Samstag, 18. Oktober 2014

Frauen können mit Gefühlen 'umgehen', aber dafür sind die gar nicht da.

aus derStandard.at,


Evolution der Emotion: Große Gefühle, kleine Unterschiede
Wie stark werden unsere Gefühle von urzeitlichen Mechanismen gesteuert? Inwieweit spielen Herz und Hirn zusammen, wenn wir emotional handeln? Und fühlen Frauen anders als Männer?

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Grünau/Wien - "Frauen sind das sozialere, angepasstere Geschlecht. Sie scheinen virtuoser mit Gefühlen umgehen zu können, während Männer schweigen oder aggressiv reagieren, wenn sie mit starken Gefühlen konfrontiert sind." Barbara Schweder scheut keine Geschlechterklischees. Die Anthropologin greift bewusst zu drastischen Bildern, wenn es darum geht, gefühlstechnische Unterschiede zwischen Frau und Mann zu illustrieren.

Was nach überholten Stereotypen und populären Mars-Venus-Vergleichen klingt, begründet Schweder mit uralten stammesgeschichtlichen Veranlagungen: "Ein typisches Beispiel ist die Anbindung des Stammhirns, des entwicklungsgeschichtlich ältesten Teils des Gehirns, an das Großhirn. Dort sind höhere Gehirnfunktionen wie das Sprachzentrum beheimatet", sagt Schweder. "Männer verarbeiten Emotionen eher mit dem älteren Teil, der mit Sex, Flucht und Aggression in Verbindung steht. Frauen nutzen eher den jüngeren Teil des Stammhirns, der stärker mit dem Sprachzentrum verknüpft ist."

Flucht, Kampf und Freundschaft

Männer seien bei emotionalen Herausforderungen evolutionär bedingt also eher auf das Prinzip "fight or flight" (Flucht oder Kampf) konditioniert, während Frauen auf "tend and befriend" (sich kümmern und sich befreunden) eingestellt seien. Heutige Wertvorstellungen und Rollenbilder würden die urzeitlichen Verhaltensmuster verstärken.


Natürlich sei das Gehirn flexibel, seien in jedem Menschen "männliche" und "weibliche" Muster mehr oder weniger vorhanden - dennoch dürften Ungleichheiten nicht ignoriert werden. Und zwar ganz im Sinne der Gleichberechtigung: "Die Gehirnforschung hat gezeigt, dass bei Frauen und Männern etwa bei der Objekterkennung verschiedene Gehirnareale aktiv sind. Die Ergebnisse sind aber die gleichen, sie werden nur auf unterschiedlichem Weg erzielt", sagt Schweder.

Lebenserhaltende Systeme

Die Biologin war eine der Vortragenden des ersten "Biologicum Almtal", das vergangene Woche im oberösterreichischen Grünau stattfand. Unter dem Titel Die Biologie der Emotionen lud Kurt Kotrschal, Wolfsforscher und Chef der in Grünau ansässigen Konrad-Lorenz-Forschungsstelle für Verhaltensbiologie, ins Almtal. Rund 200 Besucher nahmen an den Vorträgen und Workshops teil, die sich Gefühlen aus der Sicht von Verhaltens-, Evolutions- und Neurobiologie, Psychologie und Philosophie annäherten.

Emotionen sind evolutionär entstandene Systeme, die ursprünglich lebenserhaltende und vermehrungsfördernde Funktionen hatten, stellte Kotrschal fest. "Im Grunde dienen die negativen, mit den Stresssystemen verbundenen Emotionen dazu, schädliche Situationen zu vermeiden oder sie zu bewältigen. Dagegen sind positive Emotionen mit den Belohnungssystemen verknüpft, sie steuern letztlich das Verweilen in günstigen Lebensbedingungen", sagt der Verhaltensforscher. Ausgangspunkt für die Evolution der Emotionen seien wahrscheinlich die selbst bei Einzellern vorhandenen Anziehungs- und Vermeidungsreaktionen. "Daraus entwickelte sich beim Menschen, dem am radikalsten sozial agierenden Tier, das komplexeste Gefühlsleben im Artenspektrum."

Herz mit Hirn

Inwieweit das Gefühlsleben des Menschen über uralte Muster hinausgeht, erforscht Claus Lamm am Institut für psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden der Uni Wien. "Im Alltag geht man immer noch davon aus, dass Gefühle ein biologisch determiniertes Programm sind, das schwer in den Griff zu bekommen ist", sagt Lamm. "Die Realität aus wissenschaftlicher Sicht ist aber: Es gibt keine Emotion ohne Verstand und keinen Verstand ohne Emotion." Herz und Hirn sind also zwei Seiten derselben Medaille. Ohne ihre Verknüpfung sind keine sinnvollen Entscheidungen, ist kein soziales Handeln möglich.

Emotionen dienen nicht nur dazu, dem Gehirn entscheidende Signale dafür zu liefern, welchen Reizen wir uns zu- und von welchen wir uns abwenden sollten. Sie können auch flexibel durch kognitive Prozesse reguliert werden. "Wenn jemand vor einer steilen Felswand steht, wird ein erster Reflex Angst auslösen. Dieses automatische Gefühl wird aber im Gehirn bewertet. Überwindet man sich und klettert die Wand hinauf, kann die ursprüngliche Angst energetisierend wirken und durch ihre Bewältigung sogar ein Glücksgefühl bringen", gibt Lamm ein Beispiel für die Formbarkeit der Gefühle und ihre ständige Interaktion mit dem Gehirn. So wie ein Kletterer lernt, die Angst zu überwinden, könnten auch Menschen mit einer Angststörung lernen, negative Gefühlsregungen anders zu interpretieren.

Stressreaktionen

Wirklich ausgeliefert, wie es manchmal scheint, sind wir unseren Gefühlen nicht, meint Lamm. "Es ist alles eine Frage des Lernprozesses." Dennoch gibt es Faktoren, die die Fähigkeit, Gefühle rational einzuordnen, stark einschränken. Der häufigste: Stress. Steht man unter Druck, lösen Stresshormone Reaktionen aus, die ursprünglich auf eine potenzielle Bedrohung vorbereiten sollten. Herzfrequenz und Blutdruck steigen, die Wahrnehmung fokussiert sich. Diese Angsterscheinung kann konstruktiv genutzt werden, indem man etwa eine Aufgabe schneller und besser löst. Kann man das Gefühl weniger gut regulieren, tritt eine Art Schockstarre ein, man würde sich am liebsten verkriechen - das alte Schema von Kampf oder Flucht tritt zutage.

Genauso wie die eigenen Stimmungen lassen sich auch die Gefühle anderen Menschen gegenüber kognitiv steuern. Die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzufühlen, besteht nicht nur in einem automatischen Mitfühlen - indem etwa bei der Beobachtung eines schmerzhaften Vorgangs im Gehirn dieselben Aktivitätsmuster ablaufen, wie wenn man selbst verletzt würde. Wie empathisch wir reagieren, hängt auch davon ab, wie gut unsere Beziehung zum Gegenüber ist - und inwieweit wir eigene und fremde Gefühle voneinander trennen können. Grenzt man sich nämlich zu wenig ab, ist man schneller überfordert und wendet sich eher ab.

Empathisch oder egozentrisch

In einer im Frühjahr veröffentlichten Studie zeigte Lamm, dass Frauen unter Stress besser zwischen eigenen und fremden Emotionen unterscheiden konnten und selbst unter Druck empathischer auf andere Personen reagierten als Männer. Die verhielten sich eher egozentrisch. Belegen also die Neurowissenschaften alte Rollenklischees? "Eine Metastudie, in der wir vergangene Arbeiten zu dem Thema analysiert haben, hat ergeben, dass Frauen tatsächlich empathischer zu sein scheinen, aber der Unterschied ist minimalst", ist Claus Lamm skeptisch. "Meistens sind die individuellen Unterschiede innerhalb einer Gruppe viel größer als die zwischen den Geschlechtern."

Abgesehen von biologischen Ursachen wie unterschiedlicher Hormonausschüttungen, würden vor allem Stereotype vermeintliche Geschlechterunterschiede in Sachen Emotionalität zementieren, ist Lamm überzeugt. "Mich interessiert: Wie fühlt der Mensch?" Und da gibt es noch einiges zu tun: Denn das Wissen um die Verankerung der Gefühle im Gehirn kann dazu dienen, Emotionen positiv zu nutzen - und uns gefühlsmäßig weiterbringen. 



Link
www.biologicum-almtal.at 

Nota.

"Frauen sind das intrigante und berechnende Geschlecht, sie können mit Gefühlen umgehen, ganz nach Bedarf. Der Mann kann das nicht. Er muss sie so ausdrücken, wie sie sind - oder schweigen; er kann sich nicht verstellen. (Die geben sich nichtmal Mühe!)" - Das ist sachlich genau dasselbe, aber trotzdem klingt es ganz anders, nicht wahr? 

Ja, was so'n bisschen gerechte Sprache ausmachen kann.
JE 



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