Sonntag, 9. Juni 2019

Der Beitrag des Mannes zur Menschwerdung des Affen.


aus higgs,

Väter sind bei der Erziehung doch nicht ganz nutzlos
Lange dachte man, es spiele bei Säugetieren keine Rolle, wer der Mutter bei der Aufzucht von Jungen hilft. Das stimmt nicht, fanden Forscher der Uni Zürich jetzt heraus.
  • Wenn Väter bei der Aufzucht helfen, entwickeln die Nachkommen grössere Gehirne und werden klüger.
  • Wie Forschende der Uni Zürich herausfanden, erfüllen andere Gruppenmitglieder diese Aufgabe nicht so gut.
  • Eine Ausnahme ist der Mensch: Weil hier Verwandte auch zuverlässig helfen, konnten wir die grössten Hirne entwickeln.
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Sowohl bei den Menschen als auch im Tierreich gilt: Die Kinder, die die beste Fürsorge erhalten, haben die besten Überlebenschancen. So überrascht es nicht, dass Mütter bei der Aufzucht ihrer Kinder Hilfe erhalten, wenn diese benötigt wird.

Was überrascht, ist die Rolle des Vaters. Bisher ging man davon aus, dass es mehr oder weniger egal ist, von wem die Unterstützung kommt – Hauptsache, der Mutter wird geholfen.

Ein Forscherteam der Universität Zürich konnte nun beweisen, dass die Sache anders aussieht. Väter sind zuverlässigere Helfer als andere Gruppenmitglieder. Zu diesem Schluss kamen Sandra Heldstab und ihre Kollegen Karin Isler, Judith Burkart und Carel van Schalk, nachdem sie sich 480 Säugetierarten genauer angesehen haben.

Sie haben festgestellt, dass jene Tierarten, bei denen der Vater mit anpackt, grössere Gehirne und somit einen Evolutionsvorteil entwickeln. Denn je grösser ein Gehirn im Verhältnis zur Körpergrösse ist, desto intelligenter ist ein Lebewesen.

Das grosse Gehirn hat jedoch einen Preis: Ein Säugling verbraucht rund zwei Drittel seiner Energie ausschliesslich zur Versorgung des Hirns. Damit die Mütter ihrem Nachwuchs diese Energie in Form von Milch und Nahrung geben können, sind sie auf Hilfe angewiesen. Und da kommen die Väter ins Spiel.

«Väter helfen bei der Jungenaufzucht konstant und zuverlässig, während die Unterstützung von anderen Gruppenmitgliedern wie etwa älteren Geschwistern viel weniger verlässlich ist», erklärt Evolutionsbiologin Heldstab laut einer Mitteilung.

Bei anderen Arten wie etwa Erdmännchen und Präriewühlmäusen wandern die älteren Geschwister oft in eine andere Gruppe ab, sobald sie geschlechtsreif werden, und stehen – im Gegensatz zum Vater – der Mutter als Helfer nicht mehr zur Verfügung.

Eine Ausnahme bildet der Mensch: Hier ist nicht nur die väterliche Unterstützung, sondern auch die von anderen Personen sehr zuverlässig. Unter anderem deswegen konnte der Mensch das verhältnismässig grösste Gehirn entwickeln und sich vom Rest des Tierreiches absetzen. So sagt Heldstab in der Mitteilung: «Bei Säugetieren ist nur auf die Hilfe der Väter Verlass. Wir Menschen können uns glücklicherweise auch auf die Hilfe anderer verlassen.»

Link zur Studie

 
Nota. - Dass sich die männlichen Individuen an der Aufzucht der Nachkommen beteiligen, ist nicht selbstverständlich - sonst gäbe es keine Vergleichsmöglichkeit mit Tieren mit kleineren Hirnen. Bei einer großen Anzahl von Säugetieren, aber auch Vögeln, beteiligen sich jedoch die männlichen Individuen an der Aufzucht, indem sie einen Teil der Arbeiten übernehmen, die bei andern Tierarten die Muttertiere allein erledigten.

Unter diesem Gesichtspunkt ist das einzig Besondere bei uns Menschen, dass erstens der Beitrag der Väter verlässlicher ist als bei andern Tieren, dass aber auch andere Verwandte teilnehmen - was nur möglich ist, weil wir Menschen in stabilen Gesellschaften leben (und aus diesem Grund kommte es z. B. auch bei großen Affen und Elefanten vor). 

Jedoch:
zu  Der evolutionäre Sinn der geschlechtlichen Arbeitsteilung

Von allen Lebewesen sind wir Menschen die einzige Gattung, in der der männliche Teil der Population als solcher einen eigenen Anteil hat an der Aufzucht und Versorgung der Nachkommenschaft - und daher an der Erhaltung der ganzen Art über den bloßen Zeugungsakt hinaus.

Am meisten verbreitet ist es im Tierreich, dass die männlichen Individuen nach dem Zeugungsakt ihrer Wege gehen. Ernährung und Behütung der Jungen ist Sache der Mütter und anderen weiblich Verwandten. Wo die männlichen Tiere immerhin mit ihrem Harem und den Jungtieren zusammenleben, da beteiligen sie sich, wie die Löwen, nicht einmal am Erwerb der gemeinsamen Nahrung: Auch das besorgen die Löwinnen, sie jagen in Gemeinschaft, während der Pascha restlos damit ausgelastet ist, die Gruppe gegen Feinde zu verteidigen und... andere Löwenmänner von seinem Harem fernzuhalten. Das lastet ihn nicht nur aus, sondern nimmt ihn so in Anspruch, dass er schon nach wenigen Jahren das Rudel einem Stärkeren und Jüngeren überlassen muss (dem es dann ebenso ergehen wird). Mehr als die Abgabe seines Samenpakets hat er bis dahin zur Erhaltung seiner Art nicht beigetragen. 

Bei anderen Rudeltieren mit einer komplexeren sozialen Organisation, nämlich bei Beutegreifern, die wie Wölfe und Hyänen im Verband jagen, beteiligen sich regelmäßig männliche wie weibliche Tiere an der Beschaffung der gemein- samen Nahrung; aber nur gelegentlich beteiligen sich die männlichen Tiere auch an der Aufzucht der Jungen, indem sie sich nachsichtig auch mal auf der Nase rumtanzen lassen. (Eine Kuriosität ist der Polarfuchs: Der lebt nicht mit der Fähe und ihren Kindern im selben Bau, versorgt sie auch nicht mit Nahrung. Aber morgens holt er die Jungen zuhause ab und zieht mit ihnen aus, um sie das Jagen zu lehren.) Bei manchen Vögeln kommt es schließlich vor, dass Mutter- und Vatertier sich nicht nur beim Füttern, sondern schon bei der Brut ablösen. Aber immer sind es die Väter, die sich an dem beteiligen, was die Mütter angefangen haben - individuell.

Dass das männliche Geschlecht als Ganzes eine Tätigkeit entwickelt, die zur Erhaltung der Art einen eigenen Beitrag leistet, kommt aber nur bei uns Menschen vor. Die Männer jagen. Das tat die Familie Homo "von Hause aus" nicht. Unsere Vorfahren werden - wie unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen und Bonobos - in größeren Gruppen gesammelt haben: um sich gegen Nahrungskonkurrenten durchsetzen zu können. Und wenn sie dabei auch gelegentlich kleinere Affen getötet und gefressen haben, so tat es doch jedes Individuum für sich - wie eben noch heute Schimpansen und Bonobos. Gesammelt und erst nachher geteilt wird dort nicht, und sowenig wie das reguläre Sammeln wird gelegent-liches Jagen organisiert. Doch erst Organisation macht Arbeitsteilung möglich.

*

Vorstehende Zeilen sind bald zwanzig Jahre alt. Heute kann ich hinzufügen: Der Eigenbeitrag, den das Männliche zur Ausbildung unserer Gattung geleistet hat, betrifft an allererster Stelle das Gehirn; erstens überhaupt und allgemein, zweitens im Besondern, indem sie beim Jagen das Eiweiß anschaffen, das für die Ausbildung des großen Gehirns not- wendig ist. Das merke ich ihm noch heute an: Am männlichsten komme ich mir immer beim Nachdenken vor. Ich wünschte, es wäre weiter verbreitet. 
JE

 

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