Gemälde von Claus Meyer, 1898
Jenes
Institut, das sich heute unter dem Namen 'die Schule' über die ganze
Welt verbreitet hat, ist in seinen Grundzügen in der Klöstern des
mittelalterlichen Europa entstanden; als ein Ort, wo die von
kriegerischen Rittern beherrschte Feudalgesellschaft mit der nötigen
Dosis buchgelehrter Kleriker versehen wurde, die ein wenig Frieden
bringen konnten - in die Herzen und, so Gott wollte, auch ein wenig in
die Städte und Fluren. Sie waren mental gewissermaßen der 'weibliche'
Teil in einer von männlichen Tugenden geprägten Adelsgesellschaft.
Nicht, was vom heranwachsenden Ritter an männlichen Tugenden zu erwarten
war, wurde dort gepflegt, sondern deren friedfertig ordnungsliebender
Widerpart - Fleiß und Ausdauer. Die Mittel: stundenlanges Stillsitzen,
Mundhalten, Nachspre- chen und Repetieren. Während an den erstgeborenen
Söhnen der herrschenden Kriegerkaste Kraft, Mut und Aben- teuergeist
gefördert wurden, mussten sich ihre nachgeborenen Brüder in Sanftmut,
Frömmigkeit und - nun ja, Ver- schlagenheit üben. Die Schule war nicht -
schon damals nicht - der Ort, wo Jungen Männer werden durften.
In
dem Maße, wie die Gesellschaft bürgerlicher wurden, kamen neben den
Jungenschulen auch Institute für Mäd- chen auf, und als die industrielle
Revolution der neunzehnten Jahrhunderts die bäuerliche Bevölkerung zu
Indu- striearbeitern proletarisierte, wurde die Elementarschule zur
Pflicht und das pfäffische Ideal des arbeitsamen Duck- mäusers zur Norm.
Für die Mädchen nun auch wie für die Jungen. Und beim Lehrpersonal der
Volksschulen waren die Frauen bald typischer als die Männer.
Natürlich
hat sich im zwanzigsten Jahrhundert allerhand getan, der industrielle
Tagelöhner ist auch schon längst nicht mehr der Standardfall des
Arbeitslebens. Der höherqualifizierte Angestellte, dem man auch schonmal
eigene Entscheidungen zumuten konnte - idealiter: der Staatsbeamte -
wurde zum Produktionsziel der allgemeinbildenden Schulen, und dazu
taugen Mädchen mindestens ebeno wie Jungen; wenn nicht mehr!
Fragen
Sie sich jetzt immer noch, wie es kam, dass unsere Schulen zur
Vorbereitung weiblicher Karrieren in der postindustriellen Berufswelt
besser geeignet sind als zur Entwicklung männlicher Talente? Die Schule war noch nie was für Jungen. Sie war immer was gegen Jungen.
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