Wikingerkrieger war eine Frau
DNA-Analysen enthüllen erstmals hochrangigen Wikinger-Offizier weiblichen Geschlechts
Wehrhafte Walküre: Bei den Wikingern waren Krieg und Kampf nicht nur Männersache – es gab auch weibliche Kriegerinnen, wie ein Wikingergrab im Südosten Schwedens belegt. In ihm zeugen zahlreiche Waffen, zwei Pferde und ein Strategiespiel davon, dass hier ein höherrangiger Offizier begraben wurde. DNA-Analysen enthüllen nun, dass dieser Kriegeroffizier in Wirklichkeit eine Frau war. Frauen konnnte demnach bei den Wikingern durchaus hochrangige, "typisch männliche" Positionen bekleiden.
Vor rund tausend Jahren dominierten die Wikinger weite Teile Nordeuropas und besiedelten als erste Europäer sogar das ferne Grönland. Obwohl die Nordmänner auch ein ausgedehntes Handelsnetz unterhielten, waren vor allem die Raubzüge ihrer Krieger gefürchtet. Gängiger Lehrmeinung nach galt dabei die klassische Arbeitsteilung: Männer waren Herrscher und Krieger, die Frauen kümmerten sich um Haus und Kinder.
Waren Walküren nur ein Mythos?
Aber stimmt das auch? "Schon im Mittelalter gab es Erzählungen über weibliche Wikingerkrieger, die Seite an Seite mit den Männern kämpften", berichten Charlotte Hedenstierna-Jonson von der Universität Stockholm und ihre Kollegen. "Obwohl diese Geschichten immer wieder in den Überlieferungen auftauchten, wurde sie aber meist als bloße Legenden abgetan."
Dass mehr dahintersteckt, belegt nun ein Grab aus der alten Wikingersiedlung Birka im Südosten Schwedens. Zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert lebten hier bis zu tausend Menschen, geschützt von einer Festung. Im Umfeld der Siedlung haben Archäologen einen ausgedehnten Friedhof mit rund 3.000 Gräbern entdeckt. "Dies ist eine der größten bekannte Ansammlungen von Gräbern in der Wikingerwelt", erklären die Forscher.
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Krieger-Offizier in voller Montur
Eines der Wikingergräber von Birka, Bj581, ist besonders reich
ausgestattet und gut erhalten. Prominent auf einer Terrasse zwischen
Festung und Ort gelegen, enthält dieses Grab einen Toten, der die volle
Ausstattung eines Kriegers mit ins Grab bekommen hatte: ein Schwert,
eine Streitaxt, einen Speer, Pfeile, ein Kriegermesser, zwei Schilde und
zwei Pferde. "Basierend auf diesen Grabbeigaben wurde der Tote im Grab
Bj581, für einen männlichen Krieger gehalten", so die Wissenschaftler.
Neben den Waffen fanden die Archäologen auch ein Spielbrett mit
Spielfiguren im Grab. "Dies deutet auf eine Beschäftigung des Toten mit
Taktik und Strategie hin und spricht dafür, dass es sich hier um einen
höherrangigen Offizier handelte", erklären Hedenstierna-Jonson und ihre
Kollegen. Auch das sprach eher für einen Mann. "Zwar kennt man einige
Wikingerfrauen, die mit Waffen begraben wurde, aber ein weiblicher
Krieger dieses Rangs war bisher unbekannt."
Kriegerin statt Krieger
Dennoch wollten die Archäologen sichergehen und haben daher das
Geschlecht des Wikingerkriegers anhand einer DNA-Probe aus einem seiner
Knochen bestimmt. Gleichzeitig untersuchten sie über Genvergleiche und
Isotopenanalysen der Zähne, aus welcher Population dieser Tote stammte.
Das überraschende Ergebnis: Der vermeintliche Krieger war in
Wirklichkeit eine Kriegerin. Das Skelett im Grab Bj581 gehörte eindeutig
einer Frau. Wie die Genvergleiche ergaben, war sie zudem eine
Wikingerin, stammte aber offenbar nicht aus der unmittelbaren Umgebung.
Sie muss als Jugendliche nach Birka gekommen sein, wie die Forscher
berichten.
Mächtige Frau in einer männerdominierten Welt
Die Tatsache, dass diese Wikingerin mit voller Kriegerausstattung
begraben wurde, spricht dafür, dass sie zu Lebzeiten eine hohe Stellung
in der Wikingergesellschaft5 von Birka besaß. "Die exklusiven
Grabbeigaben und die beiden Pferde gehörten einem Menschen, der
Verantwortung für Strategie und Kriegstaktik besaß", so
Hedenstierna-Jonson. "Das war keine Walküre aus der Sagenwelt, sondern
eine militärische Führungspersönlichkeit, die zufällig eine Frau war."
Nach Ansicht der Archäologen belegt dieser Fund, dass es auch in der
männerdominierten Welt der Wikingerkrieger durchaus Frauen gab, die
damals höhere Ränge bekleideten und Männer anführten. "Frauen konnten
demnach durchaus vollwertige Mitglieder dieser Gesellschaft sein", so
die Forscher. "Dies zeigt, wie die Kombination von Archäologie und
Genanalysen unser Verständnis der sozialen Organisation vergangener
Kulturen verändern kann." (American Journal of Physical Anthropology,
2017; doi: 10.1002/ajpa.23308)
(Stockholm University, 11.09.2017 - NPO)
Nota. - Ich muss mich wohl mal wieder für gerechte Sprache einsetzen: Was soll denn die Rede von einer "männerdominierten Welt" bedeuten? Das mag einen Sinn haben, wenn man sich unter der 'Welt der Wikinger' ausschließlich Endeckungsfahrten und Raubzüge vorstellt. Aber das war nur die Außenseite. Im Innern waren die Wikinger eine Gesellschaft von Bauern, und die beruht ökonomisch hauptsächlich auf den Hauswirtschaf- ten. Waren die auch "männerdominiert"? Was soll man sich darunter vorstellen? Und woher will man es wissen?!
Zu allem Überfluss erfahren wir nun auch noch, dass sogar in der Militärorganisation Frauen (mindestens diese eine) bis an die Spitze gelangen konnten. Was könnte man sich bei der Rede von der 'jahrtausendealten Unter- drückung der Frau' also denken?
JE
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