aus Welt.de, 12. 2. 2018
In Frankfurt/Oder offenbart sich die wahre Lohnlücke
Eine aktuell laufende Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die WELT exklusiv vorliegt, zeigt, dass von einem bundesweiten Pay Gap keine Rede sein kann. Je nach Region reicht der Pay Gap von 38 bis minus 17 Prozent. Und das, obwohl die Frauen durchschnittlich überall etwa gleich viel verdienen.
Ein Beispiel: Der Pay Gap zugunsten der Männer ist nirgendwo höher als in Dingolfing-Landau. 38 Prozent verdient ein Mann hier im Durchschnitt mehr als eine Frau. Den höchsten Pay Gap zugunsten der Frauen hat Cottbus: 17 Prozent verdient eine Frau hier im Durchschnitt mehr als ein Mann. Aber die Frauen in Dingolfing-Landau und in Cottbus verdienen etwa gleich viel: 2791 Euro beziehungsweise 2814 Euro. Was sich allerdings unterscheidet, ist das durchschnittliche Einkommen der Männer: 4531 Euro zu 2398 Euro.
Eine genaue Erklärung für diese Zahlen haben die Wissenschaftler am IAB noch nicht. Die Studie, für die man die Daten des Bundesamtes für Arbeit aus dem Jahr 2016 auswertet, will man erst im Herbst veröffentlichen. Erste Schlussfolgerungen gibt es aber schon: „Wo die Männer weniger verdienen, besteht tendenziell ein Pay Gap zugunsten der Frauen. Wo Männer mehr verdienen, sehen wir eher einen Pay Gap zugunsten der Männer“, sagt Michaela Fuchs vom IAB Sachsen-Anhalt-Thüringen, das die Studie durchführt. „Es scheint so zu sein, dass die Verfügbarkeit bestimmter Jobs für Männer in einer Region entscheidend ist dafür, wie der Gender Pay Gap dort ausfällt.“
Unternehmen sorgen für hohe Unterschiede
Besonders hoch ist der Gender Pay Gap zugunsten der Männer in Regionen wie Dingolfing-Landau (38,4), Ingolstadt (36,9), Böblingen (35,9), Bodenseekreis (33,6) und Erlangen (32,4). „Das sind alles Regionen, die auf bestimmte Bereiche spezialisiert sind“, sagt Fuchs. „Dort sitzen bestimmte Unternehmen, und diese spezielle Jobstruktur scheint Männern mehr zugutezukommen als Frauen.“
Die Regionen sind Industriestandorte. In Dingolfing-Landau befindet sich das größte Werk von BMW in Europa. In Ingolstadt ist Audi der größte Arbeitgeber. In Böblingen produzieren Daimler, Philips und IBM. Und das Muster lässt sich auch umkehren: Regionen, in denen Männer im Durchschnitt weniger verdienen als Frauen, haben tendenziell eine gering ausgebildete Industrie und keine dominanten Großunternehmen.
„Schauen Sie sich Cottbus an oder Schwerin oder Frankfurt (Oder): Die Männer verdienen weniger und sind häufiger arbeitslos. Da stehen die Frauen im Vergleich gut da“, sagt Fuchs. Die hoch bezahlten Jobs seien in Deutschland nicht gleich verteilt. „Bricht man das herunter, könnte das heißen, dass Männer unterschiedliche Chancen haben, je nachdem wo sie wohnen – und dass Frauen diese Chancenbreite gar nicht haben.“
Das größte Gebiet mit Pay Gaps zugunsten der Frauen ist die ehemalige DDR. Gleichzeitig ist die Region das Gebiet mit dem niedrigsten Durchschnittseinkommen beider Geschlechter. Obwohl Frauen hier durchschnittlich nicht weniger verdienen als in Regionen mit hohem Pay Gap zugunsten der Männer.
Ganz flache Verdienstkurven
„Bei der Karriereentwicklung gibt es Auffälligkeiten“, sagt Fuchs. „Man verdient ja in der Regel mit zunehmendem Alter mehr, weil man aufsteigt. Schaut man sich aber die Verdienstkurven an, dann sind die in Ostdeutschland ganz flach. Das heißt, zusätzliche Aufstiegsmöglichkeiten scheint es kaum zu geben, weder für Frauen noch für Männer.“ In Westdeutschland scheine das größtenteils anders zu sein – für Männer. „Belegen können wir das aber noch nicht: Da sind wir gerade bei.“
So spektakulär die Zahlen sind, muss man sich eines vor Augen halten: Die Ergebnisse des IAB zeigen je das Minimum des Pay Gaps zugunsten der Männer und das Maximum des Pay Gaps zugunsten der Frauen. Real dürften die Pay Gaps zugunsten der Männer größer sein und die Pay Gaps zugunsten der Frauen kleiner. „Wir haben die Daten von Sozialversicherungspflichtigen, die Vollzeit arbeiten“, sagt Fuchs, „Die Teilzeitkräfte fehlen in der Auswertung, und das sind vor allem Frauen.“
Der bundesdeutsche Pay Gap, den das IAB gefunden hat, liegt letztlich so nur bei 14 Prozent. Das Statistische Bundesamt hat dagegen auch die Teilzeitkräfte einbezogen und kommt auf 21 Prozent. Für die Wissenschaftler des IAB stellt sich aber die Frage: Wie aussagekräftig kann ein bundesdeutscher Pay Gap vor dem Hintergrund der regionalen Unterschiede sein? Hat er überhaupt einen Sinn?
Frauen grundsätzlich benachteiligt?
„Die regionalen Unterschiede sind so extrem. Wenn wir das auf die nationale Ebene heben, müssen wir sagen: Der pauschale Wert trägt nicht weit.“ Was der bundesdeutsche Pay Gap aber zeigt und was auch mit den Ergebnissen des IAB übereinstimmt, sei aber: „Frauen sind grundsätzlich [?] benachteiligt gegenüber Männern.“
Ob sich die Vermutung bestätigt, dass der deutsche Gender Pay Gap vor allem den hoch bezahlten Jobs der Männer in Technik und Industrie zuzuschreiben ist, will das IAB im Herbst erklären. Doch die Daten zeigen schon jetzt: Die Chancen der Männer unterscheiden sich je nach Wohnort. Es gibt einen Pay Gap zwischen Männern. Und die Frauen? Wollte man den Pay Gap in industriestarken Regionen beseitigen, so scheint es, brauchte man mehr technikaffine Frauen.
aus FAZ.NET, 12. 2. 2018
Erst vergangene
Woche hatte eine Studie des Fahrdiensts Uber gezeigt, dass es auch dort
eine Eiinkommens-Lücke von rund sieben Prozent gibt – obwohl der Algorithmus die Fahrer nicht nach Geschlecht bezahlt.
Grund sei, dass Männer schneller Erfahrung erwerben, zu unbeliebteren
Zeiten arbeiten und schneller fahren, so dass sie mehr Fahrten pro
Stunde schaffen.
Nota. - Beweisen, dass "Frauen grundsätzlich benachteiligt" sind, könnte nur eine Statistik, die belegt, dass Frauen für dieselbe Arbeit schlechter bezahlt werden. So eine Statistik habe ich noch nicht gesehen. Der Pay Gap ist wieder bloßes Gegacker.
JE
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