Donnerstag, 10. November 2016

Von der Gnade des Vergessenkönnens.

Andrea Danti 
aus scinexx 

Sind Männer wirklich vergesslicher?
Frauen sind in Sachen Gedächtnis besser - bis zur Menopause 

Von wegen Vorurteil: Forscher haben nun bestätigt, was viele Frauen längst zu wissen glaubten. Männer haben ein schlechteres Gedächtnis als das weibliche Geschlecht - allerdings nur bis zu den Wechseljhahren. Danach büßen Frauen ihren Vorsprung in Sachen Erinnerungsvermögen ein. Vermutlich sind die hormonellen Umstellungen schuld daran. Diese Erkenntnisse könnten auch neue Erklärungsansätze für die Entstehung von Alzheimer liefern.

Viele Frauen dürften überzeugt davon sein, dass Männer ein schlechteres Gedächtnis haben als sie. Schließlich vergessen die Herren der Schöpfung angeblich ständig wichtige Geburtstage und selbst den eigenen Hochzeitstag, um nur zwei Beispiele zu nennen. Doch Realität und Wahrnehmung sind bekanntermaßen oft zwei verschiedene Paar Schuhe. Was also ist wirklich dran an diesem Vorurteil? 
Tatsächlich belegen Studien, dass Männer zumindest im höheren Alter häufiger unter leichten Störungen des Gedächtnisses leiden als Frauen. Gleichzeitig haben Frauen ein höheres Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Dies könnte aber auch einfach daran liegen, dass sie in der Regel älter werden als Männer. 

Frauen schlagen Männer

Wissenschaftler um Jill Goldstein vom Brigham and Women’s Hospital in Boston haben nun untersucht, ob es bereits im mittleren Lebensalter nachweislich geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf die Gedächtnisleistung gibt - oder ob die männliche Vergesslichkeit ein Klischee ist. Dafür ließen sie 212 gesunde Probanden zwischen 45 und 55 Jahren zu verschiedenen neuropsychologischen Tests antreten, die die Lernfähigkeit und das Erinnerungsvermögen auf die Probe stellten. 


Das Ergebnis gibt dem weiblichen Geschlecht recht: Die Frauen schnitten in allen getesteten Kategorien signifikant besser ab als gleichaltrige, männliche Mitstreiter. Doch es gab eine entscheidende Ausnahme: Frauen, die ihre Menopause schon hinter sich hatten, erzielten ungefähr die gleichen Ergebnisse wie die Männer - und waren demnach schlechter als andere weibliche Teilnehmer. 

Kein Vorsprung mehr nach der Menopause 

Für die Forscher ist das ein Zeichen dafür, dass sich durch die hormonelle Umstellung bestimmte Gehirnfunktionen nach den Wechseljahren ändern. Tatsächlich stützten weitere Untersuchungen die These, dass die weiblichen Geschlechtshormone wichtig für das Erinnerungsvermögen sind: Je höher bei den weiblichen Probanden die Konzentration einer bestimmten Form des Östrogens, das Östradiol, war, desto besser schnitten sie in den Tests ab. 

Vor allem neu Gelerntes konnten sich Frauen mit niedrigeren Mengen des Botenstoffs schlechter merken. Von den hormonellen Veränderungen könnten demnach insbesondere Bereiche in frontalen Regionen des Hirns betroffen sein, die unter anderem für das Kurzzeitgedächtnis eine Rolle spielen. 

Zusammenhang mit Alzheimer? 

Der Hormonhaushalt könnte bei Frauen womöglich auch ein Risikofaktor für die Entstehung von Alzheimer sein, vermutet Goldsteins Team. In künftigen Untersuchungen wollen die Wissenschaftler weiter erforschen, welche Menschen besonders anfällig für diese Form der Demenz sind und welche Unterschiede es dabei zwischen Männern und Frauen gibt. 

"Die Alzheimer-Erkrankung ist eine der größten Public Health-Herausforderungen unserer Zeit", schließt Goldstein. "Es ist unerlässlich, dass wir verstehen, wie wir das Gedächtnis ein Leben lang erhalten können. Dafür müssen wir in der Forschung auch geschlechtsspezifische Unterschiede betrachten." (The Journal of the North American Menopause Society, 2016)

(The North American Menopause Society (NAMS)/ Brigham and Women's Hospital, 10.11.2016 - DAL)

 Nota. -   Spekulieren wir mal (aber nur, weil es lustig ist) über den möglichen Selektionsvorteil. 1. In jungen Jahren gibt's noch viel zu lernen. Das setzt voraus, dass man den Kopf nicht voller unnötigem Ballast hat. Man muss immer wieder mal Platz schaffen für Neues; man merkt sich besser nicht alles, sondern nur das Wichtigere. 

2. (noch lustiger:) In der Frühzeit der Familie Homo waren die Männer Jäger, die Frauen Sammler. Die Männer unternahmen lange und gefährliche Ausflüge in die Wildnis, die Frauen blieben beim Lager und hüteten das Feuer. Die Männer konnten sich auf der Jagd nicht leisten, gegeneinander nachtragend zu sein, sie mussten sich im Ernstfall auf einander verlassen können. - Schön, das erklärt, warum sie vergessen lernten. Warum war das für die Frauen ohne Vorteil? - Weil sie in der Abswesenheit der Männer zusammensaßen und schwatzten, und da taugt jeder Erinnerungssplitter zum Giftpfeil. - Ach ja? Und warum nicht mehr nach der Menopause? - Da sind die stärksten Männer längst vergeben, da lohnt sich keine Intrige mehr.

Nur weil es lustig ist? Na ja - auch um zu zeigen, wie mann mit ein bisschen bösartiger Phantasie Genderstudien animieren kann
JE  

 

Mittwoch, 2. November 2016

Eine Frau hat ihre Tage auch im Kopf.

Das Gehirn von Frauen verändert sich im Takt ihres hormonellen Zyklus
aus scinexx

Frauengehirn verändert sich im Takt des Zyklus
Mit steigenden Östrogen-Spiegeln wächst der Hippocampus im weiblichen Gehirn

Hormon-Effekte im Gehirn: Der weibliche Zyklus lässt nicht nur ihre Hormonspiegel monatlich schwanken. Sogar das Gehirn verändert im Takt dieses Zyklus seine Struktur, wie nun eine Studie belegt. Der Hippocampus, das Gedächtniszentrum des Gehirns, nimmt immer dann an Volumen zu, wenn auch die Östrogenspiegel der Frau hoch sind. Ob und wie sich das auf Stimmung und geistige Leistungen auswirkt, muss nun erforscht werden.

Auf und Ab der Hormone: Durch den Menstruationszyklus der Frau schwanken im Laufe eines Monats die Spiegel wichtiger Hormone wie des Östrogens. Das beeinflusst nicht nur die Fruchtbarkeit und den Eisprung, sondern sogar das Verhalten und die Stimmung. So verändert sich die Kooperationsbereitschaft von Frauen im Rhythmus ihrer Hormone und auch bestimmte geistige Leistungen schwanken im Verlauf des Zyklus, wie Studien zeigen.

Was dahinter steckt, könnten nun Claudia Barth vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig und ihre Kollegen herausgefunden haben. Für ihre Studie haben sie untersucht, ob und wie sich die Struktur des Gehirns bei einer Frau im Laufe des Zyklus verändert. Im Speziellen analysierten sie dabei die Größe des Hippocampus mit Hilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) – einer Hirnstruktur, die für Gedächtnis, Stimmung und Emotionen besonders wichtig ist.

Hippocampus-Volumen verändert sich

Das Ergebnis: Der schwankende Hormonspiegel verändert tatsächlich in erstaunlicher Regelmäßigkeit auch die Struktur des Gehirns. "Wir haben herausgefunden, dass parallel zum ansteigenden Östrogenspiegel bis zum Eisprung auch das Volumen des Hippocampus zunimmt - sowohl das seiner grauen als auch seiner weißen Substanz", berichtet Barth. Die Veränderungen im Hippocampus traten nahezu ohne Zeitverzögerung gegenüber den hormonellen Schwankungen auf.


Parallel zum Rhythmus des Östrogen-Spiegels über den Monatszyklus hinweg variiert bei Frauen auch die Struktur ihres Hippocampus (gelb).
Parallel zum Rhythmus des Östrogen-Spiegels über den Monatszyklus hinweg variiert bei Frauen auch die Struktur ihres Hippocampus (gelb).
Die Forscher vermuten daher, dass sich der Östrogenspiegel nahezu sofort auf das Gehirn auswirkt. Die Dichteveränderungen im MRT-Bild deuten darauf hin, dass sich bei der weißen Hirnsubstanz die Anordnung der Fasern und Zellen und die Ausrichtung der Myelinschicht der Nervenfasern ändert. Was genau dabei geschieht du über welche Mechanismen, ist aber noch unbekannt.

Wirkung auf Stimmung und Gedächtnis?

"Unsere Studie liefert damit den ersten Beleg, dass die subtilen hormonellen Schwankungen während des Menstruationszyklus zu Veränderungen in der Hirnstruktur führen", konstatieren die Wissenschaftler. Ob und wie sich dies auf das Verhalten und die geistigen Fähigkeiten der Frauen auswirken, ist allerdings bisher noch unklar.

Eine Vermutung haben die Forscher jedoch bereits: "Der Hippocampus spielt eine zentrale Rolle für unser Gedächtnis, unsere Stimmung, unsere Emotionen", sagt Barth. Es liege daher nahe, dass zyklusbedingte Stimmungsschwankungen oder Änderungen der geistigen Leistungsfähigkeit damit verknüpft sein könnten. Zumindest bei Mäusen habe man bereits Ähnliches festgestellt.

Um den noch offenen Fragen nachzugehen, planen die Forscher nun Studien mit einer größeren Zahl von Frauen. Möglicherweise geben die Ergebnisse auch Aufschluss darüber, warum manche Frauen besonders stark unter dem prämenstruellen Syndrom leiden. "Um die neuronalen Prozesse hinter diesem Leiden zu verstehen, müssen wir zunächst herausfinden, welchem monatlichen Rhythmus das Gehirn gesunder Frau folgt", sagt Barths Kollegin Julia Sacher. (Scientific Reports, 2016; doi: 10.1038/srep32833)

(Max-Planck-Gesellschaft, 10.10.2016 - NPO)

Dienstag, 1. November 2016

Der stetig größer werdende Unterschied.

Schnuller für jeden Bedarf. Allerdings: Eine Vorliebe der Geschlechter für Rosa oder Hellblau ist garantiert nicht biologisch festgelegt ...
aus Tagesspiegel.de, 1. 11. 2016, 19:35 Uhr 

Gender und Wissenschaft  
Der kleine und der große Unterschied 
Die Geschlechterforschung muss die Biologie stärker zur Kenntnis nehmen, sonst wird sie in die Isolation geraten. Ein Kommentar.
von  

Das Gender-Thema erhitzt die Gemüter. Kaum eine andere sozialwissenschaftliche Disziplin ist so umstritten wie die Geschlechterforschung. Ein großer Teil der Kritik entzündet sich an einem zentralen Gedanken des Fachs. Danach ist das biologische Geschlecht (Sex) im gesellschaftlichen Leben von eher geringer Bedeutung. Viel entscheidender ist das „kulturelle“ Geschlecht (Gender). Es ist eine soziale Konstruktion, mit deren Hilfe (überwiegend männliche) Macht und Unterdrückung, Ressourcen und Chancen organisiert werden. Männer und Frauen spielen Geschlechterrollen wie Schauspieler in einem Theaterstück. Die Genderwissenschaft ist angetreten, hinter die Kulissen des Dramas zu blicken und Ungleichheiten und Machtverhältnisse zu ändern.

Vielen leuchtet die Idee von der Zweiteilung, vom kleinen (biologisches Geschlecht) und vom großen Unterschied (kulturell konstruiertes Geschlecht) nicht ein, mehr noch: Sie fühlen sich so, als würde ihre Männlichkeit oder Weiblichkeit infrage gestellt werden, und damit ein zentraler Teil ihrer Persönlichkeit. Skeptisch gegenüber der Geschlechterforschung sind auch manche Wissenschaftler. Dabei sind es nicht nur Biologen oder Psychologen, die der Geschlechterforschung vorwerfen, naturwissenschaftliche Fakten zu ignorieren. Diese kontert damit, dass sie an den Tatsachen nicht zweifle, sich aber gegen deren ideologische Vereinnahmung wehre. Biologie ja, Biologismus nein, lautet die Formel.

Genderforschung: Glaubensinhalte statt Fakten?

Aber mit der immer wieder behaupteten Anerkennung biologischer Tatbestände ist es womöglich doch nicht so weit her. Das zeigt eine Studie der Soziologin Charlotta Stern von der Universität Stockholm. Im Gespräch mit Genderforschern machte die Wissenschaftlerin häufig die Erfahrung, dass man nicht an „Glaubensinhalten“ rühren durfte. Immer, wenn sie ketzerische Ideen ins Spiel brachte, etwa die, dass es Ungleichheiten in den mathematischen Fähigkeiten von Männern und Frauen gebe oder dass beide Geschlechter angeborene Unterschiede in Talenten und Motivationen haben könnten, begegneten ihr finstere Blicke. Stern hatte das Gefühl, dass ihre Kollegen sich mit ihren Ansichten isolierten und in Tabus flüchteten. Doch stimmte ihre Wahrnehmung?

Die Wissenschaftlerin überprüfte ihre Annahme anhand des Grundsatzartikels „Doing Gender“ von 1987. In diesem unter Geschlechterforschern viel beachteten und häufig zitierten Aufsatz von Candace West und Don Zimmerman spielt die Biologie nur eine Nebenrolle; die zentrale These ist, dass die Geschlechterrollen („Gender“) ein Ergebnis sozialen Handelns („Doing“) sind. Heute, Jahrzehnte später, gibt es etliche Studien, die in eine andere Richtung deuten, in denen für Unterschiede zwischen den Geschlechtern auch biologische und evolutionär bedingte Ursachen ausfindig gemacht wurden. Stern fragte sich, ob diese mittlerweile in der Forschung berücksichtigt wurden. Sie schaute sich für den Zeitraum 2004 bis 2014 jene Veröffentlichungen an, die „Doing Gender“ zitierten und die ihrerseits viel genannt wurden.

Gegen Ideologie - und selbst ideologisch?

Ergebnis der Stichprobe: Von 20 Beiträgen waren 15 „mit Scheuklappen versehen“, wie Stern schreibt. Sie ignorierten biologische Geschlechterunterschiede oder spielten sie herunter, vier waren neutral und lediglich einer zog die Biologie ernsthaft in Betracht – bei der Frage, welchen Einfluss das biologische Geschlecht der Kinder auf familiäre Prozesse wie Bildungsfragen, Scheidung und die verbrachte Zeit mit den Kindern hat. Sterns Fazit lautet, dass die sozialwissenschaft- liche Genderforschung ein Inseldasein führt und sich von anderen wissenschaftlichen Strömungen isoliert. Eine Vermutung, die auch andere Studien nahelegen. Die angeblich so anti-ideologische Geschlechterforschung läuft Gefahr, selbst ideologisch zu verknöchern.

Mann und Frau kommen nicht als unbeschriebene Blätter zur Welt. Es sind nicht nur die Genitalien, die sie unterscheiden, sondern auch, bei allen Gemeinsamkeiten, eine Reihe von biologischen und psychologischen Eigenheiten. Anders gesagt: Der Mensch hat seine natürliche Prägung nicht am Eingang der Zivilisation abgelegt wie einen Mantel an der Garderobe. Natur, Umwelt und Kultur finden in ihm zusammen. Diese Einheit im Verschiedenen macht unsere Existenz so spannend.


Nota. - Na Mann, das geht zu Herzen: Die treue Sele fragt sich wahr- und wahrhaftig, ob nicht vielleicht die anti-ideolo- gisch posierende Gender-Forschung "selber ideologisch"... ist? Nein nein, bloß: unter Umständen "werden könnte".

Ein Rammbock gegen die politische Korrektheit ist der Tagesspiegel nie gewesen. Da muss man schon froh sein, wenn hier und da die Stimme des gesunden Menschenverstands durchklingt.
JE