maedchen
Heute ist internationaler Menstruationshygienetag.
aus Badische Zeitung, 29. 5. 2020
Freitag, 29. Mai 2020
Freitag, 8. Mai 2020
Reden Frauen mehr als Männer?
aus spektrum.de, 06.05.2020
Reden Frauen mehr als Männer?
Ob Männer oder Frauen im Alltag mehr reden, hängt stark von den jeweiligen Umständen ab: Männer sind im Schnitt gesprächiger im Job, Frauen in der Partnerschaft.
von Anne Milek und Matthias Mehl
»Ein Mann, ein Wort – eine Frau, ein Wörterbuch.« Hat der Volksmund mit dieser Redensart Recht? Böse Zungen behaupten, ein Mann würde die Frage mit einem knappen »Ja!« beantworten, eine Frau dagegen eher mit »Ja, auf jeden Fall! Wenn ich nur an den einsilbigen David denke, meine Schwester Marita dagegen, wenn die erst einmal loslegt …«
Spaß beiseite, die Vorstellung, dass Frauen über ein deutlich größeres lexikalisches Tagesbudget verfügen als Männer, ist weit verbreitet. So liest man etwa in populärwissenschaftlichen Büchern häufig, Frauen sprächen pro Tag zirka 20 000 Wörter, Männer nur 7000. Solide empirische Daten, die diese Angaben untermauern, sind allerdings kaum zu finden. Kein Wunder, denn es ist methodisch alles andere als einfach, einen guten Schätzwert dafür zu generieren, wie viel ein Mensch im Schnitt so spricht.
Dazu müsste man schließlich in einer repräsentativen Stichprobe von Männern und Frauen über einen repräsentativen Zeitraum hinweg alle Gespräche von morgens bis abends aufzeichnen und die in den Audiotracks gesprochenen Wörter zählen. Das Ganze müsste zudem so unauffällig gemacht werden, dass die Teilnehmer ihre normalen Redegewohnheiten nicht ändern, weil sie gerade unter Beobachtung stehen.
Im Jahr 2007 führten wir eine große alltagsnahe Beobachtungsstudie durch, die erstmalig genau solch einen empirischen Schätzwert ergab. Dazu trugen 396 Studierende – 210 Frauen und 186 Männer – mehrere Tage lang rund um die Uhr einen portablen Audiorekorder bei sich, der fünfmal pro Stunde unbemerkt für eine halbe Minute alle Geräusche im Umfeld der Probanden aufzeichnete.
Die Auswertung dieser akustischen Tagebücher offenbarte erstens: Die Gesprächigkeit von Frauen und Männern unterschied sich im Alltag nicht nennenswert. Beide Geschlechter sprachen durchschnittlich rund 16 000 Wörter (für Männer lag der Wert bei exakt 15 669 und für Frauen bei 16 215). Der weibliche Redevorsprung von 546 Wörtern ist statistisch vollkommen unbedeutend.
Verblüffend war zweitens, wie groß die Unterschiede im individuellen Redeschwall ausfielen – und zwar unabhängig vom Geschlecht. Während der schweigsamste Proband der Studie (ein Mann) am Tag kaum mehr als 800 Wörter sprach, kam der gesprächigste (ebenfalls ein Mann) in der gleichen Zeit auf mehr als 47 000 Wörter. In einer beinahe zeitgleich publizierten Metaanalyse, deren Autoren die Befunde aus 70 Einzelstudien sichteten, hatten statistisch sogar die Männer in Sachen Verbosität leicht die Nase vorn.
Somit steht fest: Laut der wissenschaftlichen Forschung unterscheiden sich Individuen innerhalb eines Geschlechts wesentlich stärker voneinander als die Geschlechter im Mittel.
Obwohl die Befundlage hinsichtlich der »alltäglichen Geschwätzigkeit« also ziemlich eindeutig ist – und dem Stereotyp klar widerspricht –, gibt es vermutlich doch systematische Unterschiede in bestimmten kommunikativen Kontexten. Männer bringen sich beispielsweise in beruflichen Meetings oft stärker ein und haben in Gesprächen, bei denen es darum geht, Durchsetzungskraft zu demonstrieren, oft größere Redeanteile. Frauen hingegen sind im Erziehungskontext meist verbal aktiver und sprechen Konfliktthemen in der Paarbeziehung häufiger an. In dieser Hinsicht zeigen sich Männer tendenziell eher zurückhaltend.
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Männer und Frauen verfügen aus sprachpsychologischer Sicht über ein weitgehend vergleichbares lexikalisches Budget. Wann, wie und wofür sie es »ausgeben«, darin unterscheiden sie sich allerdings durchaus.
Anne Milek leitet die Forschungsgruppe Paar- und Familienpsychologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und untersucht die Kommunikation in Paarbeziehungen.
Matthias Mehl ist Professor für Sozial- und Persönlichkeitspsychologie an der University of Arizona. Er interessiert sich für die Psychologie des Sozialverhaltens und der Alltagssprache.
Nota. - Wenn wir Männer sagen, Frauen plappern ohn' Unterlass, dann meinen wir natürlich nicht die schiere Zahl der geprochenen Wörter. Gemeint ist: Frauen reden viel zu viel über Dinge, die es gar nicht wert sind. Wenn wir Männer mal den Mund auftun, dann doch zu wichtigen Fragen, und von denen lassen wir uns auch so schnell nicht ablenken.
Untersuchen sollte man also, was Männer für wichtig halten, und was Frauen. Ich wette, der Unterschied, den man da findet, ist ganz und gar kein kleiner. Naheliegende Frage: Wer redet öfter von sich, wer öfter von Sachverhalten?
JE
Reden Frauen mehr als Männer?
Ob Männer oder Frauen im Alltag mehr reden, hängt stark von den jeweiligen Umständen ab: Männer sind im Schnitt gesprächiger im Job, Frauen in der Partnerschaft.
von Anne Milek und Matthias Mehl
»Ein Mann, ein Wort – eine Frau, ein Wörterbuch.« Hat der Volksmund mit dieser Redensart Recht? Böse Zungen behaupten, ein Mann würde die Frage mit einem knappen »Ja!« beantworten, eine Frau dagegen eher mit »Ja, auf jeden Fall! Wenn ich nur an den einsilbigen David denke, meine Schwester Marita dagegen, wenn die erst einmal loslegt …«
Spaß beiseite, die Vorstellung, dass Frauen über ein deutlich größeres lexikalisches Tagesbudget verfügen als Männer, ist weit verbreitet. So liest man etwa in populärwissenschaftlichen Büchern häufig, Frauen sprächen pro Tag zirka 20 000 Wörter, Männer nur 7000. Solide empirische Daten, die diese Angaben untermauern, sind allerdings kaum zu finden. Kein Wunder, denn es ist methodisch alles andere als einfach, einen guten Schätzwert dafür zu generieren, wie viel ein Mensch im Schnitt so spricht.
Dazu müsste man schließlich in einer repräsentativen Stichprobe von Männern und Frauen über einen repräsentativen Zeitraum hinweg alle Gespräche von morgens bis abends aufzeichnen und die in den Audiotracks gesprochenen Wörter zählen. Das Ganze müsste zudem so unauffällig gemacht werden, dass die Teilnehmer ihre normalen Redegewohnheiten nicht ändern, weil sie gerade unter Beobachtung stehen.
Im Jahr 2007 führten wir eine große alltagsnahe Beobachtungsstudie durch, die erstmalig genau solch einen empirischen Schätzwert ergab. Dazu trugen 396 Studierende – 210 Frauen und 186 Männer – mehrere Tage lang rund um die Uhr einen portablen Audiorekorder bei sich, der fünfmal pro Stunde unbemerkt für eine halbe Minute alle Geräusche im Umfeld der Probanden aufzeichnete.
Die Auswertung dieser akustischen Tagebücher offenbarte erstens: Die Gesprächigkeit von Frauen und Männern unterschied sich im Alltag nicht nennenswert. Beide Geschlechter sprachen durchschnittlich rund 16 000 Wörter (für Männer lag der Wert bei exakt 15 669 und für Frauen bei 16 215). Der weibliche Redevorsprung von 546 Wörtern ist statistisch vollkommen unbedeutend.
Verblüffend war zweitens, wie groß die Unterschiede im individuellen Redeschwall ausfielen – und zwar unabhängig vom Geschlecht. Während der schweigsamste Proband der Studie (ein Mann) am Tag kaum mehr als 800 Wörter sprach, kam der gesprächigste (ebenfalls ein Mann) in der gleichen Zeit auf mehr als 47 000 Wörter. In einer beinahe zeitgleich publizierten Metaanalyse, deren Autoren die Befunde aus 70 Einzelstudien sichteten, hatten statistisch sogar die Männer in Sachen Verbosität leicht die Nase vorn.
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Somit steht fest: Laut der wissenschaftlichen Forschung unterscheiden sich Individuen innerhalb eines Geschlechts wesentlich stärker voneinander als die Geschlechter im Mittel.
Obwohl die Befundlage hinsichtlich der »alltäglichen Geschwätzigkeit« also ziemlich eindeutig ist – und dem Stereotyp klar widerspricht –, gibt es vermutlich doch systematische Unterschiede in bestimmten kommunikativen Kontexten. Männer bringen sich beispielsweise in beruflichen Meetings oft stärker ein und haben in Gesprächen, bei denen es darum geht, Durchsetzungskraft zu demonstrieren, oft größere Redeanteile. Frauen hingegen sind im Erziehungskontext meist verbal aktiver und sprechen Konfliktthemen in der Paarbeziehung häufiger an. In dieser Hinsicht zeigen sich Männer tendenziell eher zurückhaltend.
Zusammenfassend lässt sich also sagen: Männer und Frauen verfügen aus sprachpsychologischer Sicht über ein weitgehend vergleichbares lexikalisches Budget. Wann, wie und wofür sie es »ausgeben«, darin unterscheiden sie sich allerdings durchaus.
Anne Milek leitet die Forschungsgruppe Paar- und Familienpsychologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und untersucht die Kommunikation in Paarbeziehungen.
Matthias Mehl ist Professor für Sozial- und Persönlichkeitspsychologie an der University of Arizona. Er interessiert sich für die Psychologie des Sozialverhaltens und der Alltagssprache.
Nota. - Wenn wir Männer sagen, Frauen plappern ohn' Unterlass, dann meinen wir natürlich nicht die schiere Zahl der geprochenen Wörter. Gemeint ist: Frauen reden viel zu viel über Dinge, die es gar nicht wert sind. Wenn wir Männer mal den Mund auftun, dann doch zu wichtigen Fragen, und von denen lassen wir uns auch so schnell nicht ablenken.
Untersuchen sollte man also, was Männer für wichtig halten, und was Frauen. Ich wette, der Unterschied, den man da findet, ist ganz und gar kein kleiner. Naheliegende Frage: Wer redet öfter von sich, wer öfter von Sachverhalten?
JE
Montag, 4. Mai 2020
Corona und das Frauenbild.
aus Süddeutsche.de,
Macht Corona die Menschen konservativer?
In der Corona-Krise sprechen sich mehr Menschen für traditionelle Rollenbilder und Werte aus. Ein Trend, der sich mit früheren Erkenntnissen deckt.
Von Sebastian Herrmann
Die Welt steht kopf, und was gestern noch galt, stiftet heute oft eine gewisse Verknotung im Kopf. So fühlen sich manche kürzlich noch verbissen diskutierte Probleme gegenwärtig an, als seien sie dekadente Erfindungen einer angeödeten Ge-sellschaft gewesen. Wenn etwa ein männlicher Virologe statt einer Fachkollegin im Rampenlicht steht und sich jemand nach Vor-Corona-Manier darüber echauffiert, erzeugt das kaum mehr Resonanz - es geht momentan halt um akute Gefah-ren, da hat Geschlechtererregung weniger Platz. Macht die Covid-19-Situation Menschen also konservativer? Verändert die Pandemie soziale Vorstellungen?
Mit dieser Frage haben die Psychologen Daniel Rosenfeld und Janet Tomiyama von der University of California in Los Angeles ihre Probanden konfrontiert und die Ergebnisse nun auf dem PsyArXiv-Preprint-Server veröffentlicht. Die Be-drohung durch das Sars-CoV-2-Virus sowie die damit verbundenen Maßnahmen verstärkten in den Befragten die Zu-stimmung zu traditionellen Geschlechterrollen und -stereotypen, zumindest in geringem Ausmaß. Das galt für die Ein-stellungen von Männern und Frauen - und auch für die Rollenerwartungen, die sowohl Männer wie auch Frauen an beide Geschlechter richteten. Einen Einfluss auf die generelle politische Haltung konnten die Psychologen in ihren Daten aber nicht feststellen. Für ihre Studie hatten sie etwa 2000 Teilnehmer im Januar, im März und teils ein drittes Mal Anfang April befragt.
Die Bedrohung durch einen Krankheitserreger übt starken sozialen Konformitätsdruck aus
"Sozial konservative Haltungen gegenüber progressiven Ansichten zu bevorzugen, spiegelt den Wunsch nach Stabilität wider", schreiben Rosenfeld und Tomiyama. Das ist auf der einen Seite eine Plattitüde, jedoch handelt es sich auf der anderen Seite um ein Bedürfnis, das durch externe Bedrohungen wie etwa die Corona-Pandemie verstärkt wird. In der Forschungsliteratur findet sich eine Vielzahl von Befunden, die dazu passen. So verleiten politische Instabilität, Bedro-hung, aber auch sehr rascher Wandel Menschen dazu, bestehende Systeme und Institutionen zu verteidigen und zu rechtfertigen. Traditionelle Werte wie etwa Rollenbilder erlangen in solchen Zeiten neuen Glanz, weil sie Sinn und ein Gefühl von Stabilität stiften.
"Wenn die Bedrohung einer sozialen Ordnung mit der Angst vor dem Tod einhergeht, könnten konservative Werte in besonderem Maße an Attraktivität gewinnen", sagen Rosenfeld und Tomiyama. Insofern sollte die Corona-Krise kon-servative Einstellungen besonders befeuern. Dazu im Kontrast stellten die Psychologen keine Verschiebung der gene-rellen politischen Lagerzugehörigkeit ihrer Probanden fest: Die im Januar in der Befragung von den Probanden formu-lierten grundsätzlichen Haltungen blieben unverändert, wie die Folgebefragung zeigte.
Wie aber passt dann die Verschiebung in den Einstellungen zu Geschlechterrollen dazu? Bedrohung durch Krankheits-erreger sei ein Faktor, der vor allem sozialen Konformitätsdruck ausübe, argumentieren Rosenfeld und Tomiyama. Um eine Infektionskrankheit einzudämmen, müssen eben alle mitziehen - Masken tragen, zu Hause bleiben, Hände waschen. Wer da aus der Reihe tanzt und sich verweigert, muss mit heftiger Kritik von anderen rechnen. Vielleicht, so lässt sich weiter spekulieren, bewirkt dieser Druck auch, dass man sich wieder stärker an (gefühlten) Rollenstereotypen orientiert. Oder aber, anderer Gedanke, in der Corona-Krise machen sich Menschen weniger Gedanken über das zuvor so erbittert debattierte Thema Geschlechterstereotype und geben einige Ansichten wieder auf, die für sie ohnehin von geringer Be-deutung waren.
Nota. - Ich habe eine näher liegende Erklärung gefunden: Der schwesterliche Klamauk war gar kein Fortschritt, den es zu verteidigen gälte. Sobald man Ernsteres zu bedenken hat, geht man mühelos darüber hinweg. Sogar Fußball kann warten. Mit gesellschaftspolitischen Grundüberzeugungen hat es gar nichts zu tun.
JE
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