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Macht Östrogen unsozialer?
Weiblicher Zyklus beeinflusst die Kooperationsbereit
schaft von Frauen
Unsozialer durch Hormone? Wie kooperativ eine Frau ist, hängt auch von ihrem Zyklus ab, wie eine Studie nun nahelegt. Während und kurz nach der Menstruation sind Frauen demnach eher bereit mit anderen zu teilen als beim Eisprung. Ihre Kooperationsbereitschaft schwankt dabei offenbar mit dem Östrogenspiegel: Je höher der Spiegel dieses Geschlechtshormons, desto unsozialer handelten die Frauen im Experiment.
Der monatliche Zyklus beeinflusst mehr als nur die Fruchtbarkeit. Die schwankenden Hormonspiegel sorgen auch dafür, dass um die Zeit des Eisprungs die Lust der Frauen am Fremdgehen wächst und sie die Farbe Rot mehr bevorzugen als sonst. In den "Tagen vor den Tagen" leiden dagegen viele Frauen unter Reizbarkeit und sind näher am Wasser gebaut.
Würden Sie teilen?
Christine Anderl von der Goethe-Universität Frankfurt und ihre Kollegen haben nun einen weiteren Effekt des Zyklus auf das weibliche Verhalten aufgedeckt: Er beeinflusst auch die Bereitschaft, mit anderen zu teilen. Für ihre Studie untersuchten sie die Kooperationsbereitschaft von gut 300 Frauen zu verschiedenen Zeiten ihres Zyklus. Sie baten die Teilnehmerinnen dabei, in einem Online-Spiel fiktiv Geld zwischen sich selbst und einer anderen, ihnen völlig unbekannten Person aufzuteilen.
"Durch eine Vielzahl an Studien ist belegt, dass Menschen, die bei diesem Test eine hohe Bereitschaft zum Teilen zeigen, auch im echten Leben häufiger und mehr Geld für einen guten Zweck spenden, öfter mit der Bahn statt mit dem Auto zur Arbeit fahren und in Verhandlungen kompromissbereiter sind als Menschen mit einer weniger stark ausgeprägten prosozialen Wertorientierung", erklärt Anderl. Die Frage aber war: Verändert sich diese soziale Haltung im Laufe des weiblichen Zyklus?
Hilfsbereiter während der Menstruation
Die Auswertung ergab tatsächlich auffallende Unterschiede: Während der Menstruation und kurz danach waren die Frauen deutlich eher bereit, ihre eigenen Ressourcen mit einer fremden Person zu teilen. Frauen kurz nach dem Eisprung entschieden sich dagegen häufiger dafür, das Geld zu behalten. Dieses Ergebnis beobachteten die Forscher sowohl bei einem Experiment-Durchgang in Deutschland als auch in den USA.
"Eine Frau, die in der frühen Phase des Zyklus prosozial erscheint, hätte damit gute Chancen, bei einem erneuten Test zwei oder drei Wochen später als eher individualistisch eingestuft zu werden", verdeutlichen die Forscher. Sie haben bereits erste Hinweise darauf gesammelt, dass diese Effekte auch dann auftreten, wenn es nicht um ein bloßes Spiel, sondern um echtes Geld geht.
Östrogen als Hemmstoff?
Was aber löst diese Unterschiede in der Teilungsbereitschaft aus? Um das herauszufinden, verglichen Anders und ihre Kollegen den Verlauf der verschiedenen Zyklushormone mit dem Verhalten der Frauen. Typischerweise ist der Östrogenspiegel während der Menstruation sehr niedrig und steigt bis zum Eisprung stark an, um dann wieder abzusinken. Das Hormon Progesteron bleibt dagegen länger niedrig und steigt erst einige Tage nach dem Eisprung und bis kurz vor Beginn der nächsten Periode deutlich an.
Der Vergleich ergab: Je höher der zyklusabhängige Spiegel des Geschlechtshormons Östrogen lag, desto niedriger war die Teilungsbereitschaft der Frauen. "Das passt gut zu den Ergebnissen einer aktuellen Studie, bei der Frauen zu den Zeiten schlechter mit Mitmenschen auskamen, an denen sie einen hohen Spiegel von Östrogen im Morgenurin aufwiesen", erklären die Forscher. Aus weiteren Studien ist zudem bekannt, dass auch das männliche Geschlechtshormon Testosteron und das "Kuschelhormon" Oxytocin das soziale Verhalten und die Kooperationsbereitschaft beeinflussen.
Wie stark sich die zyklusbedingten Schwankungen im Alltag auf das Verhalten von Frauen auswirken und welche Lebensbereiche besonders betroffen sind, wollen die Forscher nun weiter untersuchen. Denn sollte sich dieser soziale Einfluss des Östrogens bestätigen, dann könnte dies auch für die hormonelle Verhütung durch die Pille eine Rolle spielen. Denn bisher weiß man noch wenig darüber, wie synthetische Hormone auf das Gehirn wirken und welchen Einfluss sie auf das Verhalten von Frauen haben. (Judgement and Decision Making, 2015; (PDF))
(Goethe-Universität Frankfurt am Main, 16.09.2015 - NPO)
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