Montag, 23. Mai 2022

Umarmungen mildern Stress, aber nur bei Frauen.

Rodin
aus spektrum.de, 23. 5. 2022

Berührungen
Umarmungen mildern Stress – aber nur bei Frauen
Eine Studie findet einen schwer zu erklärenden Geschlechterunterschied: Umarmungen scheinen bei Männern Stress nicht zu lindern.


von Anton Benz

Schon eine kurze Umarmung kann in einer stressigen Situation helfen zu entspannen. Das gilt allerdings nur für Frauen, wie ein Team um Gesa Berretz von der Universität Bochum nun herausfand. Wie die Psychologinnen und Psychologen im Fachjournal »PLOS ONE« berichten, hatten sie 38 Liebespaare als Versuchspersonen ausgewählt. Ein Teil der Paare sollte sich vor dem Belastungstest umarmen. Die Probanden und Probandinnen sollten dann ihre Hand so lange wie möglich in eiskaltes Wasser halten und zugleich ständig in eine Kamera blicken. Wie stark der damit verbundene Stress war, überprüften die Wissenschaftler über den Spiegel des Stresshormons Kortisol im Blut.

Dabei stieg dieser Spiegel bei den zuvor umarmten Frauen schwächer an als in der Kontrollgruppe. Bei Männern fanden die Forscher keinen Unterschied. Das deutet aus Sicht der Arbeitsgruppe auf Folgendes hin: Die vorherige Umarmung reduziert den Stress durch die Aufgabe – aber eben nur bei Frauen. Dass Umarmungen von Partnerin oder Partner Anspannung lindern, ist zu erwarten. Unklar ist dagegen, woher der Unterschied zwischen den Geschlechtern kommt.

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Wie das Team berichtet, liegt es vermutlich nicht an einer unterschiedlichen Bewertung der Beziehung. Beide Geschlechter waren gleichermaßen glücklich in der Beziehung, die Zufriedenheit mit der Partnerin oder dem Partner hatte also keinen Einfluss auf das Ergebnis. 2020 beschreiben außerdem Fachleute der Universität La Sapienza in Rom in einer Übersichtsarbeit, dass Frauen Berührungen in einem sozialen Kontext generell schöner finden als Männer.

Liegt es an der unterschiedlichen Sozialisierung der Geschlechter, weshalb nur Frauen von einer Umarmung profitieren? »Ich halte es für möglich, dass dies eine potenzielle Erklärung darstellt«, sagt Julian Packheiser, der an dem Experiment mitgewirkt hat. Doch wirklich beantworten könne man die Frage nicht, da die bisherige Forschung zu dem Thema rar sei. Auch andere, womöglich biologische Faktoren könnten beteiligt sein. In der studienübergreifenden Analyse aus dem Jahr 2020 schreiben die Autoren jedenfalls: »Es scheint plausibel, dass die Unterschiede nicht gänzlich von sozialen und kulturellen Bräuchen erklärt werden.«


Nota. - Je selbstverständlicher es auf dem öffentliche Platz wird, dass Mann und Frau nur soziale Konstrukte sind, die man frei nach Geschmack wie auf der Speisenkarte wählen kann, umso zahlreicher werden die Geschlechtsunterschiede, die die Biologen identifizieren können. Dem Geist der Zeit müssen zwar auch sie Reverenz erweisen, aber sie bestehen auf ihrem Pfund Fleisch.

Dieser Tage las ich irgendwo, dass auch Kaffee auf Männer und Frauen unterschiedlich wirken soll, und zwar nicht bloß in der Konditorei. Ich werd das mal für Sie raussuchen.
JE

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