation und Frauen für vaginale Kontraktionen, die den Spermien helfen, zum Ei aufzusteigen und es zu befruchten. Eine Studie an Mäusen und Kaninchen an der Abteilung für Kinderheilkunde der University of Cincinnati soll diese Hypothese stützen: Den US-Forschern zufolge sind es die mit dem Orgasmus einhergehenden Hormonspitzen, die die Freisetzung von Eiern durch die Eierstöcke auslösen.
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Doch können solche Tierversuche ernsthaft dazu beitragen, die Komplexität der menschlichen Sexualität zu erklären? Schließlich ist nicht einmal klar, ob Nager überhaupt so etwas wie einen Orgasmus haben. Und ganz grundsätzlich lassen sich Erkenntnisse aus Tierstudien nicht einfach auf Menschen übertragen.

Orgasmen sind individuell und wandelbar

Fast ebenso schwierig wie die Suche nach dem Grund fällt die Beschreibung. »Es gibt zwar ein paar feste Parameter, mit denen man den Orgasmus von Menschen und Tieren vergleichen kann«, sagt Rossi, »ein Wärmegefühl, eine verstärkte Lubrikation und unwillkürliche Kontraktionen der Muskeln, die die Vagina umgeben« zum Beispiel. Zugleich gibt es jedoch eine große Variabilität, wie Forschende seit Jahrzehnten wissen.

Der Biologe Alfred Kinsey hatte in den 1940er Jahren als erster Forscher überhaupt versucht, das Sexual­verhalten des Menschen im großen Stil sta­tistisch zu erfassen. Erste umfassende Labordaten zu sexuellen Reaktionen bei Männern und Frauen folgten dann von William Masters und Virginia Johnson, die sie unter anderem in ihrem bis heute bedeutenden Werk »Human Sexual Response« zusammenfassten. Das Team hatte in den 1950er und 1960er Jahren Paare zum Sex befragt und dabei beobachtet, Männer vor dem Masturbieren verkabelt und im Detail erforscht, wie beispielsweise Finger, Dildos oder Zungen Frauen stimulieren.

Masters und Johnson veröffentlichten daraufhin diverse Publikationen über vorgetäuschte Orgasmen von Frauen. Zudem berichteten sie, dass Frauen zu multiplen Orgasmen fähig sind, und analysierten den unterschiedlichen Charakter der Höhepunkte bei Mann und Frau.

Reaktionszyklen und Erregungskurven

Während des Sex verändert sich der Erregungszustand. Das Auf und Ab der Lust folgt dabei einem gewissen Muster, auch sexueller Reaktionszyklus genannt. Nach William Masters und Virginia Johnson lässt dieser sich in vier Phasen einteilen: Erregung, Plateau, Orgasmus, Rückbildung. Die Orgasmusphase ist dabei die kürzeste. Die Sexualtherapeutin Helen Singer Kaplan ergänzte dieses Modell später um eine Phase des sexuellen Verlangens. Diese ist dem sexuellen Reaktionszyklus vorangestellt.

Nun braucht es aber weder einen Orgasmus, um lustvollen Sex zu haben, noch muss ein solcher bei Frauen das Ende sein. Drei Erregungskurven sind im Wesentlichen möglich:

  1. Gipfel-Orgasmus: Die Frau kommt gezielt und rasch, der Orgasmus ist der klare Höhepunkt, der Körper kurz darauf wieder im Normalzustand.
  2. Anhaltende Erregung: Es kommt nie zum Orgasmus, stattdessen verweilt die Frau über einen längeren Zeitraum in der Plateauphase. Puls und Blutdruck sind erhöht, die Klitoris und Schamlippen angeschwollen und besonders empfindlich für Berührungen.
  3. Anhaltende Erregung mit mehreren Orgasmen: Einige Frauen können mehrfach kommen. Nicht jede ist dazu in der Lage, nicht jede findet das erstrebenswert, doch manche eben schon. Wer es versuchen möchte, sollte sich Zeit nehmen – bei Sex, der länger als eine Stunde dauert, ist es deutlich wahrscheinlicher, das Ziel zu erreichen. Sexspielzeug hilft Studien zufolge ebenfalls dabei.

(Autorin: Alina Schadwinkel)

»Bei Männern sind Ejakulation und Orgasmus in der Regel zwei sich überlagernde Phänomene, auch wenn sie sich unterscheiden«, sagt Rossi. Nur selten ejakulieren Männer, ohne zum Orgasmus gekommen zu sein. Die weibliche Lust gilt dahingehend als komplexer, es gibt unterschiedliche Erregungskurven – bei denen ein Orgasmus eben nicht der Höhepunkt sein muss.

Für die meisten Frauen ist der Orgasmus eine ganz individuelle Erfahrung. Für viele ist er ein mehr oder weniger intensives Vergnügen, einige schreien dabei, wieder andere verlieren das Gefühl für Zeit und Raum und sind in einer Art Trancezustand. Aus diesem Grund fragen sich manche Frauen, ob sie gerade einen Orgasmus hatten oder nicht, »wobei die Antwort dann wahrscheinlich ›Nein‹ ist«, sagt Rossi.

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Die Faktoren der weiblichen Lust

Der weibliche Orgasmus hat seinen Ursprung im Gehirn. So kann er auch während eines Traums auftreten, ohne dass Geschlechtsverkehr oder gar körperlicher Kontakt nötig wäre. »Es kommt sehr auf das Setting an«, sagt Rossi. »Manchmal reicht als Auslöser der Druck eines engen Slips oder der Kontakt mit der Matratze. In vielen Fällen reicht auch allein die Fantasie.«
»Der Orgasmus hat eine belebende Wirkung, fördert die Durchblutung, versorgt das Gewebe mit Sauerstoff und verstärkt die Ausschüttung von Endorphinen«
(Roberta Rossi, Sexologin)

Selbst bei ein und derselben Frau sind nicht alle Orgasmen stets gleich, der eine kann explosiv sein, der nächste sanft. »Es hängt von der Gesundheit, dem Geisteszustand, Ermüdungs- oder Entspannungsgrad und der Situation ab, in der sie sich befindet«, sagt Rossi. Es gibt also interne und externe Kontextfaktoren, die die Orgasmuserfahrung beeinflussen, und selbst mit demselben Partner kann eine Frau ganz verschiedene Orgasmen erleben.

Eines aber haben alle gemein: Sie sind wohltuend. »Studien zeigen, dass der Orgasmus eine belebende Wirkung hat, die Durchblutung fördert, das Gewebe mit Sauerstoff versorgt und die Ausschüttung von Endorphinen verstärkt, was stimmungsaufhellend wirkt«, sagt Rossi.

Um Lust zu empfinden, hilft es, gelassen zu sein und dem eigenen Körper vertrauen zu können. »Wir bestehen halt nicht nur aus Hormonen und Nervenenden«, sagt Rossi, »deshalb sollten wir erkunden, was uns Freude bereitet.« Das ist sowohl für ältere Generationen, die mit einem gewissen Rollenbild groß geworden sind, als auch für die jüngeren Generationen wichtig, die wegen fehlender Sexualerziehung an Schulen und durch einen leichten Zugang zu Pornografie ein durchaus verzerrtes Bild auf Sexualität entwickeln.

Wie kann ich kommen?

Sex hat weit mehr zu bieten als das Streben zum vermeintlichen Höhepunkt. Gleichzeitig ist ein Orgasmus ein besonderes Erlebnis und für viele daher erstrebenswert. Wer lernen möchte, seine Erregung besser zu kontrollieren und so häufiger oder intensiver zu kommen, kann einiges ausprobieren:

  • Was ist die Vulva? Wo liegt die Klitoris? Wo überall lassen sich Frauen mit Berührungen erregen? Wer diese Fragen beantworten kann, hat größere Chancen, zum Orgasmus zu kommen. Entsprechend ratsam ist es, sich mit dem eigenen Körper auseinanderzusetzen und dann klar zu kommunizieren, was gefällt und was nicht.
  • Wichtig ist es aber auch, sich mit dem Körper des jeweils anderen zu beschäftigen. Jede und jeder reagiert auf unterschiedliche Reize. Manchmal unterscheidet sich das, was gefällt, sogar je nach Gemüt, Stresslevel oder Zeitpunkt des Zyklus beispielsweise.
  • Schon mal versucht, sich nicht erst um den einen und dann um den anderen zu kümmern – sich also gegenseitig zu verwöhnen? Sich aufeinander zu konzentrieren und dabei Zeit zu lassen, sind zwei Faktoren, die von Frauen, die Umfragen zufolge häufiger kommen, auffallend oft genannt wurden.
  • Dabei lässt sich manches erst bei der Selbstbefriedigung und dann gemeinsam ausprobieren. Man kann sich auf unterschiedliche Weise berühren – mit den Fingerkuppen streicheln, der Zungenspitze leicht kitzeln oder dem Penis drücken. Intensiv oder sanft. Die Klitorisspitze lässt sich kreisend streicheln, in die Brustwarzen zwicken.
  • Je mehr man sich dabei selbst spürt, desto klarer lässt sich sagen, was gefällt. Es gibt verschiedene Techniken, mit denen sich die Körperwahrnehmung schärfen lässt: Meditation, Achtsamkeit, Feldenkrais.
  • Helfen können auch Online-Tutorials. Zum Beispiel auf der Schweizer Seite Lilli – hier geht es vor allem um das Training des Beckenbodens – oder OmgYes (kostenpflichtig) – hier können Frauen lernen, wie sich die Vulva stimulieren lässt und welche Penetration besonders angenehm ist – oder Self:Cervix, ebenfalls kostenpflichtig, bei dem der Fokus auf dem Gebärmutterhals, der Zervix, und den Brüsten liegt.

Wer sich Orgasmen wünscht, aber sie nicht erreichen kann, oder sich bei Berührungen arg unwohl fühlt, gar Schmerzen verspürt, könnte körperliche oder psychische Probleme haben, die Lust verhindern. Auch das soziale Umfeld kann einen Einfluss haben. Die Gründe zu hinterfragen, kann anstrengend sein. Nicht immer findet man allein die Lösung. Helfen können ein Arztbesuch, um bei wiederkehrenden Problemen den Körper checken zu lassen, oder eine Psycho- oder Sexualtherapie.

(Autorin: Alina Schadwinkel)

Gibt es einen vaginalen Orgasmus?

Doch nicht zuletzt deshalb, weil die weibliche Physiologie noch immer nicht ausreichend verstanden ist, fällt es schwer, Orgasmen zu ergründen. »Denken Sie nur daran, wie jung die Studien über die Klitoris sind«, sagt Rossi. Sie sei nach wie vor ein Mysterium, »obwohl sie das einzige Organ des weiblichen Körpers ist, das nur der Lust dient«.

Das Lustorgan der Frau ist weniger sichtbar als ihr männliches Gegenstück. Die Klitoris ist nämlich weit mehr als die von außen sichtbare Perle, auch Kitzler genannt. Sie besteht aus empfindlichen Schwellkörpern und Nerven, die unter der Oberfläche der Vulva liegen.

Entsprechend schwieriger ist es, sich mit dem Lustorgan vertraut zu machen. »Die Klitoris existiert nicht, bis diejenigen, die eine haben, entdecken, dass es sich gut anfühlt, sie zu berühren«, sagt Rossi. Erst seit wenigen Jahren erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihren inneren, verborgenen Teil und ihre Ähnlichkeiten mit männlichen Genitalien – etwa das Vorhandensein von Schwellkörpern – und ihre Verbindung zur Vagina.

Warum Frauen Orgasmen vortäuschen

Nicht selten täuschen Frauen bloß vor, zu kommen. Statistiken zufolge ist das in fast jeder zweiten heterosexuellen Beziehung der Fall. Menschen verstellen sich aus verschiedenen Gründen: um sich nicht als andersartig zu empfinden, um es schnell hinter sich zu bringen, etwa weil sie Schmerzen haben, um ihren Partner nicht zu enttäuschen. Einige Frauen sehen darin tatsächlich die Möglichkeit, ihrem Partner gegenüber Zuneigung und Intimität zu zeigen, wie aus einer kleinen Studie an der University of Connecticut hervorgeht.

Darüber hinaus gibt es diejenigen, die überzeugt sind, Lust vorzutäuschen verhelfe zu mehr Vergnügen. Ein Gedanke, der unter anderem von einer Studie an der University of Texas gestützt wird. »Früher dachte man, dass ein vorgetäuschter Orgasmus schlecht für die Beziehung sei, aber vielleicht wurde übersehen, dass Frauen, die sich dafür entscheiden, sich durch das Vortäuschen eines Orgasmus wohler fühlen können«, sagt Studienleiter Michael Barnett. Ganz zu schweigen davon, dass allein schweres Atmen und Stöhnen – Zeichen dafür, dass ein Höhepunkt nah ist – dazu beitragen kann, innere Blockaden so weit zu überwinden, dass der Orgasmus unvermeidlich wird. (asw)

Es habe immer eine Reihe von Tabus gegeben, die die Forschung gebremst haben. »Außerdem werden anatomische Studien weitgehend an Leichen durchgeführt«, sagt Rossi. »Das macht es schwer, Mechanismen der weiblichen Lust zu verstehen.« Man denke etwa an die Verwirrung um den so genannten G-Punkt. Erst in jüngster Zeit hat man erkannt, dass es sich dabei nicht um einen Punkt, sondern um einen Bereich handelt, die so genannte CUV-Zone, in der ein Teil der inneren Klitoris und ein Teil der Harnröhre sowie die Oberfläche der Innenwand der Vagina aufeinandertreffen.

Um auf den Orgasmus zurückzukommen: Der von der Sexualtherapeutin Helen Singer Kaplan in den 1970er Jahren beschriebene Reiz-Reaktions-Mechanismus ist immer noch gültig. »Auf den Reiz an der Klitoris folgt die motorische Reaktion, das heißt die Kontraktionen der Vagina«, sagt Rossi. Bei der Penetration werde die Klitoris aber zusätzlich stimuliert. Dabei kämen auch weitere Bereiche ins Spiel, wie der Beckenboden, der, wenn er zu stark angespannt ist, die Wahrnehmung von Kontraktionen verhindert. Mit anderen Worten: Es gibt keinen klitoralen und keinen vaginalen Orgasmus, »es gibt bloß eine Art von Orgasmus, der durch direkte oder indirekte Stimulation der Klitoris erzeugt wird«.

Das ist jedoch eine Botschaft, die nur schwer durchdringt: Noch immer ist der Glaube weit verbreitet, ein »echter« Orgasmus müsste stets mit Penetration verbunden sein. »Das führt leider dazu, dass Schwierigkeiten, ohne klitorale Stimulation zum Orgasmus zu kommen, als pathologisch empfunden werden«, sagt Rossi. Dabei sei das völlig normal.

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Heterosexuelle Frauen kommen seltener als homosexuelle

Die Tatsache, dass heute offener über weibliche Sexualität gesprochen wird als früher, macht es leichter, sich Inspiration und Hilfe zu suchen. Dieselbe Freiheit birgt aber paradoxerweise die Gefahr, dass Frauen, die keine Lust empfinden oder keinen Orgasmus erleben können, als andersartig und dafür verantwortlich gelten.

Dabei ist es normal, mal keine Lust auf Sex zu haben oder nicht zu kommen. Eine Studie, die 2018 von Forschenden der Universität Valparaíso durchgeführt wurde, zeigt, dass Frauen, die beim Geschlechtsverkehr Schwierigkeiten haben, einen Orgasmus zu haben, das Problem eher auf ihre eigene Unzulänglichkeit schieben denn auf die Umstände oder die Unerfahrenheit ihres Partners. Dabei sind die letzten beiden Punkte nicht zu unterschätzen.

Vor allem, wenn Frauen Sex mit Männern haben, sind Orgasmen für viele die Ausnahme. Sie kämen nie oder nur selten beim Geschlechtsverkehr, sagte jede fünfte bis sechste heterosexuelle Frau in eine Umfrage aus dem Jahr 2018. Zum Vergleich: Nur jeder 25. heterosexuelle Mann berichtete dasselbe.

»Es hängt von der Art und Dauer der Stimulation ab«
(Roberta Rossi)

Lesbische Frauen wiederum kommen beim Sex doppelt so oft immer zum Orgasmus wie heterosexuelle und dreimal weniger nie oder selten. Auch das geht aus der Umfrage hervor. Dies lässt darauf schließen, dass weniger biologische Unterschiede für die Orgasmuslücke zwischen Frauen und Männern sorgen als vielmehr mangelnde Skills. Oder, wie Rossi sagt: »Bei der Autoerotik gibt es keinen Unterschied zwischen hetero- und homosexuellen Frauen, was klar zeigt, dass es von der Art und Dauer der Stimulation abhängt.«

Und nicht selten von der Frage, wen es zuerst zu befriedigen gilt. So manche Frauen sind nämlich aus kulturell-historischen Gründen sowie in einer von Pornos geprägten Gesellschaft der Ansicht, es gelte zunächst den Partner zufrieden zu stellen. Weitere empfinden den Orgasmus des anderen wichtiger als ihren eigenen.

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Was, wenn es nicht klappt?

Aus dem DSM-5 ist Nicht-kommen-Können – in der Fachsprache die koitale Anorgasmie – von der Krankheitsliste gestrichen worden. Doch wenn es öfter nicht so läuft wie gewünscht, kann das körperliche oder psychische Ursachen haben. Das gilt sowohl für die Lust allgemein als auch für Orgasmen im Speziellen.

»Es gibt Frauen, die sich vor starken Gefühlen fürchten und sich nicht trauen, sich fallen zu lassen«, erklärt Rossi. Solche Frauen würden sich zwar oft als lustvoll beschreiben, kämen mit ihrer Lust beim Sex jedoch nicht weiter, auch dann nicht, wenn sie allein sind. Zu Grunde lägen häufig Schwierigkeiten, anderen oder sogar sich selbst zu vertrauen. Das kann auf eine rigide Erziehung zurückzuführen sein, die das Konzept des Vergnügens beim Sex ablehnt oder die Misstrauen fördert – »Männer sind Schurken«, »Man darf niemandem vertrauen«. Manchmal sind es aber auch Gewalt oder Belästigungen – früher oder in der Gegenwart erlebt –, die nicht nur Erregung verhindern, sondern jegliche Lust auf Sex nehmen.

Mögliche Ursachen für Orgasmusprobleme

Nicht zum Orgasmus kommen zu können, auch Anorgasmie genannt, kann verschiedene Ursachen haben. Zum einen körperliche, also physische. Krankheiten wie Diabetes, Traumata oder neurodegenerative Erkrankungen wie multiple Sklerose können sich auf die Erregungsfähigkeit auswirken. Auch Medikamente wie Antidepressiva oder chirurgische Eingriffe zur Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken beeinflussen, ob und wie eine Frau kommt. Ebenso eine beängstigende oder schmerzhafte Geburt.

Zum anderen gibt es psychologische Ursachen. In Stresssituationen fällt es vielen oft schwerer, zu kommen, als wenn sie entspannt sind. Auch die Sorge, der Partner oder die Partnerin könne einen verlassen, wenn das mit der Lust nicht bald besser wird, kann hemmen. Menschen, die in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht haben – sich etwa zu viel Druck ausgesetzt fühlten oder anderen zuliebe Dinge getan haben, die sie selbst gar nicht so mögen –, kann es ebenfalls schwerfallen, Sex zu genießen und erregt zu sein. Erst recht, wenn jemand Gewalt ausgesetzt war oder ist.

Nur wenn man beim Sex in seinem Wohlfühlbereich bleibt, kann er Freude machen. Daher ist es wichtig, die eigenen Grenzen herauszufinden und zu benennen.

(Autorin: Alina Schadwinkel)

Wie fühlt Sex sich für Sie gut an?

Frauen empfinden die Schwierigkeit, zum Orgasmus zu kommen, oft als Mangel. Daher sei es wichtig, ihnen den Leistungsdruck zu nehmen, sagt Rossi. Er sei es, der das Gefühl der Unzulänglichkeit hervorruft und so das Vergnügen zu beeinträchtigen droht.

Auch wenn Frauen im Gegensatz zu Männern multiple Orgasmen haben können, haben sie nicht unbedingt das Bedürfnis danach. Dasselbe gilt für den gleichzeitigen Orgasmus, »der oft als wichtiges Ziel dargestellt wird, was Stress erzeugen kann, aber nicht unbedingt mehr Lust hervorruft«, sagt Rossi. Oder für die weibliche Ejakulation, oft auch Squirting oder Gushing genannt. Dabei handelt es sich um verschiedene Dinge: »Bei der weiblichen Ejakulation wird eine dicke Flüssigkeit von den Skene-Drüsen abgesondert, der weiblichen Version der Prostata«, erklärt Rossi. Allerdings hat nach jetziger Erkenntnis nicht jede Frau solch eine Drüse, weshalb auch nicht jede auf diese Weise spritzen könnte.

Squirting wiederum meint, dass eine oftmals geruchlose, klare Flüssigkeit in größeren Mengen aus der Blase austritt. Außerdem kann durch den Orgasmus mehr Feuchtigkeit nach außen gepresst und sichtbar werden. All das kann vorkommen, muss aber nicht. Und ist damit »nicht unbedingt notwendig für ein gutes sexuelles Erlebnis«, wie auch Rossi sagt.

Was sich mit Sicherheit sagen lässt: Ein befriedigendes Sexleben braucht Zeit. Es ist daher ratsam, die Reise zu genießen, ohne an das Ziel zu denken. Und so zu reisen, wie es für einen selbst am schönsten ist.

Übersetzung aus
Le Scienze

Die Quote erhöht den weiblichen Marktwert.

aus twitter

Die Frankfurter Allgemeine meldet heute, dass die Gehälter weiblicher Vorstandsmitglieder der 160 Unternehmen der Dax-Familie derzeit schneller steigen als die der Männer, und dass Frauen dort inzwischen mehr verdienten als jene.

"Als wichtigen Grund für die steigenden Gehälter der Frauen sieht [er] die Dringlichkeit für Unternehmen, Frauen in ihren Vorstand zu berufen. Da Kandidatinnen knapp seien, erhöhe sich ihr Marktwert und damit auch ihre Vergütung: „Hochqualifizierte weibliche Top-Manage-rinnen haben derzeit eine gute Verhandlungsposition“, sagt Massmann. Die Politik hat den Druck auf Unternehmen zuletzt stark erhöht. Nachdem der Frauenanteil im Spitzenmanage-ment viele Jahre nur langsam stieg, hat der Bundestag eine Art Frauenquote für Vorstände beschlossen. Bestimmte Großunternehmen müssen künftig mindestens eine Frau in den Vorstand berufen, sobald das Gremium aus mindestens 4 Mitgliedern besteht."

Er werde nicht genügend Platz geschaffen für Frauen in Führungspositionen, wird gesagt. Wenn unter der Hand geraunt wird, es gäbe gar nicht genügend qualifizierte Frauen, heißt es, das sei patriarchalische Selbstverteidigung. Doch der Markt ist bekanntlich unbestechlich. Wenn jetzt künstlich eine Knappheit erzeugt wird, steigert das den Marktwert der fachlich tatsächlich in Frage Kommenden - aber nicht den Anteil von Frauen in den Vorständen! Ja, gut Ding will Weile haben. Bevor der Frauenanteil in den Führungstagen wirklich wachse, müssten Frauen vorübergehend eben den Männern gegenüber bevorzugt werden.

Vorübergehend?

Bis es genügend Frauen gibt, "die sich diese Jobs antun wollen"!

Ach so - das ist die Stelle, wo es hakt!

JE

Samstag, 30. Oktober 2021

Testosteron für jeder*mann**.


aus derStandard.at, 12. 10. 2021

Wie Testosteron das Sexleben von Frauen und Männern beeinflusst
Eine aktuelle Studie zeigt, dass das Hormon wohl für mehr Selbstbefriedigung sorgt – und bei Frauen für Offenheit in Sachen gleichgeschlechtlicher Sex

Kann man am Hormongehalt ablesen, wie viele Sexualpartner eine Person hat und wie oft sie sich selbst befriedigt? Ganz so einfach ist es natürlich nicht – eine britische Forschungsgruppe hat diese Woche aber einen weiteren Beitrag für die Diskussion darüber geliefert. Sie wollte herausfinden, welche Rolle der Testosteronspiegel bei Männern für Partnerschaften und Sexualverhalten spielt – und auch bei Frauen.

Denn um sie geht es in Zusammenhang mit dem Hormon Testosteron relativ selten. Der Wirkstoff wird meistens als männliches Sexualhormon bezeichnet; sogar das Öffentliche Gesundheitsportal Österreichs, das als Herausgeber das Gesundheitsministerium führt, geht auf Testosteron nur im Kontext männlicher Sexualorgane und Hormone ein. Zwar ist es richtig, dass Testosteron bei Männern üblicherweise in höherer Konzentration vorliegt – bei ihnen fällt ein entsprechender Mangel auch häufiger auf. Prinzipiell wird das Hormon aber in allen menschlichen Körpern produziert, sofern die entsprechenden Drüsen keine Probleme bei der Herstellung haben.

Wirkung im ganzen Körper

Diese Hormondrüsen sind die sogenannten Leydig-Zwischenzellen in den Hoden, die Nebennierenrinde und die Eierstöcke: Hier wird Testosteron aus Cholesterin gebaut. Es wandert über das Blut an Zielzellen, die im ganzen Körper sitzen. So beeinflusst es nicht nur das Reifen von Spermien und vor allem in der Pubertät die Entwicklung der Geschlechtsorgane, sondern auch beispielsweise Körperbehaarung, Muskeln, Fettverteilung und das Gehirn.

 

 

Hier prägt der Wirkstoff auch unser Verhalten, wie diverse Forschungsarbeiten nahelegen. Prominent ist der Effekt, den Testosteron auf die Libido hat: Erhöhte Testosteronwerte gehen bei Männern öfter mit einem höheren Bedürfnis nach Sex einher, wobei die Beweislage in einigen Studien nicht eindeutig ist und der genaue Mechanismus unklar.

Hormon im Speicheltest

Das britische Forschungsteam, das sich nun mit Testosteron auseinandersetzte, macht auch darauf aufmerksam, dass Frauen und Testosteron bisher noch wenig untersucht wurden. Generell lag der Fokus bei Sexualhormonstudien – was weibliche Sexualität angeht – in der Vergangenheit eher auf der Fortpflanzung. Und im Hinblick auf Männer wurde zumeist untersucht, wie leistungsfähig sie sexuell sind, also wie gut und häufig sie eine Erektion bekommen können.

In der aktuellen Studie, die im Fachblatt "Journal of Sex Research" veröffentlicht wurde, musste sich die Forschungsgruppe auf eine gewisse Offenheit ihrer Probanden verlassen: Sie sammelte die Angaben, die 1.599 Männer und 2.123 Frauen zwischen 18 und 74 Jahren im Rahmen einer nationalen Umfrage vor rund zehn Jahren über ihr Sexleben machten. Diese verglich sie mit dem jeweiligen Testosteronspiegel der Personen, den sie über Speichelproben erfasste.

Keine besseren Erektionen

Gefragt wurde unter anderem nach Sexualpraktiken, Anzahl und Geschlecht der Sexualpartner in verschiedenen Zeiträumen sowie nach verschiedenen Problemen in Sachen Sexualfunktion. Das alles klärt freilich noch immer nicht über den Wirkmechanismus des Hormons auf. Die Studie liefert aber einige Ergebnisse, die bisherige Erkenntnisse unterstützen und ein facettenreiches Bild über den möglichen Einfluss von Testosteron malen.

Bei den Männern in der Stichprobe gehen höhere Testosteronwerte durchschnittlich sowohl mit mehr Masturbation als auch mit mehr Sexualpartnerinnen einher, stellte die Analyse fest. Sie hatten in den vorangegangenen fünf Jahren eher mit mehr als einer Person gleichzeitig eine sexuelle Beziehung. Und sie gaben eher an, kürzlich heterosexuellen Sex gehabt zu haben (in der Studie wurde der Zusammenhang explizit in Bezug auf vaginalen Geschlechtsverkehr festgestellt). Dafür konnten hier – im Gegensatz zu anderen Studien – keine Hinweise darauf gefunden werden, dass mehr Testosteron für eine "bessere Sexualfunktion", also verlässlichere Erektionen, sorgt.

Gemäßigter Hormoneinfluss

Bei Frauen sieht die Lage etwas anders aus. Auch hier besteht eine Korrelation zwischen höheren Testosteronleveln und Masturbation (die dann häufiger und auch in jüngerer Vergangenheit dokumentiert wurde). Bei Sex mit einem Partner gab es allerdings keinen solchen Zusammenhang. Die Ausnahme: Frauen mit höheren Testosteronwerten gaben häufiger an, bereits mit anderen Frauen Sex gehabt zu haben.

Ihre deutliche Unterscheidung zwischen Selbstbefriedigung und heterosexuellem Sex mit Partnern kann dem Forschungsteam zufolge damit zusammenhängen, dass viele Frauen diesen Praktiken verschiedene Bedeutungen beimessen und jeweils mit unterschiedlichen Motivationen an sie herangehen. Darauf weist auch Erstautorin Wendy Macdowall von der London School of Hygiene and Tropical Medicine hin. Die Ergebnisse passen zu der Annahme, dass bei Frauen hormonelle Einflüsse auf ihr Verhalten stärker von sozialen Einflüssen abgemildert werden. (sic)

Studie

The Journal of Sex Research: "Salivary Testosterone and Sexual Function and Behavior in Men and Women: Findings from the Third British National Survey of Sexual Attitudes and Lifestyles (Natsal-3)" (Open Source)

 

aus scinexx.de, 11. 10. 2021

Testosteron = Erfolg? 
Diese Formel scheint so nicht aufzugehen
Es ist das Synonym für echte Männlichkeit. Nein, nicht der Bart, auch nicht die breiten Schultern oder das schnelle Auto. Gemeint ist das Hormon Testosteron, welches bei Männern eine nicht ganz unbedeutende Wirkung hat. So sorgt es in der Jugend für die körperlichen Veränderungen, hilft dem Muskelwachstum deutlich auf die Sprünge und die Männlichkeit im Schlafzimmer zeugt auch von Testosteron – und durch das Hormon. Ein guter Testosteronwert wird gerne mit Erfolg im Leben gleichgesetzt. Aber bestimmt das Hormon wirklich den Erfolg und erzielen Männer so bessere sozioökonomische Werte? Dieser Artikel schaut sich das einmal an.
 
Was soll Testosteron bewirken?

Das Hormon ist ein wichtiger Bestandteil des männlichen Körpers. Es kommt übrigens auch bei Frauen vor, doch dort in weitaus geringeren Mengen. Es dient beim Mann aus körperlicher Sicht wie folgt:

  • Haut/Haare – Körperbehaarung, Bartwuchs, die Durchfettung der Haut, all diese Attribute werden vom Testosteron gesteuert. Wirklich auffällig ist dies in der Pubertät, wenn sich der Körper ändert.
  • Muskulatur – das Muskelwachstum und auch die Kraft der einzelnen Muskelstränge wird durch Testosteron gesteuert.
  • Gehirn – das Hormon hat einen massiven Einfluss auf Stimmung, Psyche und natürlich die Libido.
  • Verhalten – viel Testosteron wird auch häufig mit einer erhöhten Risikobereitschaft gleichgesetzt. Hier spielen die chemischen Prozesse im Hirn mit hinein. Es scheint so, als würde ein hoher Testosteronspiegel automatisch die Zurückhaltung herabsetzen. Risikobereite Menschen wagen häufiger neue Schritte, sind Risikosportarten zugeneigt und finden sich auch gerne in Casinos ein. Dies gilt auch für Online-Casinos, in denen inzwischen sogar legal Blackjack gespielt werden kann wie hier zu lesen

Auch auf die Knochen, die Stimme und die inneren Organe wirkt das Hormon ein. Diese Funktionen haben natürlich nur einen indirekten Einfluss auf erhöhte Erfolgschancen durch Testosteron. Körperbau, Muskeln, Haare und die Statur hingegen tragen automatisch dazu bei. Es handelt sich zwar nur um subtile und eher unbewusste Merkmale, doch wirkt ein muskulöser, kräftiger, ›männlicher‹ Mann auf viele Menschen respekteinflößender und erfolgreicher, als ein Mann, der eher klein gewachsen und schlank ist.

Art des Zusammenhangs nicht klar

Aber hängt Erfolg von Testosteron ab oder beeinflusst Testosteron den Erfolg? Selbst Studien sind sich diesbezüglich nicht absolut einig, Fakt ist, dass die Wissenschaft viele Jahre davon überzeugt war, dass ein hoher Testosteronspiegel eine bessere Gesundheit und höhere Einkommen bedeutet. Mittlerweile wendet sich das Blatt, denn es wurde herausgefunden, dass es eigentlich der Erfolg ist, der den Testosteronspiegel ansteigen lässt:

  • Ausgangslage – Studien mit Männern ergaben, dass mit dem Testosteronspiegel auch die Risikofreude steigt. In den Testreihen waren Männer mit hohem Spiegel oft selbstständig im eigenen Betrieb oder arbeiteten in Führungspositionen. Das Bildungsniveau war höher, das Gehalt ebenfalls, gleichfalls galten die Männer als risikofreudig und durchsetzungsfähig.
  • Die Forschung – in einer genetischen Studie wurde genau erforscht, ob nun zuerst Testosteron und dann der Erfolg kommt – oder genau andersherum. Die Frage war, ob sozioökonomische Faktoren den Testosteronspiegel positiv oder negativ beeinflussen. Da in den Genen verankert ist, ob überhaupt eine Veranlagung für einen hohen Spiegel besteht, konnte diese Studie bereits mit jungen Männern durchgeführt werden. Zugleich wurde die Studie mit Frauen durchgeführt.
  • Ergebnis – Testosteron ist für den Erfolg eher unwichtig. Zwar konnten, je nach Leseart der Ergebnisse, frühere Studien bekräftigt werden, doch passten die Ergebnisse der Frauen nicht dazu. Probandinnen mit einem hohen Testosteronwert waren oft wenig erfolgreich. Die genetischen Daten hingegen brachten kaum einen Zusammenhang hervor.

Eine gute Erklärung für das Phänomen lässt sich darin finden, dass Stress ein negativer Faktor bei der Testosteronbildung ist. Männer, die aus sozial schlechter gestellten Familien oder Gebieten stammten, die in der Ausbildung unter körperlichem oder psychischem Stress litten, hatten automatisch einen niedrigeren Testosteronwert, ganz unabhängig von der genetischen Disposition.

Was bedeutet das genau?

Stress steht dem Erfolg entgegen. Und der Erfolg ist es, der den Testosteronspiegel leitet, nicht andersherum. Was bedeutet das nun für Männer?

  • Gesund leben – Männer sollten allgemein ein gesundes Leben führen. Sport, ruhig einmal mit dem wohlbekannten Auspowern, gesunde Ernährung und Ruhephasen. So lässt sich der Stress reduzieren, sodass er keine großen Auswirkungen auf den Hormonspiegel hat.
  • Erfolg macht maskulin – dies gilt gerade für die jungen Männer, die das Gefühl haben, der Eimer Testosteron war bei der Vergabe an sie leer. Auch schmächtige Schultern hindern nicht am Erfolg – der Erfolg kann es sein, der das Testosteron fördert.
  • Mangel – besteht allgemein die Befürchtung, dass der Testosteronspiegel sehr niedrig ist, so sollte über ein Blutbild ein Mangel ausgeschlossen werden. Es kann immer geschehen, dass die Ausschüttung zu gering ist, was sich natürlich auch gesundheitlich auswirkt. In diesem Fall kann mit Medikamenten nachgeholfen werden.

Grundsätzlich sollte kein Mann den Testosteronwert als Schild nutzen oder sich dutzende Gedanken machen, wenn der Körperbau nicht dem Highlander nahekommt. Jeder ist verschieden und nicht jeder Mann kann Muskeln aufbauen. Der Erfolg hängt nicht von der Muskelmasse ab, sondern vom Können, Wissen und dem Willen, es zu schaffen. Mit jeder Stufe auf der Erfolgsleiter steigt auch das Selbstbewusstsein und mit ihm kommt die männliche Ausstrahlung direkt.

Und was ist mit der Risikobereitschaft? Sicherlich kennt jeder jemanden in seinem Umfeld, der eher klein und schmächtig ist, der aber notfalls auch den Drachen mit einer Kuchengabel bekämpfen würde: Weil er weiß, dass er schneller ist. Risikobereitschaft bedeutet nicht, unberechenbare Wagnisse einzugehen, sondern den Mut zu haben, einen notwendigen Schritt zur rechten Zeit zu gehen.

Fazit – es kommt nicht nur auf Hormone an

Testosteron ist wichtig für den männlichen Körper. Knochen, Muskeln, Organe, Hirn und der Geschlechtstrieb samt Fortpflanzung hängen davon ab. Viel Testosteron bedeutet neuen Forschungen nach aber nicht direkt Erfolg, sondern Erfolg kann Testosteron mit sich bringen. Wer mit sich hadert, der sollte sich keinesfalls den Kopf zerbrechen. Psychischer Stress lässt den Testosteronspiegel ebenso sinken, wie körperlicher Stress. In der Ruhe liegt die Kraft und wer zur Ruhe kommt, der sieht auch den Weg zum Erfolg.