Montag, 15. Mai 2017

Fünf Jahre danach.

institution logoAbschlussforderungen der Fachtagung "Jungenbeschneidung in Deutschland"

Dr. Victoria Meinschäfer
Stabsstelle Kommunikation
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

09.05.2017 11:11

Anlässlich des fünften Jahrestags der Verkündung des sogenannten „Kölner Beschneidungsurteils“ fand am 8. Mai an der Heinrich-Heine-Universität die Tagung „Jungenbeschneidung in Deutschland. Eine Bestandsaufnahme“ statt. Elf Referenten berichteten aus medizinischer, juristischer, soziologischer und psychologischer Sicht über den aktuellem Wissens- und Forschungsstand zur Zirkumzision. Die rund achtzig Teilnehmer und die Veranstalter verfassten zum Abschluss folgende Resolution:

Ärztlicher Bereich

Ärzte sollten nicht ohne Indikation und immer unabhängig von Herkunft, Religion und sexueller Orientierung behandeln und aus diesem Grund auch keine medizinisch nicht indizierten Beschneidungen durchführen, schon gar nicht an einwilligungsunfähigen Patienten. Erforderlich sind mehr Sensibilität und mehr Kenntnisse über die psychischen Folgen der Beschneidung von männlichen Kindern, damit wir sie besser diagnostizieren können. Hierzu bedarf es umfassender Forschung.

Die Einrichtung von Therapie- und Beratungsangeboten für direkt und indirekt Betroffene ist zu fördern.

Notwendig sind Aufklärungsinitiativen über anatomische und medizinische Fakten, Risiken und Spätfolgen durch Gesundheitsinstitutionen wie die BZgA, sexualwissenschaftliche Institute und ärztliche Fachverbände.

Nötig ist die Finanzierung einer fundierten, flächendeckenden Fachberatung bei Elternwunsch auf Beschneidung ihres Sohnes, die das Wohl des Kindes, dessen sexuelle Selbstbestimmung und dessen spätere psycho-sexuelle Entwicklung im Zentrum der Betrachtung haben.

Vor jeder Beschneidung muss gemäß der geltenden Rechtslage eine umfassende und dokumentierte Aufklärung über alle möglichen Risiken sowie eine objektive Befunddokumentation erfolgen.

Zu fördern ist eine evidenzbasierte Forschung zu den akuten wie langfristigen physischen und psychischen Folgen der Vorhautentfernung, auch im Hinblick auf die Tradierung herkömmlicher Männlichkeit.

Juristischer Bereich:

Der folgende Vorstoß des Familienministeriums, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen, verdient Zustimmung: 

„Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und fördert die Rechte und das Wohl des Kindes und trägt Sorge für kindgerechte Lebensbedingungen. Bei allem staatlichen Handeln das Kinder betrifft, ist das Wohl des Kindes maßgeblich zu berücksichtigen. Jedes Kind hat vor einer staatlichen Entscheidung, die seine Rechte betrifft, bei der zuständigen Stelle einen Anspruch auf Gehör und auf Berücksichtigung seiner Meinung entsprechend seinem Alter und seiner Reife.

Soll diese Grundgesetzänderung nicht symbolisch bleiben, sondern Wirksamkeit entfalten, muss die umfassende Erlaubnis von Vorhautamputationen im Elternrecht aufgehoben werden.

Politik und Gesetzgebung müssen sich einschränkungslos hinter den Satz stellen: Die genitale Unversehrtheit ist ein Menschenrecht aller Kinder. Die Klagemöglichkeit der Betroffenen – auch gegen die eigenen Eltern sowie gegen die Beschneider– muss sofort wieder hergestellt werden. Es kann nicht sein, dass Betroffene selbst bei schwersten Folgen keine Entschädigung geltend machen können.

Schon derzeit muss folgende Regelung getroffen werden:

Das Kind soll, auch als Erwachsener –angelehnt an die Regeln des StORMG (Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs) –das Recht haben, die Einwilligung der Eltern zu widerrufen. Übt der Beschnittene dieses Recht aus, begründet dies eine Schadensersatzpflicht der Eltern oder der Beschneider bei Fahrlässigkeit.

Dies gilt auch, wenn keine vollumfängliche und am Kindeswohl orientierte Aufklärung dokumentiert ist. 



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