Freitag, 19. April 2019

Hexerverfolgung.

Liebfrauenkirche in Trier (Foto: SWR)
aus swr.de, 8. 4. 2019                         Liebfrauenkirche im Herzen der Stadt Trier. Sie profitiert bis heute von der Ermordung Dietrich Flades

Uralte Schulden
Stadt Trier zahlt seit 430 Jahren Hexengeld

Vor 430 Jahren verbrannte die Kirche in Trier den Uni-Rektor und Bürgermeister Dietrich Flade als "Hexenmeister". Wegen eines uralten Vertrags profitiert die katholische Kirche noch heute von der Hinrichtung.

Bis heute kassiert die Pfarrei Liebfrauen in Trier für die grausame Hinrichtung von Dietrich Flade. Jedes Jahr wandern 362,50 Euro aus der Stadtkasse in den Kirchensäckel. Ausgewiesen ist die Zahlung im Stadthaushalt als "Verpflichtungen aus dem Fladeschen Nachlass“.

Die Geschichte beginnt im Jahr 1589: Am 18. September wird Dietrich Flade auf dem Hinrichtungsplatz im heutigen Trierer Stadtteil Euren stranguliert und anschließend verbrannt. Der Vorwurf: Flade sei ein "Hexenmeister" gewesen.

Flade war wohl selbst auch Täter

Der damals 55-jährige Flade war eine angesehene Persönlichkeit der Stadt und sehr wohlhabend. Gleich mehrere wichtige Ämter hatte er inne: Er war Doktor beider Rechte am Reichskammergericht, Rektor der Universität und kurfürstlicher Rat. Als Stadtschultheiß trieb er außerdem die Abgaben der Bürger ein. Vermutlich machte er sich dadurch nicht nur Freunde.

In seiner Funktion als Richter hatte Flade wohl selbst Hexenprozesse geleitet und soll dabei zahlreiche Todesurteile gefällt haben. Solche Urteile beruhten meist auf Geständnissen, die die Beschuldigten unter Folter abgaben.

Stadt hatte sich bei Flade 4.000 Goldgulden geliehen

Flade wird eines Tages selber als Hexer verleumdet: Weihbischof Peter Binsfeld sorgt dafür, dass er verhaftet wird. Auch Flade hält der Folter nicht stand und gesteht, was die Anklage hören will. Das Vermögen des Angeklagten wandert anschließend in die Hände des Erzbischofs Johann VII. von Schönenberg (1525-1599), der zugleich als Kurfürst fungierte.

Damit sicherte sich der Kirchenmann auch einen Schuldschein über 4.000 Goldgulden, die Flade der Stadt Trier geliehen hatte. Sie wollte mit dem Geld einen Prozess für die Unabhängigkeit vom Kurfürsten führen. Doch die Stadt verlor und Johann VII. verpflichtete Trier, Zinsen für das geliehene Geld an die fünf Innenstadtpfarreien zu bezahlen. Es sollte "zur Aufbesserung des Pfarrersgehalts" dienen.


Nota. - Die Mythen um den Hexenwahn stammen aus der Zeit dedr Aufklärung. Sie waren ein Mittel politischer Propaganda. Drei Fehldarstellungen prägen bis heute das öffentlicher Brewusstsein.

Erstens war die Hexenverfolgung keine mittelalterliche Erscheinung. Zum epidemischen Massenphänomen wurde ise erst in der frühen Neuzeit.

Zweitens hat die Hexenverfolgung nichts mit der Inquisition zu tun. Die katholische wie die evangelische Kirsche waren stattdessen Gegner des heidnischen Volksglaubens. Hexenprozesse fanden vor weltlichen Gerichten statt, nicht vor geistlichen. Richtig ist allerdings, dass viele Kleriker entgegen der öffentlichen Stellung der Amtskirchen sich an der Hetze beteiligten - z. B. wie am Besipiel Flade aus pekuniärem Interesse.

Die hartnäckigste Entstellung ist aber, dass es sich um eiine frauenfeindliche Bewegung mit sexuellen Untertönen handelte. Wie am Beispiel Flade ersichtlich, konnten ebensogut Männer der Hexerei bezichtigt werden - es reichte aus, dass irgendwer ein Motiv dafür hatte. Tatsächlich waren wohl in Deutschland nur ein Drittel der Opfer Männer, die große Mehrheit waren Frauen. Aber auch Kinder und sogar Tiere. In Russland dagegen waren wohl vier von fünf Verbrannten Männer und nur ein Fünftel Frauen.
JE

Mittwoch, 3. April 2019

Öffentlich erregt.



aus derStandard.at, 2. April 2019

Frauenvolksbegehren mit Gegenveranstaltung zu Žižek-Talk
Eine Veranstaltung der Parteiakademie der Liste Jetzt wird wegen eines "antifeministischen Podiums" kritisiert. Das Frauenvolksbegehren organisiert eine Gegenveranstaltung 

von Beate Hausbichler

Die Parteiakademie der Liste Jetzt lädt regelmäßig unter dem Titel "Talk Europe" zum Gespräch. In der Ausgabe vom 3. April soll es um die "gefährlichen Unsicherheiten der Gegenwart und mögliche Lösungsszenarien" gehen. Kritisch soll es werden, steht auf der Seite der Veranstaltungsreihe, und "durchaus polarisierend". Auf dem Podium wird der Philosophiestar Slavoj Žižek gemeinsam mit Robert Pfaller, ebenfalls Philosoph (Kunstuniversität Linz), und dem Politiker Peter Pilz (Liste Jetzt) sitzen. "Unsere Situation ist brandgefährlich. Es gibt Unsicherheiten und Elemente des Chaos in den Bereichen Umwelt, internationale Beziehungen bzw. Politik, in Biotechnologie, in sexuellen Beziehungen – einfach überall", wird Žižek in der Veranstaltungsankündigung zitiert.

Žižek, Pfaller, Pilz

Dass gerade diese drei Personen diese Umwälzungen diskutieren sollen, hat unter vielen Feministinnen für Irritation und Kritik gesorgt. Žižek äußerte sich erst vor kurzem sorgenvoll über die feministischen Auseinandersetzungen mit dem weiblichen Körper, die derzeit gehäuft publiziert werden – eine Auseinandersetzung, die letztlich die Erotik zerstöre. Die Rückeroberung des weiblichen Körpers sei "unsexy", schrieb Žižek kürzlich in einem Text für die "NZZ", die er darin auch abwertend als "Muschi-Erkundungs-Workshops" bezeichnet.

Er fragt sich außerdem, ob die Beschäftigung mit der Vulva und der Menstruation, wie sie zum Beispiel die Comiczeichnerin Liv Strömquist in "Fruit of Knowledge" vorgelegt hat, wirklich ein Fortschritt sei. "Wenn ja, dann sollten wir diesen Gedanken konsequent zu Ende führen und auch Exkremente entmystifizieren und entfetischisieren." Und Žižek schreibt weiter über die "Entzauberung des Erotischen": "Die männliche Fetischisierung der Vagina als das ultimativ mysteriöse Objekt der (männlichen) Begierde muss überwunden werden. Anstelle dessen soll die Vulva für Frauen zurückerobert werden, in all jener Komplexität, die frei ist von sexistischen Mythen."

Skeptisch gibt sich auch Robert Pfaller gegenüber feministischen Bewegungen, der mit MitstreiterInnen seines Vereins "Adults for Adults" an der #MeToo-Kampagne immer wieder die Verbreitung sexualfeindlicher Stimmung und Selbstviktimisierung kritisierte. Pilz hatte im im Jahr 2017 und 2018 mit Vorwürfen wegen sexueller Belästigung zu kämpfen: Eine Mitarbeiterin des Europäischen Volkspartei warf ihm sexuelle Belästigung am Rande des Forums Alpbach 2013 vor, auch wegen angeblicher Vorfälle zum Nachteil einer Mitarbeiterin des grünen Parlamentsklubs wurde ermittelt – das Verfahren zu diesen beiden Fällen wurde im Mai 2018 eingestellt.

Susemichel, Maurer, Spanbauer

"Die rechtspopulistischen Umwälzungen in Europa leisten einer frauenfeindlichen und antifeministischen Politik Vorschub", heißt vonseiten des Frauenvolksbegehrens, das in wenigen Tagen eine Gegenveranstaltung organisiert hat. Gerade wegen dieser Tendenzen sei es unverständlich, dass hier drei Männer, die antifeministische Positionen vertreten würden, "unter sich" die Lage Europas diskutieren. Die am selben Abend stattfindende Gegenveranstaltung findet in unmittelbarer Nähe zum Veranstaltungsort von "Talk Europe" statt. In Anlehnung daran heißt die Gegenveranstaltung "Talk Patriarchy".

Ebenso wie beim Original fokussiert "Talk Patriarchy" ganz auf die drei Personen auf dem Podium, auf dem die grüne Ex-Nationalratsabgeordnete Sigi Maurer, Lea Susemichel, leitende Redakteurin des feministischen Monatsmagazins "Anschläge", und Vanessa Spanbauer, Chefredakteurin des Magazins "Fresh. Black Austrian Lifestyle", Platz nehmen. Zudem wird es eine Lesung von Stefanie Sargnagel und einen Auftritt der Musikerin Denice Bourbon geben.

"Es ist nicht bloß die übliche Ignoranz, dass ein Panel ausschließlich mit weißen Männern besetzt wird", sagt Susemichel. "Das ist eine Provokation. Žižek sieht es tatsächlich als Entzauberung und Verlust der Erotik an, wenn sich Frauen selbst mit ihrem Körper befassen", kritisiert sie. Mit der Ausleuchtung aller möglichen Körperöffnungen von Frauen in der Mainstream-Pornografie habe man überhaupt kein Problem, "das ist der männlichen Lust offenbar in keiner Form abträglich, aber wenn Frauen es wagen, Bücher über ihre Vulva zu schreiben, dann ist die erotische Kultur in Gefahr". In einer solchen Zusammensetzung mit "ausgewiesenen Antifeministen" könne es schwerlich um "neue Ordnungen" gehen, so Susemichel. Vielmehr gehe es "um einen männlichen Abwehrkampf, um alte Ordnungen unangetastet zu lassen".

Von Maria Stern "enttäuscht"

Till Hafner, Geschäftsführer der Parteiakademie der Liste Jetzt, bedauert, dass die Zusammensetzung des Podiums als Angriff auf den Feminismus aufgefasst wird. Das sei keinesfalls die Intention gewesen. "Wir wollten keinesfalls feministische Bewegungen infrage stellen", sagt Hafner, der die Gegenveranstaltung und "vor allem eine inhaltliche Debatte begrüßenswert" findet.

Christian Berger und Lena Jäger vom Frauenvolksbegehren zeigen sich von Maria Stern, Parteichefin der Liste Jetzt, enttäuscht. Stern war bis zur Bekanntgabe ihrer Kandidatur bei der Nationalratswahl im Jahr 2017 Sprecherin des Frauenvolksbegehrens. "Dass es hier offenbar keinen Einspruch von ihr gegeben hat, verstehen wir nicht", heißt es vom Frauenvolksbegehren.

Gerade in Zeiten von Echokammern sei es wichtig, einen offenen Diskurs zu wagen, sagt Stern auf Nachfrage des STANDARD. Grundsätzlich liege aber die Einladungspolitik nicht in ihrem Aufgabenbereich, sondern sei allein Sache der Akademie. "Würde die Akademie aber nur Leute einladen, mit denen wir immer zu 100 Prozent einer Meinung sind, wären die Diskurse dementsprechend langweilig", so Stern, die über Žižeks "NZZ"-Artikel sagt: "Der ist vollkommener Käse." 

Infos


Talk Patriarchy – Vanessa Spanbauer, Lea Susemichel, Sigi Maurer. Mittwoch, 3. April, 19 Uhr, FH Campus Vienna Biocenter, Helmut-Qualtinger-Gasse 2, 1030 Wien. Auf der Facebookseite des Frauenvolksbegehrens wird es auch einen Livestream geben.
Talk Europe – Slavoj Žižek, Robert Pfaller, Peter Pilz. Mittwoch, 3. April, 19 Uhr, Marxpalast, Maria-Jacobi-Gasse 2, 1030 Wien

Weiterlesen
Bernadette Grubner: Sexualität – der blinde Fleck des Feminismus


Nota. - Wolln wir wetten? Auf dem Männerpodium werden sie sich garantiert über FRAUEN lustig machen! Da hört sich ja wohl alles auf. Den Žižek sollte man in sein Herkunftsland ausschaffen.
JE