Mittwoch, 28. Februar 2018

Ein nicht-sexueller Ursprung von Pädophilie?

Zeus und Ganymed
 aus derStandard.at, 24. Februar 2018, 06:00

Forscher finden neuen Erklärungsansatz für Pädophilie
Pädophilie sei auf eine Störung des Brutpflegesystems im Gehirn zurückzuführen

Bei Männern mit Pädophilie liegt im Gehirn ein Störung des Brutpflegesystems vor. Das hat ein Forscherteam der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) nun herausgefunden. Ihre Erkenntnisse zu den möglichen Ursachen wurden nun in der Fachzeitschrift Frontiers in Human Neuroscience.

Zahlreiche Vorgängerstudien beschäftigten sich bei der Suche nach Erklärungen für pädophile Störungen vor allem mit dem Paarungssystem, also den Reaktionen des Gehirns auf sexuelle Reize, den damit verbundenen Mechanismen der Impulskontrolle und möglichen hirnanatomischen Veränderungen.

Im Gegensatz dazu konzentrierte sich das Kieler Forschungsteam nun auf Gehirnaktivitäten, die das sogenannte Brutpflegeverhalten steuern. Männer sind anders als die meisten männlichen Säugetiere zu ungewöhnlich ausgeprägten Brutpflegetätigkeiten in der Lage. Sie verfügen also über ein breites Spektrum an sozialen Fertigkeiten, mit denen sie sich um ihren Nachwuchs kümmern können. Dieses Verhalten steht bei Säugetieren einschließlich des Menschen mit einer bestimmten hormonellen Regulation in Verbindung.

Sexualisierung der Brutpflege

Die Forscher vermutete eine mögliche Überaktivität des Brutpflegesystems bei pädophilen Männern. "In unserer Untersuchung haben wir uns erstmals mit Mechanismen im Gehirn der Betroffenen befasst, die nicht mit der Sexualität in Verbindung stehen. Die Ursachen für Pädophilie sind vielschichtiger als bisher angenommen und hängen möglicherweise auch mit einer Sexualisierung der Brutpflege zusammen", betont Psychologe Jorge Ponseti, Leiter der Studie.

Das Team untersuchte, welche Reaktionen pädophile Männer auf Bilder von jungen und ausgewachsenen Tieren zeigen und nahmen dabei magnetresonanztomographische Messungen (MRT) des Gehirns vor. Sie nutzten also eine Methode, die unabhängig von sexuellen Reizen über das sogenannte Kindchenschema der abgebildeten Jungtiere für eine Aktivierung des Brutpflegesystems sorgt.

Medikamentöse Hormon-Regulierung

Es zeigte sich, dass die subjektive Wahrnehmung dieser Bilder sich bei pädophilen Männern und einer gesunden Kontrollgruppe nicht unterschied. Allerdings ergaben die MRT-Messungen, dass sich die sogenannte Hirnantwort der Betroffenen beim Betrachten der Jungtiere deutlich verstärkte. Dabei handelt es sich um Aktivitäten in bestimmten Hirnarealen, etwa dem linken vorderen Inselkortex, die zum Beispiel auch aktiv sind, wenn Mütter ihr eigenes Kind anschauen.

Die Kieler Forschenden schlossen daraus, dass Pädophilie auch mit einer Störung des männlichen Brutpflegesystems in Verbindung stehen kann. Ein Ansatz, dem sie dabei nachgehen wollen, liegt in der Konzentration bestimmter Hormone, die im weiblichen Organismus mit Beginn der Wechseljahre sinkt.

Sie bewirkt bei Frauen, dass sich das Brutpflegesystem verändert und sie zum Beispiel weniger stark auf das Kindchenschema reagieren. Das Forschungsteam will prüfen, ob eine medikamentöse Hormon-Regulierung bei betroffenen Männern eine ähnliche Wirkung zeigt. "Dieser Therapieansatz böte die Chance, eine pädophile Neigung viel zielgerichteter zu behandeln als das heute möglich ist", zeigt sich Ponseti optimistisch. (red

Originalpublikation:
Decoding Pedophilia: Increased Anterior Insula Response to Infant Animal Pictures


Nota. - Auf den ersten Blick wirkt es sympathisch, dass einmal, ein erstes Mal nicht 'der Sex' als apriorischer ('vor aller Erfahrung gültiger') Ausgangspunkt gewählt wird, als wäre er ein Absolutum ohne Bedingungen. Auf den zweiten Blick stört aber gleich der Begriff Pädophilie. Dieser Ausdruck ist im 20. Jahrhundeert erfunden worden, als in den meisten westlichen Ländern Sex mit Jungen und Sex mit Mädchen in gleicher Weise unter Strafe gestellt wurden (das war nicht überall und immer so). Da wurde, weil es nun diesen Paragraphen gab, eine 'Abweichung' namens Pädophilie erdacht, die vor Gericht eine Rolle bei der Erwägung der Schuldfähigkeit spielen konnte. Die forensische Psychiatrie fand keinen Anlass, das Konstrukt in Frage zu stellen, und so blieb es bis heute.

Tatsächlich kommen auch vor Gericht in den allermeisten Fällen Täter vor, die entweder Mächen oder Jungen bevorzugen. Ob die verbleibende Gruppe 'zweigeschlechtlicher' Kinderfreunde groß genug ist, um eine eigenes 'Krankheitsbild' zu rechtfertigen, wurde noch gar nicht untersucht.

Für diese Gruppe allein käme aber eine Erklärung in Frage, die von Brutpflege und Kindchenschema ausgeht; dort müsste es zudem um kleine Kinder gehen. 

Die beiden Figuren, die dagegen ein kulturgeschichtliches Profil erwickelt haben - der griechische Päderast und Lolitas Humbert Humbert und ihre Nachfolger - blieben unberücksichtigt. Sie dürften aber in Wirklichkeit die große Masse der Fälle bestreiten. Wie viele davon jeweils vor Gericht landen, ist eine Frage für sich.
JE

Samstag, 17. Februar 2018

Sex und Gender - wie es euch gefällt.


Herkules bei Omphale
 
Die Neue Zürcher bringt heute einen Beitrag von Joanna Williams, der die widersprüchlichen Stand- punkte in der Sex-Gender-Diskussion zusammenfasst. Dass sich zum Schluss doch nur eine Bin- senweisheit ergibt, ist nicht ihre Schuld - es liegt in der Natur der Sache. Denn das wissen wir längst: Was uns die Naur mitgegeben hat, ist eines; was wir daraus machen, ist ein anderes. Mitgegeben hat sie uns nämlich auch den Fluch des Bewusstseins und des freien Willens. Mit dem Ergebnis: Berufen können wir uns auf nichts und niemanden, wir müssen für alles selber gradestehen. 

So weit war die Philosophie etwa seit Kant. Sachlich hat die Gender-Debatte nichts Neues hinzuge- fügt.


... Diesem Denken stellt sich ein anderes entgegen, das die biologisch bedingte Geschlechterdifferenz wieder auf den Plan bringen will. Die Evolutionspsychologie vertritt den Standpunkt, dass die biologische Geschlechterdif- ferenz sich durchaus auf die Natur des Menschen auswirkt. Das Verhalten von Tieren weist geschlechtsbedingte Unterschiede auf, und solche zeigen sich auch beim Menschen – und zwar in verschiedensten Kulturen und Epochen.

Der evolutionäre Druck auf männliche und weibliche Geschöpfe und die Hormone, mit denen der Fötus im Mutterleib in Kontakt kommt, haben laut einer – freilich umstrittenen – Studie des britischen Psychologen Simon Baron-Cohen zur Ausprägung zweier unterschiedlicher, in unserer Neurophysiologie verankerter Natu- relle geführt, wobei Frauen stärker auf Empathie, Männer stärker auf systematisches Denken ausgerichtet sind. Allerdings konzediert Cohen, dass nicht alle Männer männlich und alle Frauen weiblich geprägte Gehirne haben.

Was taugen die Analysen?

Cordelia Fine, Verfasserin von «Delusions of Gender» und «Testosterone Rex», hinterfragt die wissenschaft- liche Glaubwürdigkeit solcher Behauptungen. Sie zeigt auf, dass in Empathie-Tests mit nach Zufallsprinzip ausgewählten Teilnehmerinnen und Teilnehmern Frauen sich in 40 Prozent der Fälle weniger empathisch zeig- ten als Männer. Zudem seien die Resultate solcher psychologischer Tests nie wirklich neutral: Die Befragten handelten gemäss dem, was die Forscher ihrer Meinung nach von ihnen erwarteten, und versuchten ein bestimmtes Bild von sich zu vermitteln.

Fine negiert nicht, dass es im Gehirn unterschiedliche Prägungen geben könne; aber sie mahnt: «Die schiere Komplexität des Gehirns macht es sehr schwierig, die Bedeutung geschlechtlicher Differenzen, die wir dort vorfinden, genau zu analysieren.» Besonders heikel sei es, so Fine, die Auswirkung geschlechtlicher Unter- schiede im Gehirn auf das menschliche Denken zu beurteilen.

Diese Unterscheidung zwischen Gehirn und Denken ist ein Kernpunkt. Menschen lassen sich ebenso wenig auf ihr Gehirn wie auf ihre Genitalien reduzieren. Unser Bewusstsein, unsere Fähigkeit, im Einklang mit unserer biologischen Prägung oder auch gegen sie zu handeln, statt uns einfach von ihr regieren zu lassen – das ist es, was den Menschen vom Tier unterscheidet. ...

Gewiss: Es gibt durch das Geschlecht bedingte Unterschiede. Männer sind in der Regel grösser, schwerer und stärker als Frauen. Wenn wir aus breit abgestützten Studien ermittelte Durchschnittswerte betrachten, zeigen sich Differenzen im emotionalen Bereich oder bei den kognitiven Fähigkeiten. Aber die Ursache dieser Diffe- renzen zu bestimmen, das genaue Verhältnis zwischen natürlicher Veranlagung und sozialer Prägung – das ist beinahe unmöglich. Menschen existieren nicht als biologische, vom gesellschaftlichen Umfeld unbeleckte Wesen. Kinder werden in eine Welt hineingeboren, in der ihr biologisches Geschlecht von Anfang an in ihre Interaktionen mit anderen Menschen hineinspielt. Wir können der Sozialisierung nicht ausweichen; aber wir können, zu einem gewissen Grad wenigstens, selbst entscheiden, in welchem Mass wir sie akzeptieren oder zurückweisen wollen.

Joanna Williams ist Redaktorin für Bildungswesen beim britischen Online-Magazin «spiked», wo die Erstfassung dieses in der Übersetzung leicht gekürzten Beitrags erschien. 2017 erschien ihr Buch «Women vs. Feminism. Why We All Need Liberating from the Gender Wars». Aus dem Englischen von as.


 

Donnerstag, 15. Februar 2018

Alleinstehende Väter sterben früher.

aus derStandard.at,14. Februar 2018, 10:16
  
Alleinerziehende Väter haben stark erhöhtes Sterberisiko
Alleinerziehende Väter haben eine dreimal höhere Sterberate als Single-Mütter oder vergebene Frauen und Männer

Die Zahl von alleinerziehenden Vätern nimmt zu. Sie geht vor allem auf steigende Scheidungsraten und häufigere Trennungen von Partnern mit Kindern zurück. Eine kanadische Studie hat nun die Gruppe der alleinerziehenden Männer näher untersucht und kam zu dem Ergebnis, dass sie ein deutlich höheres Sterberisiko haben. Die Studie wurde kürzlich in "The Lancet Public Health" veröffentlicht.

"Unsere Studie zeigt, dass alleinerziehende Väter eine höhere Mortalität aufweisen. Sie belegt den Bedarf an Mitteln der öffentlichen Gesundheit, um diese Männer zu identifizieren und zu unterstützen", so Maria Chiu vom Institut für klinisch-bewertende Studien der Universität von Toronto in Kanada.

"Zwar identifiziert unsere Untersuchung nicht den exakten Grund für die Beobachtung, wir fanden aber Hinweise, wonach einzelne alleinerziehende Väter zu einem ungesünderem Lebensstil tendieren." An der Untersuchung nahmen insgesamt 40.490 Personen aus Kanada teil. 871 davon waren alleinerziehende Väter, 4.590 alleinerziehende Mütter, 16.341 Väter in Partnerschaften und 18.688 Frauen in Partnerschaften.

Höheres Krebsrisiko

Nach durchschnittlich elf Jahren Beobachtungszeit waren 693 Menschen aus der Gesamtgruppe gestorben. Unter den alleinerziehenden Männern waren es 35 von 871 – eine Todesrate von 5,8 pro 1.000 Personen pro Jahr. Bei den in Partnerschaft lebenden Vätern betrug die Todesrate hingegen nur 1,9 Personen pro 1.000 und Jahr (345 Todesfälle bei 16.341 Menschen).

Alleinerziehende Mütter lagen mit ihrer Mortalitätsrate von 1,7 Sterbefällen pro 1.000 Personen und Jahr (85 Todesfälle bei 4.590 Personen) sogar noch unter jener der Männer in "fixen Händen". Mütter in fixer Partnerschaft hatten die geringste Gefährdung mit 1,2 Todesfällen pro 1.000 Personen und Jahr (228 Sterbefälle in der Gruppe von 18.688 Personen).

Alleinerziehende Väter waren im Vergleich älter, litten öfter an Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie scheinen auch weniger Obst und Gemüse zu essen und mehr Alkohol zu trinken. Im Vergleich zu den anderen Studienteilnehmern, neigten alleinerziehende Männer eher dazu getrennt, geschieden oder verwitwet zu sein. Außerdem bezogen sie ein niedrigeres Einkommen als Väter in Partnerschaften. (red)

Originalpublikation: Mortality in single fathers compared with single mothersand partnered parents: a population-based cohort study


Montag, 12. Februar 2018

Gott ja, der Pay Gap.


aus Welt.de, 12. 2. 2018

In Frankfurt/Oder offenbart sich die wahre Lohnlücke
 
Von Anett Selle

Eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarktforschung belegt regionale Unterschiede bei der Gehaltslücke zwischen Frauen und Männern. Vor allem dort, wo die Industrie stark ist, verdienen Frauen weniger.

Bisher betrachteten Experten die Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern vor allem auf bundesweiter Ebene. Doch eine neue Studie zeigt, dass die Unterschiede regional viel interessanter sind. 

Nehmen wir einmal an, Ihr Gehalt würde in bar ausgezahlt. Genauer gesagt: In Ein-Euro-Münzen, und zwar von einer genormten Zählmaschine. Falls Sie ein Mann sind, brauchte eine solche Maschine für Ihre Auszahlung deutlich länger als bei der Frau an der Maschine nebenan. Weil Frauen in Deutschland durchschnittlich 21 Prozent weniger verdienen.

Bisher war das der offizielle Pay Gap, also der geschlechtsspezifische Lohnunterschied, gemessen vom Statistischen Bundesamt für 2016. Nun zeigt sich aber: Die Aussagekraft dieser Zahl dürfte gar nicht das ganze Ausmaß der unterschiedlichen Bezahlung von Männern und Frauen offenbaren.

Eine aktuell laufende Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die WELT exklusiv vorliegt, zeigt, dass von einem bundesweiten Pay Gap keine Rede sein kann. Je nach Region reicht der Pay Gap von 38 bis minus 17 Prozent. Und das, obwohl die Frauen durchschnittlich überall etwa gleich viel verdienen.



 
Quelle: Infografik Die Welt
Ein Beispiel: Der Pay Gap zugunsten der Männer ist nirgendwo höher als in Dingolfing-Landau. 38 Prozent verdient ein Mann hier im Durchschnitt mehr als eine Frau. Den höchsten Pay Gap zugunsten der Frauen hat Cottbus: 17 Prozent verdient eine Frau hier im Durchschnitt mehr als ein Mann. Aber die Frauen in Dingolfing-Landau und in Cottbus verdienen etwa gleich viel: 2791 Euro beziehungsweise 2814 Euro. Was sich allerdings unterscheidet, ist das durchschnittliche Einkommen der Männer: 4531 Euro zu 2398 Euro. 

Eine genaue Erklärung für diese Zahlen haben die Wissenschaftler am IAB noch nicht. Die Studie, für die man die Daten des Bundesamtes für Arbeit aus dem Jahr 2016 auswertet, will man erst im Herbst veröffentlichen. Erste Schlussfolgerungen gibt es aber schon: „Wo die Männer weniger verdienen, besteht tendenziell ein Pay Gap zugunsten der Frauen. Wo Männer mehr verdienen, sehen wir eher einen Pay Gap zugunsten der Männer“, sagt Michaela Fuchs vom IAB Sachsen-Anhalt-Thüringen, das die Studie durchführt. „Es scheint so zu sein, dass die Verfügbarkeit bestimmter Jobs für Männer in einer Region entscheidend ist dafür, wie der Gender Pay Gap dort ausfällt.“ 

Unternehmen sorgen für hohe Unterschiede 

Besonders hoch ist der Gender Pay Gap zugunsten der Männer in Regionen wie Dingolfing-Landau (38,4), Ingolstadt (36,9), Böblingen (35,9), Bodenseekreis (33,6) und Erlangen (32,4). „Das sind alles Regionen, die auf bestimmte Bereiche spezialisiert sind“, sagt Fuchs. „Dort sitzen bestimmte Unternehmen, und diese spezielle Jobstruktur scheint Männern mehr zugutezukommen als Frauen.“

 
Die Regionen sind Industriestandorte. In Dingolfing-Landau befindet sich das größte Werk von BMW in Europa. In Ingolstadt ist Audi der größte Arbeitgeber. In Böblingen produzieren Daimler, Philips und IBM. Und das Muster lässt sich auch umkehren: Regionen, in denen Männer im Durchschnitt weniger verdienen als Frauen, haben tendenziell eine gering ausgebildete Industrie und keine dominanten Großunternehmen.

„Schauen Sie sich Cottbus an oder Schwerin oder Frankfurt (Oder): Die Männer verdienen weniger und sind häufiger arbeitslos. Da stehen die Frauen im Vergleich gut da“, sagt Fuchs. Die hoch bezahlten Jobs seien in Deutschland nicht gleich verteilt. „Bricht man das herunter, könnte das heißen, dass Männer unterschiedliche Chancen haben, je nachdem wo sie wohnen – und dass Frauen diese Chancenbreite gar nicht haben.“

Das größte Gebiet mit Pay Gaps zugunsten der Frauen ist die ehemalige DDR. Gleichzeitig ist die Region das Gebiet mit dem niedrigsten Durchschnittseinkommen beider Geschlechter. Obwohl Frauen hier durchschnittlich nicht weniger verdienen als in Regionen mit hohem Pay Gap zugunsten der Männer.

Ganz flache Verdienstkurven

„Bei der Karriereentwicklung gibt es Auffälligkeiten“, sagt Fuchs. „Man verdient ja in der Regel mit zunehmendem Alter mehr, weil man aufsteigt. Schaut man sich aber die Verdienstkurven an, dann sind die in Ostdeutschland ganz flach. Das heißt, zusätzliche Aufstiegsmöglichkeiten scheint es kaum zu geben, weder für Frauen noch für Männer.“ In Westdeutschland scheine das größtenteils anders zu sein – für Männer. „Belegen können wir das aber noch nicht: Da sind wir gerade bei.“

So spektakulär die Zahlen sind, muss man sich eines vor Augen halten: Die Ergebnisse des IAB zeigen je das Minimum des Pay Gaps zugunsten der Männer und das Maximum des Pay Gaps zugunsten der Frauen. Real dürften die Pay Gaps zugunsten der Männer größer sein und die Pay Gaps zugunsten der Frauen kleiner. „Wir haben die Daten von Sozialversicherungspflichtigen, die Vollzeit arbeiten“, sagt Fuchs, „Die Teilzeitkräfte fehlen in der Auswertung, und das sind vor allem Frauen.“


Der bundesdeutsche Pay Gap, den das IAB gefunden hat, liegt letztlich so nur bei 14 Prozent. Das Statistische Bundesamt hat dagegen auch die Teilzeitkräfte einbezogen und kommt auf 21 Prozent. Für die Wissenschaftler des IAB stellt sich aber die Frage: Wie aussagekräftig kann ein bundesdeutscher Pay Gap vor dem Hintergrund der regionalen Unterschiede sein? Hat er überhaupt einen Sinn?

Frauen grundsätzlich benachteiligt?

„Die regionalen Unterschiede sind so extrem. Wenn wir das auf die nationale Ebene heben, müssen wir sagen: Der pauschale Wert trägt nicht weit.“ Was der bundesdeutsche Pay Gap aber zeigt und was auch mit den Ergebnissen des IAB übereinstimmt, sei aber: „Frauen sind grundsätzlich [?] benachteiligt gegenüber Männern.“

Ob sich die Vermutung bestätigt, dass der deutsche Gender Pay Gap vor allem den hoch bezahlten Jobs der Männer in Technik und Industrie zuzuschreiben ist, will das IAB im Herbst erklären. Doch die Daten zeigen schon jetzt: Die Chancen der Männer unterscheiden sich je nach Wohnort. Es gibt einen Pay Gap zwischen Männern. Und die Frauen? Wollte man den Pay Gap in industriestarken Regionen beseitigen, so scheint es, brauchte man mehr technikaffine Frauen.

aus FAZ.NET, 12. 2. 2018

Erst vergangene Woche hatte eine Studie des Fahrdiensts Uber gezeigt, dass es auch dort eine Eiinkommens-Lücke von rund sieben Prozent gibt – obwohl der Algorithmus die Fahrer nicht nach Geschlecht bezahlt. Grund sei, dass Männer schneller Erfahrung erwerben, zu unbeliebteren Zeiten arbeiten und schneller fahren, so dass sie mehr Fahrten pro Stunde schaffen.


Nota. - Beweisen, dass "Frauen grundsätzlich benachteiligt" sind, könnte nur eine Statistik, die belegt, dass Frauen für dieselbe Arbeit schlechter bezahlt werden. So eine Statistik habe ich noch nicht gesehen. Der Pay Gap ist wieder bloßes Gegacker.
JE


Montag, 5. Februar 2018